DFB-Kapitän Lahm im SZ-Interview:"Wenn ein Führungsspieler etwas sagt, sollte jeder mit den Ohren schlackern"

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Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden meldet sich Philipp Lahm im SZ-Interview zu Wort. Er erklärt, dass die Hierarchie in der deutschen Nationalmannschaft gar nicht so flach ist, welches Ziel Bastian Schweinsteiger mit seiner Kritik am Teamgeist verfolgt, und warum das EM-Halbfinale gegen Italien verloren ging.

Philipp Lahm fordert mehr Cleverness von seinen Mitspielern. (Foto: dpa)

Philipp Lahm war wegen einer Gelbsperre zum Zuschauen gezwungen. Doch was er sah, gefiel dem Kapitän der deutschen Nationalmannschaft: 6:1 besiegten seine Kollegen Irland im WM-Qualifikationsspiel. "Wichtig war, dass die Mannschaft sich an die Basis erinnert hat", sagt Lahm im Interview mit der Süddeutschen Zeitung und erklärt: "Wir haben uns zuletzt ja auf etwas andere Dinge konzentriert, gegen Österreich wollten wir viel früher angreifen, aber wenn man ehrlich ist, hat das überhaupt nicht funktioniert."

Diese Rückbesinnung will der Verteidiger mit seiner Mannschaft auch gegen Schweden beibehalten. "Deshalb müssen wir jetzt mal wieder zum Ursprung zurück: kontrolliert spielen, das Zentrum schließen. In die Köpfe muss wieder rein, was wir als Allererstes wollen: kompakt sein, geordnet stehen. Darum geht's! Wir müssen nicht sofort zaubern, das kommt dann von allein - siehe Irland." Auch die Spanier, die zweifelsfrei seit Jahren die beste Nationalmannschaft der Welt stellen, "vergessen die Grundtugenden nie", so Lahm.

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Deutschlands Stärke sei noch immer "das robuste Spiel", und dieses habe man vernachlässigt bei der 1:2-Niederlage gegen Italien im EM-Halbfinale. "Wir sind gegen eine Mannschaft ausgeschieden, die nicht besser war als wir - aber eben cleverer." Diese fehlende Cleverness aber will Lahm in der Qualifikation aufbauen. Dann sieht er gute Chancen für den Titel. "Wenn wir bei der WM 2014 in Brasilien clever und taktisch gut spielen, haben wir gegen jeden Gegner der Welt eine Chance."

"Jeder Spieler muss auf seine Wortwahl achten"

Für die Kritik des Mannschaftskollegen Mats Hummels, der nach dem Länderspiel in Österreich vor laufenden Fernsehkameras einen Stellungsfehler von Lahm angeprangert hatte, zeigt der Kapitän wenig Verständnis. Hummels habe "eine Szene erklärt, das ist legitim. Ob man dabei Namen nennen muss, ist aber eine andere Frage." Generell fordere er einen bedachteren Umgang mit den Medien: "Jeder Spieler muss auf seine Wortwahl achten." Und jeder Spieler müsse sich darüber bewusst sein, welche Bedeutung seine Worte in der Öffentlichkeit haben könnten.

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Die Führungsspieler der Mannschaft, Bastian Schweinsteiger etwa, der nach der EM kritisiert hatte, dass nicht alle Ersatzspieler bei den Toren mitgejubelt hätten, seien von dieser Regelung jedoch ausgenommen, sagt Lahm. "Wenn ein erfahrener Profi, der Vize-Kapitän und Führungsspieler ist, so etwas sagt, dann sollte jeder Spieler mit den Ohren schlackern und sich fragen: Hoppla, was meint er da? Hat er vielleicht recht?"

Die viel beschworenen flachen Hierarchien in der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw seien so gesehen nicht überzubewerten. Flache Hierarchie heiße, dass Spieler sich untereinander auf Augenhöhe begegnen und normal miteinander umgingen, sagt Lahm. "Aber das ist die interne Geschichte." In der Öffentlichkeit sei das etwas anderes.

Wie das in der Praxis dann auch zwischen den oft zitierten Problemfraktionen aus München und Dortmund abläuft, macht Lahm am Beispiel Marcel Schmelzer fest: Klar habe er ihm nach seinen umstrittenen Leistungen Mut zugesprochen und Glück gewünscht. "Es gibt wirklich kein Problem zwischen den sogenannten Fraktionen. Bayern- und Dortmund-Spieler sitzen hier sogar gemeinsam am Kartentisch."

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Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich zufrieden mit der Leistung der deutschen Nationalelf, Kollege Giovanni Trapattoni erlebt einen eher schlechten Abend. Marcel Schmelzer und Miroslav Klose wollen sich lieber nicht zur Kritik äußern.

zum Länderspiel.

Das vollständige Interview mit Philipp Lahm finden Sie in der heutigen Print-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung.

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