FC Bayern gegen Arsenal:Die erweiterte Farbenlehre der Lea Schüller

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Abschlussstark und effizient: Lea Schüller war gegen Arsenal ganz entscheidend für den FC Bayern. (Foto: Sven Leifer/Imago)

Beim 1:0 im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Arsenal zeigt sich, wie wichtig die Nationalspielerin für den FC Bayern geworden ist. Die Stürmerin hat sich weiterentwickelt - wieder einmal.

Von Anna Dreher

Herbert Hainer war auch da, selbstverständlich. Wenn die Fußballerinnen des FC Bayern für ein Spiel vom Campus-Stadion in die große Arena nach Fröttmaning wechseln, ist das auch ein Statement im Sinne der Gleichberechtigung. Am Dienstag setzte der Verein ein solches zum dritten Mal, 20 000 Zuschauer kamen zum Viertelfinal-Hinspiel der Champions League, und der Präsident der Gastgeber stellte sich nach dem 1:0 gegen den FC Arsenal fröhlich vor die Journalisten: "Das war ein sehr schöner Abend für den Fußball unserer Frauen."

Eine Sache jedoch trübte seine Stimmung etwas: "Ich hoffe, dass sich alle schnell erholen und dass Lea Schüller und Georgia Stanway nicht schwerer verletzt sind", sagte Hainer. "Weil die beiden sind schon sehr, sehr wichtig. Georgia arbeitet unheimlich, und Lea ist vorne schon eine Granate."

Mit seinem Lob lag Hainer richtig, gleichzeitig vergaß er dabei einen Aspekt, der wenige Minuten zuvor entscheidend gewesen war für den 13. Pflichtspielsieg in Serie und für eine gute Ausgangslage vor dem Rückspiel am kommenden Mittwoch (21 Uhr, DAZN). Lea Schüller erfüllte gegen den FC Arsenal nicht nur ihre Jobbeschreibung als Stürmerin, sie wechselte zudem in die Rolle der Verteidigerin, im Grunde genommen war sie in brenzligen Momenten sogar eher die Schlussfrau - und alles in allem, Achtung Pathos, die Retterin des Abends.

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Die Münchnerinnen begannen furios, hielten dieses Tempo aber nicht durch und mussten dann noch ordentlich kämpfen, als die Gegnerinnen besser in die Partie fanden und nach der Pause mit hohem Pressing dominierten. "In der zweiten Halbzeit haben wir teilweise um das Gegentor gebettelt", analysierte Schüller. Einerseits machte sich bemerkbar, dass bei den Londonerinnen mit Europameisterin Beth Mead und Vivianne Miedema aufgrund von Kreuzbandrissen zwei ihrer besten Angreiferinnen fehlen. Andererseits war da eben Schüller, die in der 39. Minute das selbst eingeleitete, siegbringende Kopfballtor erzielte und zweimal auf sowie kurz vor der Linie Gegentreffer verhinderte. Ganz abgesehen von weiteren guten Aktionen.

Lea Schüller erinnert mit ihrem Auftritt an Nationalteam-Kollegin Alexandra Popp

Die stetige Entwicklung der 25-Jährigen ist seit Jahren zu beobachten, vor allem, seit sie nach ihrem Wechsel von der SGS Essen zur Saison 2020/21 zum FC Bayern anfängliche Umstellungsschwierigkeiten überwinden konnte. Die Partie gegen Arsenal lieferte diverse Beispiele für die nächste Stufe dieses Prozesses. Für ihre Schnelligkeit, Athletik und ihren effizienten Abschluss mit gutem Kopfballspiel ist die Angreiferin bekannt, inzwischen kommen eine bessere Übersicht und ein stärkeres Spiel gegen den Ball dazu.

"Seit ich im Sommer gekommen bin, ist Lea eine andere, sehr viel komplettere Spielerin geworden", sagte Trainer Alexander Straus bei der Pressekonferenz über seine Nummer neun. "Sie war schon immer eine Torjägerin, aber jetzt ist sie mehr involviert, sie hat ihrem Spiel mehr Farben hinzugefügt. Lea hat das Potenzial, eine der weltweit Besten auf ihrer Position zu werden."

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Für den FC Bayern hat Schüller in 90 Einsätzen 61 Tore erzielt, vergangene Saison war sie die beste Bundesliga-Torschützin, für das deutsche Nationalteam waren es in bislang 45 Länderspielen 30 Treffer. Als Kapitänin Alexandra Popp sich im Vorlauf der Europameisterschaft in England am Knie verletzte, glich Schüller den Ausfall in der Offensive aus. Damals lobte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg unter anderem ihre "Boxqualität", also die Präsenz im Strafraum, die Schüller nicht zuletzt mit vier Toren innerhalb 28 Minuten beim WM-Qualifikationsspiel gegen Serbien unterstrich.

Bei ihrem Auftritt am Dienstag dürfte sich Voss-Tecklenburg durchaus an Popp erinnert gefühlt haben: Für die Kunst, als Angreiferin in der Abwehr zu glänzen, ist ja vor allem die willens- und durchsetzungsstarke Wolfsburgerin berüchtigt. Auch für die DFB-Frauen wird Schüller mit Blick auf die WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) umso wertvoller, wenn sie die Palette ihres Könnens nachhaltig erweitert. Denn in der Vergangenheit fiel Schüller bisweilen mit Unsicherheiten und inkonstanten Leistungen auf.

Am Samstag (17.55 Uhr, ARD) treffen die beiden grundsätzlich unterschiedlich veranlagten Nationalstürmerinnen im Spitzenspiel der Bundesliga aufeinander, sofern Lea Schüller fit ist. Nach einem Foul musste sie in der 79. Minute ausgewechselt werden und trug anschließend einen Verband zur Schau. "Mein Fuß tut weh", sagte sie. Alexander Straus immerhin machte sich keine Sorgen: "Sie hat gelächelt nach dem Spiel, es kann also nicht so schlimm sein."

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