Bundesliga-Abstiegskampf:Überleben nach der Eichhörnchen-Methode

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Im Abstiegskampf gehört die entsprechende Spielweise dazu - hier fliegt Bochums Kevin Stöger (links) nach einer Grätsche von Heidenheims Lennard Maloney. (Foto: Harry Langer/dpa)

Wie geht Abstiegskampf? Heidenheim, Bochum und Darmstadt zeigen Köln, Berlin und Mainz, wie man sich im Tabellenkeller behauptet. Manchem macht das mühsame Punktesammeln sogar Spaß.

Von Maik Rosner

Der Abstiegskampf genießt keinen guten Ruf, weil mit ihm vor allem raubeinige Abwehrspieler, dreckige Trikots und Spielzüge assoziiert werden, die aus sogenannten langen und zweiten Bällen bestehen. Vieles davon wird dem Abstiegskampf völlig zu Recht nachgesagt, zuweilen sogar die Deformation von Bällen. Manchmal kann er aber auch schöne Momente, echte Freude und sogar ein paar gehaltvolle Einträge fürs Handbuch des Überlebens im Tabellenkeller hervorbringen. Allein der Sonntag erwies sich als sehr ergiebig in dieser Hinsicht, obwohl zwischen Heidenheim und Bochum (0:0) sowie zwischen Hoffenheim und Mainz (1:1) klassische Abstiegskampfresultate herauskamen. Vielleicht aber auch gerade deswegen.

Für gleich mehrere schöne Momente hatten die Mainzer gesorgt. Das lag nicht nur an ihrer attraktiven Spielweise, über die Marco Richter vergnügt befand, man habe "sehr, sehr gut gezockt. Hat richtig Spaß gemacht." Die zwischenzeitliche Führung durch sein erstes Tor für Mainz hatte auch deshalb nicht zum Sieg beigetragen, weil sein Kollege Aymen Barkok einen Foulelfmeter verschoss, nachdem Robert Skov für Hoffenheim ausgeglichen hatte.

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Durch Jonathan Burkardts Comeback nach mehr als einem Jahr Pause hatte das Spiel ebenfalls gezeigt, dass der Abstiegskampf Freude bereiten kann. Ein Knochenmarksödem im linken Knie hatte zwei Operationen erforderlich gemacht und den Angreifer auch emotional sehr herausgefordert. Zwischendurch habe er gezweifelt, ob er seine Karriere fortsetzen könne, berichtete Burkardt, nachdem er in der Schlussphase eingewechselt worden war und später in den Armen seiner Freundin Freudentränen über seine Rückkehr verdrückt hatte. "Wirklich ein wunderschöner Moment", sagte der 23-Jährige bei Dazn, "es war so ein langer Weg, und ich bin einfach nur glücklich, dass ich wieder dabei sein konnte."

Das kleine Nullmalnull: "Mir macht's Spaß", sagt VfL-Trainer Letsch, ein ehemaliger Mathematik-Lehrer

Das übergeordnete Ziel, in der kommenden Saison in der Bundesliga dabei zu sein, verfolgen auch die natürlichen Abstiegskandidaten Heidenheim, Bochum und Darmstadt. Sie haben wirtschaftlich zwar die schlechteren Voraussetzungen für die Versetzung. Dennoch zeigen die beiden Aufsteiger sowie die im Überlebenskampf geübten Bochumer der stärker eingeschätzten Konkurrenz aus Köln, Berlin und Mainz bisher, wie man sich im Tabellenkeller behauptet. Nach zwölf Spieltagen stehen Heidenheim, Bochum und Darmstadt vor Mainz, Union und Köln. Vor allem Heidenheim ist mit elf Punkten nach einem guten Drittel der Saison auf Kurs. Die grob hochgerechneten 33 Zähler hatten am Ende der vergangenen sechs Spielzeiten stets mindestens für die Relegation gereicht.

Heidenheim und Bochum hatten am Sonntag das kleine Einmaleins des Abstiegskampfs in Wort und Tat zur Anwendung gebracht, das als kleines Nullmalnull daherkam. Von Verdruss über das geringstmögliche Resultat war aber nichts zu vernehmen, obwohl das Spiel viele Klischees des Abstiegskampfs bestätigt hatte, lange und zweite Bälle inklusive. Doch die Heidenheimer und Bochumer wissen, was sie an diesem 0:0 haben. "Von einem Punkt kann man abbeißen", sagte Heidenheims Trainer Frank Schmidt. Sein Kapitän Patrick Mainka rechnete nach dem "frühen Abstiegskampf" vor, dass man nicht verlieren dürfe, wenn man schon nicht gewinnen könne: "So bleibt Bochum erst mal hinter uns."

Beim VfL kalkulieren sie ähnlich und verweisen auf ihre erfolgreiche Eichhörnchen-Methode, mit der sie in den vergangenen vier Spielen gegen Mainz, Darmstadt, Köln und Heidenheim sechs Punkte erwirtschaftet haben. Wie seine Mannschaft das Handbuch des Abstiegskampfs bisher befolgt, gefällt Trainer Thomas Letsch, einem ehemaligen Mathematik-Lehrer. "Abstiegskampf ist eine gute Sache. Für mich war es neu letztes Jahr, aber mir macht's Spaß", sagte er und wagte eine Prognose: "Letztes Jahr ging es so aus, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Dieses Jahr - auch."

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