Lebensmittelvergiftungen:Infiziert im Restaurant

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In der Gastronomie, hier ein Restaurant in Leipzig, fehlen Arbeitskräfte - auf der ganzen Welt. In den USA können es sich manche Beschäftigten aber schlicht nicht leisten, krank zu Hause zu bleiben. (Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Eine amerikanische Studie legt offen, dass viele Lebensmittelvergiftungen in Restaurants oder bei Caterings weitergegeben werden - weil Beschäftigte sich krank zum Job schleppen. Der Druck, unter allen Umständen zur Arbeit zu erscheinen, ist aber auch in Deutschland groß.

Von Kathrin Werner, München

Salmonellen machen keinen Spaß. Norovirus auch nicht. Der Körper rebelliert sogar gegen ein Schlückchen Wasser. Manchmal lohnt es sich gar nicht, sich zwischen den jeweiligen Sprints ins Badezimmer zurück ins Bett zu schleppen. Für manche Menschen werden Magen-Darm-Infekte sogar lebensgefährlich. Man will sie wirklich nicht bekommen. Und trotzdem lassen sie sich manchmal nicht verhindern.

Denkt man zumindest. Die US-amerikanische Behörde für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) hat eine umfassende Studie zu Lebensmittelvergiftungen und ihren Ursachen angefertigt. Jedes Jahr bekommt laut der CDC einer von sechs Amerikanern, rund 48 Millionen Menschen, so ein Virus oder Bakterium ab. 128 000 von ihnen müssen ins Krankenhaus. 3000 sterben daran. Es ist also ein ernsthaftes Problem. Laut der Untersuchung steckt sich die Mehrheit der Menschen in einem Restaurant, beim Catering oder einer anderen Essensausgabe an, also nicht zu Hause beim Selberkochen.

Und ein großer Teil der Lebensmittelvergiftungen wäre vermeidbar. Denn sie können darauf zurückgeführt werden, dass ein Restaurantmitarbeiter krank zur Arbeit erschien, mit dem Essen hantierte und so die Gäste ansteckte. "Umfassende Maßnahmen für kranke Arbeitnehmer werden wahrscheinlich notwendig sein, um dieses Problem für die Volksgesundheit einzudämmen", schreiben die Studienautoren.

In den USA ist das Problem besonders groß, weil die oft ohnehin sehr schlecht bezahlten Restaurantarbeiter sich schlicht nicht leisten können, zu Hause zu bleiben, wenn sie krank sind. Gesetzliche Regeln für Krankheitstage gibt es nicht überall. Weniger als die Hälfte der Restaurantmanager, mit denen die CDC für die Studie sprach, gaben an, dass es bei ihnen bezahlte Krankentage gibt. Außerdem gibt es in vielen Betrieben sozialen Druck, auch krank zum Dienst zu erscheinen. Sonst müsste ja ein Kollege oder eine Kollegin einspringen. Und die sind ohnehin knapp, besonders in der Gastronomie fehlen Arbeitskräfte.

In Deutschland ist das zwar anders. Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt, dass Mitarbeiter bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber haben - und zwar in voller Höhe. Danach gibt es meist Krankengeld von der Krankenkasse. Doch auch hierzulande gehen mehr als ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach eigenen Angaben häufiger oder sehr häufig krank zur Arbeit, wie eine Untersuchung der Techniker-Krankenkasse ergeben hat. Häufigster Grund: Es gab keine Vertretung. Oft greifen die kranken Arbeitnehmer sogar zu Medikamenten, um arbeiten zu können. Präsentismus nennt man das Phänomen, das auch Büromenschen und Führungskräfte trifft, oft aus Pflichtbewusstsein.

Wahrscheinlich sind die Präsentismus-Zahlen auch in Restaurants und bei anderen Essensverteilern hoch. Auch in der deutschen Gastronomie gibt es Menschen, die auf ihre Löhne dringend angewiesen sind und die von deutschen Arbeitsgesetzen nicht geschützt sind, unter anderen Schwarzarbeiter, die in der Analyse der TK nicht vorkommen. Dass sie sich zur Arbeit schleppen, wenn die schlimmste Phase beim Magen-Darm-Infekt überwunden ist, sie aber vielleicht noch ansteckend sind, ist sehr wahrscheinlich.

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