Motorsport:Der Hype um die Formel E verblasst

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Der erste seiner Art: Der Niederländer Nyck de Vries bejubelt seinen Titelgewinn in der Formel E am Sonntag in Berlin. (Foto: Germain Hazard/Imago)

Die Elektroserie wäre gerne zur neuen Königsklasse aufgestiegen, doch nach dem Aufschwung der Anfangsjahre muss sie sich nun die Zukunftsfrage stellen.

Kommentar von Anna Dreher

Ein Sieg zum Abschluss wäre natürlich ideal gewesen. Aber so ließ sich Nyck de Vries eben erst abseits des Podiums feiern, ehe er zur Siegerehrung dazustieß, seine Trophäe in die Höhe streckte und Champagner aus einer dieser übergroßen Flaschen verspritzte, als frisch gekürter Weltmeister der Formel E - der erste seiner Art. Dem 26-jährigen Niederländer reichte beim Saisonfinale in Berlin am Sonntag ein achter Platz, um neben dem Gewinn des Fahrertitels auch einen zweiten Triumph zu feiern: den Gewinn der Team-Wertung mit Mercedes. Weltmeister also, endlich auch vollelektrisch!

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Erst zu ihrer siebten Saison hatte der Motorsport-Weltverband Fia der Formel E das Privileg zugestanden, ihre Besten als Weltmeister auszurufen, womit die Serie aufgerückt ist zur Formel 1, der Rallye-WM, der Rallyecross-Sparte sowie der Langstreckenserie WEC. "Mir fehlen die Worte", sagte de Vries, die Freude bei Mercedes über diese Premiere in der Formel E war groß. Weltmeister klingt dann doch bedeutender als schlicht: Meister. Aber trotz dieser Aufwertung stellt sich nun wieder deutlich die Frage, die diverse Rennserien seit geraumer Zeit begleitet: Wie stehen die Chancen, dass die Ahnentafel schon recht bald nach de Vries' Erfolg endet?

Zu Beginn wollten viele Hersteller den Anschluss nicht verpassen. Mittlerweile mehren sich die Abschiede

Eigentlich wirkten die Zutaten der Formel E gerade in dieser Saison recht geschmackvoll, wenn einem nicht am Röhren eines Motors und großer Historie gelegen ist: Eine Technologie, die als Zukunft des Automobils gilt; ein ordentliches Feld mit zwölf Teams, gespickt mit prominenten und potenten Herstellern wie Jaguar, BMW, Porsche, Mercedes und Audi. Und sogar Spannung: Gleich mehrere der insgesamt 24 Fahrer hätten in Berlin noch aus eigener Kraft den Titel gewinnen können. Genau das also, was Veranstalter lieben, einen bis zum Schluss offenen Wettkampf.

Doch längst nicht mehr alle Teilnehmer sind davon noch voll überzeugt. Nach dem Hype zu Beginn, als kein Hersteller den Anschluss in der mutmaßlichen Zukunftssparte verpassen wollte, mehren sich die Abschiede. Audi steigt als Hersteller aus, weil ein Start bei der Rallye Dakar mit einem Hybrid-Prototypen attraktiver erscheint und das Budget nicht mehr so üppig in den Motorsport fließt. BMW verabschiedete sich mit Worten, die den Machern der Formel E kaum schmecken dürften: "Die Möglichkeiten des Technologietransfers bei der Entwicklung von E-Antrieben im Wettbewerbsumfeld der Formel E" seien "im Wesentlichen ausgeschöpft". Und nun macht auch noch Mercedes nach der kommenden Saison Schluss, wie der Autobauer nun mitteilte.

Die Formel E wäre gerne zur neuen Königsklasse aufgestiegen oder zumindest ebenbürtig gewesen. Doch das Interesse des Publikums schoss bislang nicht wie erhofft in die Höhe, obwohl die Macher ihre Rennen in die Metropolen trugen, um nahbarer und familienfreundlicher zu sein. Noch dazu bemüht sich auch die Formel 1 um nachhaltige Technologien. Ab 2025 sollen die Autos mit Verbrennungsmotoren starten, die bestenfalls rein synthetischen Sprit tanken. Die Formel E hat den Motorsport durchaus angeschoben. Die Frage ist nur, ob die Zukunft nicht doch wieder anderen gehört.

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