Sandro Wagner und die SpVgg Unterhaching:Baustelle ohne Bauarbeiter

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Abschied im Sommer: Trainer Sandro Wagner will "die Perspektive wechseln und einen Schritt in eine andere Richtung gehen." (Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

Stadionkauf gestoppt, Pachtvertrag gekündigt, Trainer Sandro Wagner geht: Der Regionalliga-Tabellenführer steht vor existentiellen Sorgen. Es stellt sich die Frage, ob der Sprung in den Profifußball gerade sinnvoll wäre.

Von Stefan Galler und Christoph Leischwitz

Es hätte alles so schön sein können: Die SpVgg Unterhaching kehrt im Sommer als souveräner Meister der Regionalliga Bayern und nach bestandenen Aufstiegsspielen gegen den Nordost-Meister in die dritte Liga zurück, geht mit Trainer Sandro Wagner in eine vielversprechende Zukunft, die mit einem rauschenden Fest zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 sozusagen ihren Anfang nimmt. Parallel erwirbt der Klub endlich das Sportgelände für vier Millionen Euro von der Gemeinde und generiert auch gleich die ersten Mieteinnahmen, weil er das ambitionierte American-Football-Team der Munich Ravens aufnimmt.

Soweit die Wunschvorstellung von Präsident Manfred Schwabl. Die Realität sieht völlig anders aus, der Verein steht vor existenziellen Sorgen. Die Gemeinde hat den lange geplanten Stadionverkauf gestoppt, mehr noch: Zum 30. Juni wird der Pachtvertrag mit den Fußballern bis auf Weiteres gekündigt. Eigentlich hätte Schwabl gerne eine große Baustelle gehabt, die SpVgg wollte auch mithilfe eines Bürogebäudes neben dem Stadion Mieteinnahmen generieren. Doch der Gemeinderat fühlte sich aufgrund der Geheimniskrämerei bei den Verhandlungen mit den finanziell gut aufgestellten Ravens düpiert.

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Die SpVgg thront nach dem 3:0-Erfolg vor einer Woche im Spitzenspiel gegen den Zweiten Würzburger Kickers auf Rang eins der Tabelle. Doch Trainer Wagner hat ausgerechnet nach diesem Sieg und bei sieben Punkten Vorsprung seinen Abschied zum Saisonende angekündigt. Er sei "als Trainer ein Lernender und längst nicht perfekt", ließ sich Wagner zitieren. "Genau aus diesem Grund möchte ich im Sommer die Perspektive wechseln und einen Schritt in eine andere Richtung gehen."

Wagner verlässt den Verein demnach nicht wegen des politischen Hickhacks. Dass er die Wahrscheinlichkeit als sehr gering ansieht, mit der SpVgg in den Profifußball aufzusteigen, könnte aber seine Entscheidung beeinflusst haben. Hoffnung für die Spieler, die ihm laut eigenen Aussagen ans Herz gewachsen sind, scheint er aber immer noch zu haben. Auf SZ-Nachfrage bringt der Ex-Profi einen anderen Ex-Profi ins Spiel. "Die Nachfolge ist natürlich nicht mein Thema. Aber wenn Haching nächstes Jahr dritte Liga spielen sollte, dann ist Biero sicherlich die beste Option", sagt Wagner über den 44-jährigen Daniel Bierofka. Der ehemalige 1860-Coach betreut zurzeit noch die U17 der Hachinger. "Er lebt den Fußball", findet Wagner, "auch meine Spieler sehen ihn als Wunschnachfolger."

Nicht U17-Coach Daniel Bierofka, sondern U19-Trainer Marc Unterberger soll auf den Cheftrainerposten rücken

Die Hachinger Klubführung strebt ihrer Philosophie entsprechend eine interne Lösung an. Aus dem Vereinsumfeld ist jedoch zu hören, dass nicht U17-Coach Bierofka, sondern U19-Trainer Marc Unterberger auf den Cheftrainerposten rücken soll - beide Jugendteams sind übrigens gerade aus den jeweiligen Bundesligen abgestiegen. Sollte Unterberger zum Trainer ernannt werden, wäre das allerdings auch ein klares Signal, dass Unterhaching erst einmal nicht mit der dritten Liga plant: Unterberger hat die dafür nötige Trainerlizenz bisher nicht erworben.

Eine Drittliga-Lizenz hat Schwabl zwar Anfang März fristgerecht beantragt, doch nach aktuellem Stand verfügt der Klub ja noch nicht einmal über eine Spielstätte für die neue Saison. Die Gemeinde will jedoch nicht als "Totengräber" dastehen und plant nun, mit dem Verein neu zu verhandeln - zugleich aber auch mit den Munich Ravens. Übrigens hatte es schon im Jahr 2020 einen Gemeinderatsbeschluss über den Verkauf an die SpVgg gegeben, durch Corona und andere Verzögerungen wurde dieser jedoch nie vollzogen.

Als im Winter bekannt wurde, dass die Kommune große finanzielle Probleme hat, versuchte das Hachinger Präsidium, den Deal zu beschleunigen, auch weil ein Einstieg der Ravens das Unterfangen besser finanzierbar gemacht hätte. Doch die Gemeindevertreter bekamen von dieser möglichen Vereinbarung Wind. Der Aufschrei war groß, man fürchtete Lärm und marodierende Football-Hooligans, obwohl es dieses Phänomen in dieser Sportart gar nicht gibt. Die Quintessenz war dann allerdings überraschend: Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) soll vor einer guten Woche in nichtöffentlicher Sitzung angekündigt haben, mit den Footballern über den Kauf des Sportparks zu verhandeln, was er mittlerweile bestreitet. So oder so sind die Fußballer nun bei der Aushandlung neuer Nutzungsrechte in einer schlechten Verhandlungsposition.

Für die Ravens startet die Saison übrigens schon Anfang Juni mit einem Heimspiel, das Training sollte eigentlich schon bald beginnen. Wie SpVgg-Vizepräsident Peter Wagstyl gegenüber der SZ schon Anfang Februar erklärte, sollten die Ravens eine "Gesamtheimat" bekommen, es war eine langfristige Kooperation geplant, demnach auch eine lukrative. Nun sagt General Manager Sebastian Stolz, man sei "vorsichtig optimistisch", dass eine Lösung "in Kürze" zustande komme.

Bei der SpVgg will man die neuen Entwicklungen erst einmal sacken lassen. Auf das Lizenzierungsverfahren für die dritte Liga soll der geplatzte Kauf keine finanziellen Auswirkungen haben, stellt Schwabl klar. Einnahmen aus der Vermietung wären in die Sportpark GmbH geflossen, nicht in die KGaA, die für den Spielbetrieb der ersten Mannschaft maßgeblich ist. Ein neuer Pachtvertrag muss jedoch zwingend her. Und der Deutsche Fußball-Bund ist nach der Insolvenz von Türkgücü München strenger geworden, was die Lizenzierung angeht. Ohnehin stellt sich die Frage, ob der Sprung in den Profifußball bei so viel Ungewissheit gerade sinnvoll wäre.

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