Das Ende eines anstrengenden Arbeitstages. Jetzt nur noch nach Hause und direkt auf die Couch, vielleicht noch einen Film sehen und dann ab ins Bett. Doch zu Hause angekommen, fällt im Hausflur der Blick auf einen Zettel an der Wand. Dann die kleine Vorahnung: Vielleicht wird es diese Nacht doch nichts mit dem erholsamen Schlaf. "Liebe Nachbarn, wir feiern heute Abend eine Party, es könnte also etwas lauter werden." Weiter geht es dann oft so: "Meldet euch, wenn es zu laut wird, oder kommt einfach auf ein Bier vorbei." Der Klassiker. Einerseits ist es ja schön, wenn Menschen mal etwas zu feiern haben. Andererseits können sich die Anlässe in einem Wohnhaus mit mehreren Parteien schnell häufen.
Die Annahme, einmal im Jahr oder sogar einmal im Monat in der Wohnung eine Party schmeißen zu dürfen, auf der es auch mal lauter wird, hält sich hartnäckig, ist aber ein Mythos. "Es gibt kein grundsätzliches Recht auf Party in der Mietwohnung", erklärt Anja Franz vom Mieterverein München. Verbieten können es Vermieter allerdings nicht. Zur vertragsgerechten Nutzung gehört es, dass Mieter in ihrer Wohnung Musik hören, Gäste einladen und sie bewirten dürfen. "Dabei gilt aber immer das Rücksichtnahmegebot", so Franz. Man muss also auch immer Rücksicht auf die Nachbarn nehmen und sich an die Ruhezeiten, die in der Hausordnung festgelegt sind, halten. Generell gilt: zwischen 22 und sechs Uhr ist Nachtruhe - so schreiben es die Immissionsschutzgesetze der Bundesländer vor. "Ab 22 Uhr darf also nur noch in Zimmerlautstärke gefeiert werden", sagt Franz.
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Nur, was bedeutet eigentlich Zimmerlautstärke? Das hat der Gesetzgeber nicht klar definiert. Anja Franz stellt fest: "Der Begriff ist sehr schwammig." Ein Definitionsversuch: Die Geräusche sollten möglichst in den eigenen vier Wänden bleiben und die Nachbarn die Chance haben, normal schlafen zu können. "Zimmerlautstärke heißt aber nicht, dass drumherum gar nichts mehr zu hören ist", erklärt Franz. Normale Wohngeräusche seien erlaubt. Außerdem müsse man auch immer die baulichen Verhältnisse berücksichtigen, etwa, ob das Haus hellhörig ist. "Wer in einem Altbau wohnt, kann keine tipptoppe Schallisolierung verlangen." Aber um realistisch zu bleiben: Man muss auf einer Party nicht sehr viel tun, um den Rahmen der Zimmerlautstärke zu sprengen. Zur Realität gehört auch, dass auf so einer Feier viele Gäste erst zur späteren Stunde eintrudeln. Nachtruhe um 22 Uhr und Feiern, das geht also irgendwie nicht zusammen.
"Natürlich wird man mal seinen Geburtstag feiern, auf dem es ab 22 Uhr noch nicht still ist", sagt die Rechtsanwältin. Die Bässe sollten dann aber heruntergedreht und wilde Eskapaden vermieden werden. Wenn doch ein Nachbar vor der Tür steht, dann gilt es Rücksicht zu nehmen und die Lautstärke zu reduzieren. Zu empfehlen sei auch, die Party rechtzeitig anzukündigen, am besten schon einige Tage oder eine Woche im Voraus. Der Aushang im Treppenhaus ist eine Möglichkeit. Noch besser: die Nachbarn persönlich um Verständnis bitten. Juristisch abgesichert ist man mit einer Ankündigung per Zettel oder persönlichem Gespräch aber nicht, erklärt Franz. Schlägt man über die Stränge, kann die Polizei trotzdem vor der Tür stehen. In bestimmten Fällen kann auch ein Bußgeld verhängt werden.
Lärm ist auch deshalb ein komplexes Thema, weil das subjektive Empfinden und die Schallisolierung eine Rolle spielen
Und wie verhält man sich am besten als lärmgeplagter Mieter, der es sich mit den Nachbarn aber nicht verspielen will? "Hier geht es auch immer um das subjektive Empfinden, und das macht die ganze Sache natürlich kompliziert", sagt Anja Franz. Es komme auch auf die jeweilige Situation an: Feiert der Nachbar nur einmal im Jahr oder wiederholen sich diese Feste jedes Wochenende? Ratsam sei, erst das Gespräch mit dem Partyveranstalter zu suchen. Zudem ist dessen Vermieter in der Pflicht, ihn darauf hinzuweisen, dass die Wohnanlage keine Disco ist. Wenn ständig laute Partys im Mehrparteienhaus gefeiert werden, dann kann das eine Mietminderung rechtfertigen, befand der Bundesgerichtshof (BGH). Gelegentliches Feiern von Bewohnern sei indes als sozialadäquat hinzunehmen, argumentierten die Richter ( Az. VIII ZR 155/11).
Mietervereine empfehlen, ein Lärmprotokoll zu führen, um die Lärmbelästigung entsprechend nachweisen zu können. Nur im Extremfall muss ein Mieter, der ständig erheblichen Lärm im Haus verursacht und damit den Hausfrieden stört, mit der Kündigung rechnen. "Das ist aber wirklich die Ultima Ratio und passiert nicht, weil man zweimal laut gefeiert hat". Dazu gehört mehr: Ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek bestätigte eine Wohnungskündigung für einen Mieter, der regelmäßig laut feierte, für Polizeieinsätze und sogar vom Balkon fliegende Gegenstände verantwortlich war ( Az. 713 C 1270/18).
Feiern ja, aber in Maßen, lautet also der Tenor. "Man wohnt letztlich nebeneinander und muss miteinander klarkommen, und dabei spielt das Zwischenmenschliche die wichtigste Rolle", sagt Franz. Probleme rund um Lärm ließen sich viel besser im Gespräch und mit gegenseitiger Rücksichtnahme klären als vor Gericht.