Haben und Sein:Geteilte Freude

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Ganz auf Merinowolle setzen Goldwin und Icebreaker in diesem Winter. (Foto: Tom Powell/Hersteller)

Jean Paul Gaultiers Kleider kann man jetzt mieten, und die italienischen Design- und Moderiesen Poltrona Frau und Loro Piana machen gemeinsame Sache. Die Stil-News der Woche.

Von Anne Goebel, Julia Rothhaas und Silke Wichert

Herzlich willkommen in der kalten Jahreszeit! Halb so wild, schließlich gibt es von der Firma Goldwin aus Japan (bekannt für Hightech-Outdoor-Bekleidung in schlichtem Design) jetzt in Zusammenarbeit mit Icebreaker (nachhaltig hergestellte Merino-Kleidung aus Neuseeland) eine gemeinsame Kollektion, allerdings in limitierter Auflage. Jacke, Hose, Mantel, Schal - Hauptsache geschlechtsneutral in Farbe und Form, so das Ansinnen der beiden Unternehmen. Sämtliche Teile sind aus 100-prozentigen Merinofasern, die geruchshemmend und atmungsaktiv wirken, allerdings durchaus ihren Preis haben (zum Beispiel Longsleeve 279,95 Euro, erhältlich online oder im Goldwin-Flagshipstore in München, goldwin-sports.com).

Gebt uns die Kugeln: Schmuck vom deutschen Schuhlabel Aeyde. (Foto: Hersteller)

Die meisten Modemarken setzen auf das komplette Sortiment und wollen den Kunden gleich von Kopf bis Fuß einkleiden. Das in Berlin gegründete Label Aeyde beschränkt sich bislang lieber auf Kopf und Fuß: Nachdem die beiden ehemaligen Zalando-Mitarbeiter Luisa Dames und Constantin Langholz-Baikousis 2015 sehr erfolgreich mit Schuhen anfingen, die sie vor allem über ihre eigene Webseite und deshalb günstiger als im Handel anboten, fingen sie vor gut zwei Jahren mit einer winzigen Schmuckkollektion an. Weil die sich mittlerweile ebenfalls so gut verkauft, wird sie ständig erweitert. Gerade sind die neuen Modelle erschienen: Klassische und mal nicht so klassische Kreolen in unterschiedlichen Größen und Stärken, aber auch echte Hingucker wie das Modell Alice (im Bild): glänzende Kugeln zum Anstecken in Gold und Silber. Manchmal wird die Form der Ohrringe sogar von den Schuhen von Aeyde beeinflusst. Die Naht der Leandra-Boots findet sich als kleiner Knick in den Alaya-Kreolen wieder. Gefertigt werden die Schmuckstücke in Italien auf der Basis von upgecyceltem Messing mit 18-Karat-Gold oder Silber-Legierung (ab 135 Euro, aeyde.com).

Im Januar 2020 verabschiedet sich in Paris der französische Designer Jean Paul Gaultier nach seiner letzten Haute-Couture-Show. (Foto: Francois Mori/dpa)

Nachfrage schafft Angebot, und womit andere gutes Geld verdienen, kann man selbst ja eigentlich auch mal versuchen: Weil durch das hartnäckige 90er-Jahre-Revival die Kleidung von Jean Paul Gaultier wieder extrem gefragt wird, hat die Marke jetzt als erstes Luxushaus einen eigenen Rental-Service auf ihrer Webseite eingerichtet. 30 000 Sachen können ab sofort aus dem Archiv ausgeliehen werden, darunter so ikonische Teile wie der "Cone-Bra", den Madonna auf ihrer Blonde-Ambition-Tour trug. Die Preise starten bei 150 Euro für Tücher und 700 Euro für ein Abendkleid. Zusätzlich können neuerdings auch ausgesuchte Vintage-Teile direkt bei JPG gekauft werden. Der Designer selbst ist seit 2019 nur noch in der Couture involviert, und die neue Leitung der Maison Gaultier versucht offensichtlich mit vielen Mitteln, die Marke (und die Umsätze) wieder nach vorne zu bringen. Weitere Häuser dürften dem Beispiel folgen und ebenfalls selbst Vintage verleihen oder verkaufen. Gucci vertreibt über seine Seite "Vault" bereits kuratierte und aufgearbeitete Kleider und Accessoires, Valentino sammelt derzeit in Kooperation mit ausgesuchten Secondhand-Stores gut erhaltene Sammlerstücke und will im Januar ein großes "Vintage Manifesto" feiern.

Hier wird jeder zum Stubenhocker: Sessel von Poltrona Frau umhüllt von weicher Wolle von Loro Piana. (Foto: Hersteller)

Wenn sich zwei Firmen zusammentun, wird nicht alles immer unbedingt besser. Dass dies aber möglich ist, zeigen die beiden italienischen Marken Poltrona Frau und Loro Piana, die Gutes aus Design und Mode miteinander verbinden. Für die Kollektion "Poltrona Frau wears Loro Piana Interiors" gibt es zwei gemeinsame Kollektionen nach dem Motto: Besonders kuscheliger Stoff ummantelt gut aussehenden Sessel. Loro Piana fertigt bereits in der sechsten Generation hochwertige Pullis und Mäntel aus Kaschmir und feiner Wolle an; Poltrona Frau hingegen gehört zu den geschichtsträchtigsten italienischen Möbellabels. Herausgekommen sind mit Merinowolle oder Kaschmir überzogene Sessel und Fußschemel in verschiedenen Farben, dazu gibt es passende Kissen und Plaids (Kissen ab 400 Euro, poltronafrau.com).

1937 ließ sich Gabrielle Chanel in ihrer Suite im Hotel Ritz in Paris für eine Werbekampagne für den Chanel-Duft in "Harper's Bazaar" fotografieren. (Foto: Ministère de la Culture -Médiathèque de l'architecture et dupatrimoine, Dist. RMN-Grand Palais /François Kollar)

Distinktion ist in der demokratisierten Mode ein schwieriges Geschäft geworden. Doch bei Düften ist es einfacher, sich abzuheben, denn nach wie vor florieren Nischenlabels. Mal sind die unscheinbaren Flakons einer Manufaktur aus Brooklyn gefragt, mal ist es ein wiederentdeckter Traditionsbetrieb aus Paris. Ziemlich lange her jedenfalls, dass ein Parfum deshalb Schlagzeilen macht, weil es eben jeder kennt - so wie Chanel No 5. Der Duft, 1921 von Coco Chanel lanciert und bis heute ein Bestseller, ist so etwas wie die Quintessenz eines Luxusparfums: ein kleines kostbares Fläschchen für den sehr großen Auftritt. Zum 100.Geburtstag hat der Prestel-Verlag mit " Chanel N° 5" nun eine opulente Hommage in zwei Bänden herausgebracht. 426 Seiten, 350 Abbildungen, edler Schuber mit Goldfolie, das Werk der französischen Autorin Pauline Dreyfus macht schon durch die Aufmachung klar, dass hier die Geschichte eines Nationalheiligtums erzählt wird. Alle dreißig Sekunden soll angeblich ein Flakon mit der magischen Ziffer verkauft werden, und genauso legendär ist natürlich das Marilyn-Monroe-Zitat, sie trage nachts nichts als Nummer fünf am Körper. Danach schnellten die Verkäufe weiter in die Höhe, aber schon bei seiner Einführung wurde die Kreation des russischen Hofparfumeurs Ernest Beaux begeistert aufgenommen - als einer der ersten Düfte basiert er auf der Wirkung synthetischer Aldehyde, die die Aromen von Jasmin oder Rose in bis dahin unbekannter Weise verstärkten. Eine Intensität, die offenbar auch nach hundert Jahren nicht verflacht ("Chanel N° 5" von Pauline Dreyfus, 150 Euro, penguinrandomhouse.de).

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Haben und Sein
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