FC Bayern:"Mental müde, emotional müde, physisch müde"

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Hallo, alle wach? FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel sorgt sich wegen der Reisestrapazen seiner Nationalspieler. (Foto: Michael Weber/Imago)

Thomas Tuchel kritisiert erneut den Spieltermin gegen den 1. FC Köln am Freitag, einige Profis sind erst am Donnerstag von ihren Nationalteams zurückgekehrt. Der Bayern-Trainer nutzt die Gelegenheit aber auch für ein Lob.

Von Christof Kneer, München

Weil Thomas Tuchel es selbst angesprochen hat, ist es wahrscheinlich auch erlaubt, sich das bildlich vorzustellen: Wie Alphonso Davies am Freitagnachmittag in einem Kölner Tageshotel aus einem kurzen Mittagsschlaf erwacht und sich die klassischen W-Fragen stellt. Wo bin ich, wie spät ist es, warum bin ich hier? Thomas Tuchel würde an dieser Stelle vielleicht noch ein weiteres "W" anfügen: Und was soll das alles?

Der Trainer des FC Bayern hat die Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel beim 1. FC Köln dazu genutzt, um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Für nützlich hielt er die Erneuerung seiner Kritik am Spielplan der Deutschen Fußball Liga, der dem FC Bayern bereits zum zweiten Mal in dieser Saison ein Freitagabendspiel nach eine Länderspielreise komponiert hat - diesmal sogar auswärts. Von einer "sehr, sehr, sehr unglücklichen Ansetzung" sprach Tuchel, der Profis wie Alphonso Davies (Länderspiel in Kanada) und Min-jae Kim (in China) erst einen Tag vor der Partie wieder in Empfang nehmen durfte, nach über zehnstündigen Flügen und mit solidem Jetlag. Diesmal nutzte Tuchel allerdings die Gelegenheit, um seine inländische Missbilligung mit einem internationalen Appell zu verknüpfen.

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"Ich kann Ihnen sagen, dass das Feedback der Nationaltrainer ist, dass die Topspieler, die auf höchstem Niveau Champions League und Nationalmannschaft spielen, müde sind. Mental müde, emotional müde, physisch müde", sagte Tuchel. Der Matchkalender sei "an der absoluten Grenze, wenn nicht darüber hinaus, und es geht ja nicht nur darum, die Spielminuten zu sehen. Die Spieler verbringen so viele Stunden im Bus, im Hotel, im Flugzeug, dazu die Zeitverschiebung, das ist schon belastend". Und wenn etwas - Achtung, philosophische Schlussfolgerung! - nicht im Sinne des Spielers sei, dann sei es "auch nicht im Sinne des Spiels".

Haben sie im zuletzt so unruhigen Klub etwa beschlossen, eine Wagenburg zu bilden?

Was in dieser Aufzählung fehlte, war die berühmte Schnelllebigkeit des Fußballs, die der Trainer am Donnerstag in eigener Sache nutzte. Galt der FC Bayern kürzlich noch als tumultöser Verein mit gegangenen Vorständen, nicht gekommenen Abwehrspielern und einer insgesamt hohen Meinungsvielfalt, so konnte Tuchel ihn nun als Hort der Ruhe präsentieren: Man könne gestresst und/oder niedergeschlagen zurückgekehrten Nationalspielern (DFB!) "ein Umfeld bieten, wo man sich sicher und ruhig fühlt, wo man die Dinge auch mal abstreifen kann".

Tatsächlich mehren sich die Hinweise darauf, dass die jüngste Aussage von Uli Hoeneß im Kicker, wonach sich "zwischen Mannschaft und Trainer eine Einheit bildet", nicht nur taktischer, sondern wahrhaftiger Natur sein könnte. Am Donnerstag hat Tuchel erneut Leroy Sané und Joshua Kimmich als "absolute Schlüsselspieler" belobigt und Leon Goretzka ("sehr beeindruckend") seinen Respekt dafür ausgesprochen, "dass er mit seinem Handbruch auf die Zähne gebissen und sich in den Dienst der Mannschaft gestellt hat". Der Kader ist klein, der Spielrhythmus hoch - offenkundig haben die Bayern beschlossen, diese Herausforderungen zum Bau einer Wagenburg zu nutzen. Ob dieser Plan gelingt, könnte allerdings davon abhängen, ob die Nationalspieler beim Anpfiff in Köln wieder wach sind.

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