Wo Sprache ist, da ist immer auch Subtext. Vor allem dort, wo Sprache politisch wird. Im Framing-Check analysiert die SZ deshalb, wie sich mit Begriffen Politik machen lässt - und so bewusst manipuliert werden soll.
Framing-Check: "Rassenunruhen"
:Übersetzungsfehler mit zersetzender Wirkung
Wer die Proteste in den USA als "Rassenunruhen" bezeichnet, legitimiert ein menschenverachtendes Konzept - und verkennt die Einzigartigkeit dieses Widerstandes.
Framing-Check: "salonfähig"
:Als sei Politik ein elitärer Club
Man dürfe bestimmte Meinungen, Personen oder Parteien nicht "salonfähig" machen, heißt es immer wieder. Leider. Wer so spricht, vergisst, dass es für solche Entscheidungen eine Instanz gibt: die Verfassung.
Europawahl
:Europa wird sprachlich den Populisten geopfert
"Die EU" braucht dringend ein selbstbewussteres Vokabular, wenn sie sich gegen ihre Gegner behaupten will. Die beherrschen den rhetorischen Krieg nämlich exzellent.
Framing-Check: "Fahrverbot"
:Wer von Fahrverboten spricht, verhindert Umweltschutz
Der Begriff suggeriert ein generelles Verbot nicht nur von Diesel-Autos, sondern von Mobilität an sich. Das blendet vor allem die fatalen Folgen der Abgase aus.
ARD-Framing-Manual
:Wer will in einem Land leben, in dem Fox News den Diskurs prägt?
Die ARD wird dämonisiert, weil sie nicht auf die Sprachtricks von Populisten hereinfallen will. Kritiker sprechen von "Umerziehung" und "Neusprech". Das ist perfide.
"Framing-Manual" der ARD
:Kampf um den Deutungsrahmen
Die ARD will mit einem "Framing-Manual" über Sprache mehr Einfluss auf die Debatte etwa um den Rundfunkbeitrag bekommen. Wie problematisch ist das?
Unwort des Jahres
:Grundrechte, die zum Gewinnstreben erklärt werden
"Anti-Abschiebe-Industrie" ist das Unwort des Jahres. Wahrlich keine subtile Wahl, aber hasserfüllte, manipulative Sprache brüllt ja auch wieder, um das Denken zu verschieben.
Framing-Check: "Klimawandel"
:Dieser Begriff ist ein Sieg für alle, die nichts verändern wollen
Das Klima ändert sich weder langsam, noch unaufhaltsam oder als Folge natürlicher Prozesse. Aber der Begriff "Klimawandel" suggeriert, dass es so ist.
Framing-Check: "Illiberale Demokratie"
:Nicht "illiberal", sondern undemokratisch
Staaten wie Russland, Ungarn oder Polen werden oft als "illiberale Demokratie" bezeichnet. Ein problematischer Begriff, der zwei gegensätzliche Demokratiemodelle suggeriert.
Framing-Check: "Staatsversagen"
:Vokabular für Untertanen, nicht für Bürger
Wer von Staatsversagen redet, spricht dem Staat in letzter Konsequenz die Legitimität ab - und offenbart insgesamt ein fragwürdiges Politikverständnis.
Framing-Check: "Ankerzentren"
:Massenunterkunft statt Heimathafen
Der Begriff "Ankerzentrum" suggeriert Ruhe, Stabilität und Halt für Geflüchtete. Dabei ist das Ziel der Einrichtungen die schnelle und effektive Abwicklung von Asylverfahren.
Framing-Check: "Sprachpolizei"
:Wer von "Sprachpolizei" spricht, will die Debatte abwürgen
Mit seiner pauschalen Kritik am Verfassungsgerichtspräsidenten schürt Seehofer das Misstrauen in den Rechtsstaat. Und macht genau das, was er Voßkuhle vorwirft.
Framing-Check: "Flächenfraß"
:Wenn die Gier sich wie eine Krankheit in die Natur frisst
Der Begriff "Flächenfraß" weist auf reale Umweltzerstörung hin. Er setzt aber womöglich sinnvolle Baumaßnahmen auch mit Krebsgeschwüren gleich.
Framing-Check: "Asylwende"
:Eine Wende? Wo denn?
Mit dem Begriff "Asylwende" suggeriert Horst Seehofer, dass in der Migrationspolitik alles anders wird. Das führte selbst dann in die Irre, wenn sein Plan jemals Realität würde.
Framing-Check: "Asyltourismus"
:Als wäre Flucht eine Kreuzfahrt mit Piña colada
Die bayerische SPD droht Söders Staatsregierung mit einer Klage, wenn diese nicht definiert, was sie unter "Asyltourismus" versteht. Tatsächlich deutet der umstrittene Begriff Flucht vor Gewalt, Krieg und Folter zur Urlaubsreise um.
Framing-Check: "Masterplan Migration"
:Migration ist eine globale Herausforderung, keine lokale Stadtteilverschönerung
Wer wie Horst Seehofer von einem "Masterplan" spricht, suggeriert eine nationale Handlungsmacht, die es längst nicht mehr gibt. Das ist Augenwischerei und gefährlich für die Demokratie.
Framing-Check: "Transitzentren"
:Wer "Transitzentren" sagt, sagt auch "Asyltourismus"
Der Begriff "Transitzentren" ist ein Euphemismus, der seine wahre Bedeutung verschleiert - und Flüchtlinge in die Nähe von Pauschalurlaubern rückt.
Framing-Check: "Flüchtlingswelle"
:Wenn Menschen zur Naturkatastrophe werden
Wer von einer "Flüchtlingswelle" spricht, beschwört eine Ur-Kraft herauf, geeignet, ganze Städte wegzuspülen. Das hat wenig mit der Realität zu tun - und viel mit politischer Agenda.