Abstiegskampf in der Bundesliga:Entsetzen in Berlin

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Nach dem 1:2 gegen den Tabellenletzten und ersten Absteiger 1. FC Kaiserslautern herrscht bei Hertha BSC Berlin Ratlosigkeit. Der 1. FC Köln indessen zeigt unter dem neuen Trainer Schaefer Leidenschaft und erkämpft einen Punkt. Weiter oben in der Tabelle freuen sich der VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen über die Teilnahme an der Europa League.

Nach dem Schlusspfiff sanken die Sieger enttäuscht auf den Rasen des Berliner Olympiastadions. Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern hatten gezeigt, dass sie in der Bundesliga noch gewinnen können - doch trotz des 2:1 (2:0)-Sieges bei Hertha BSC sind sie nun endgültig abgestiegen, weil Köln zeitgleich gegen Stuttgart einen Punkt holte. Oliver Kirch (27.) und Andrew Wooten (38.) erzielten die Tore zum nutzlosen Erfolg der Gäste, dem ersten seit dem 22. Oktober 2011. Für die Gastgeber, deren Lage immer bedrohlicher wird, verkürzte Peter Niemeyer (60.), der später mit Gelb-Rot vom Platz musste (77.).

"Die Spieler wollen immer, manchmal klappt es nicht, denn der Gegner ist auch noch da." Otto Rehhagel nach der Pleite gegen Kaiserslautern. (Foto: dapd)

Das Team von Otto Rehhagel sank nach dem Spiel auch auf den Boden, der Vrein befindet sich mit 28 Punkten weiter auf dem vorletzten Tabellenplatz und hat nun zwei Punkte Rückstand auf den Tabellen-16. Köln. FCK-Trainer Krassimir Balakow sagte: "Wir spielen nächstes Jahr Zweite Liga, das ist traurig. Aber andererseits war es verdammt wichtig, dass wir einen Sieg geholt haben, um unsere Fans zufriedenzustellen."

Herthas Manager Michael Preetz hatte nach dem Spiel keine Erklärung, "warum wir nicht das Herz auf den Platz geschmissen haben. Mit dieser Leistung haben wir keine Chance auf den Klassenerhalt." Sein Trainer Otto Rehhagel wollte keine Vorwürfe äußern: "Die Spieler wollen immer, manchmal klappt es nicht, denn der Gegner ist auch noch da." Von Aufgeben könne keine Rede sein. "Ich hoffe auf eine Verbesserung der Personalsituation. Die erfahrenen Leute fehlen uns sehr."

1. FC Köln ist zufrieden

Angesichts der Berliner Probleme wurde 480 Kilometer weiter in Köln zwischendurch schon heftig gefeiert. Und weil der eigene 1. FC gegen Stuttgart sogar in Führung gegangen war - am Ende aber mit dem 1:1 und einem Punkt zufrieden sein musste.

"Leider haben wir es versäumt, das 2:0 zu machen, da waren wir im Abschluss zu ungenau. Ich denke, wir waren heute klar die bessere Mannschaft", sagte Kölns Lukas Podolski. In der 70. Minute hatte der deutsche Nationalspieler Cacau nach seiner Einwechslung die Kölner Führung durch den Polen Slawomir Peszko (50.) vor 50.000 Zuschauern ausgeglichen.

Doch nach der Niederlage der Hertha wurde der Punkt wie ein halber Sieg gesehen. "Dies ist ein Tag, aus dem wir sehr viel Positives rausnehmen", erklärte FC-Trainer Frank Schaefer, "wir haben eine starke Mannschaftsleitung geboten, die uns Mut gibt. Wir müssen jetzt nur auf uns gucken."

In Nürnberg freuen sich zwei Vereine

In Nürnberg freuten sich zwei Mannschaften ebenfalls über je einen Punkt im Abstiegskampf. Dank Daniel Didavi kann der 1. FC Nürnberg offiziell den Klassenerhalt feiern. Der Mittelfeldspieler erzielte in der 64. Minute den Treffer zum 1:1 (0:0)-Endstand gegen den Hamburger SV. Zuvor hatte Heung Min Son für den HSV getroffen (59.). Mit 39 Punkten kann Nürnberg jetzt nicht mehr von den letzten drei Teams der Tabelle eingeholt werden.

Zudem mussten die Hamburger den Punktgewinn wohl teuer bezahlen. In den Schlussminuten musste der HSV mit zehn Mann auskommen, da Gojko Kacar mit Knöchelbruch und Innenband-Anriss nicht weiterspielen konnte und Trainer Thorsten Fink zuvor schon drei Mal ausgewechselt hatte. Zuvor hatte Fink bereits Torwart Jaroslav Drobny nach einem Zusammenstoß mit Tomas Pekhart auswechseln müssen (23.). Drobny verließ den Platz stark humpelnd und wurde mit Verdacht auf schwere Beckenprellung in ein Krankenhaus gebracht.

Der Hamburger SV hat nun fünf Punkte Vorsprung vor dem Relegationsspiel. "Natürlich ist man nicht zufrieden, wenn man alles klar machen kann und dann noch den Ausgleich bekommt. Aber wir haben einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf gemacht, das war das Ziel, jetzt können wir nächste Woche im Heimspiel alles klar machen", sagte Fink.

Am Sonntag kann sich der FC Augsburg mit einem Heimsieg endgültig vor dem Abstieg retten bei dann sechs Punkten Vorsprung und eines besseren Torverhältnisses als Köln.

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In Berlin hingegen war das Entsetzen groß. Alle Rechnungen, wie sich die Hertha vor den direkten Wiederabstieg in Liga zwei verhindern kann, bezogen einen Heimsieg gegen Kaiserslautern mit ein. Am Ende pfiffen 51.461 Zuschauern ihre Enttäuschung und ihren Ärger heraus.

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Trainer Otto Rehhagel sagte nach dem 1:2: "Wir haben mehr denn je unter der dramatischen Personalsituation gelitten. Es mussten Spieler spielen, die die ganze Woche nicht trainiert haben. So dramatisch wie bei Hertha habe ich das noch nie erlebt." So spielte der 21-jährige Linksverteidiger Fabian Holland zum ersten Mal in der Bundesliga.

Die Berliner kamen überhaupt nicht in die Partie. Rehhagel veränderte die sonst übliche 4-2-3-1-Formation in ein 4-4-2 mit Pierre-Michel Lasogga als zweitem Angreifer neben Adrian Ramos. Doch die Umstellungen Rehhagels erwiesen sich als fatal für das Spiel von Hertha BSC. Zwischen den zentralen Mittelfeldspielern Raffael und Andreas Ottl sowie den beiden Berliner Angreifern war die Lücke viel zu groß.

Niemeyers Treffer zu wenig für Berlin

Die Lauterer dagegen waren die spielerisch bessere Mannschaft - und belohnten sich zum ersten Mal in der 27. Minute durch Mittelfeldspieler Oliver Kirch, der sich nach Zuspiel von Sahan elegant im Sechzehner der Berliner um die eigene Achse drehte und zur Führung einschoss. Hertha wirkte geschockt, Lautern erhöhte noch vor der Pause: Nach einem Ballverlust von Ramos legte Konstantinos Fortounis auf Andrew Wooten ab, der locker zum 2:0 einschob. Mit einem gellenden Pfeifkonzert wurden kurz darauf die Berliner in die Halbzeit verabschiedet - und mit einem solchen auch eine Viertelstunde später wieder empfangen. Das 1:2 von Peter Niemeyer brachte noch einmal Hoffnung, doch dabei blieb es.

Die Berliner müssen nun noch in Schalke und zu Hause gegen Hoffenheim spielen und dabei zwei Punkte auf den 1. FC Köln aufholen, der noch in Freiburg und zu Hause gegen den FC Bayern antritt.

Aufgrund der späten Niederlage des SV Werder Bremen können der VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen Im Kampf um die Plätze in der Europa League (Tabellenplätze fünf, sechs und sieben) nun für die Europa League planen.

Dank André Schürrle und Bernd Leno kann Bayer Leverkusen für die Europa League planen. Der Nationalstürmer durfte sich beim glücklichen 1:0 (0:0)-Sieg der Rheinländer am Samstag bei 1899 Hoffenheim als Torschütze feiern lassen (79. Minute). Torwart-Talent Leno hielt sechs Minuten später einen von Sejad Salihovic getretenen umstrittenen Handelfmeter.

"Wir sind noch einmal mit einem blauen Augen davongekommen in dieser Saison", sagte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler, der sich partout nicht verrechnen wollte: "Einen Punkt brauchen wir noch." Mit diesem Erfolg liegt die Mannschaft der Interimstrainer Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski zwei Spieltage vor Rundenschluss in der Fußball-Bundesliga als Tabellensechster mit sechs Zählern und zehn Tore vor dem Achten Werder Bremen.

Die Hoffenheimer schafften vor 28.150 Zuschauern auch im achten Anlauf nicht den ersten Sieg gegen den Angstgegner und können ihre Hoffnungen auf einen Platz im internationalen Wettbewerb begraben. "Das ist bitter, weil die Jungs ein gutes Spiel gemacht haben", sagte Coach Markus Babbel.

Thomas Schaaf ist gereizt

Die Stuttgarter haben noch zwei Punkte mehr in der Tabelle und damit die Europa League auch theoretisch sicher. Stuttgarts Christian Gentner erklärte: "Jetzt sind wir sicherer Siebter und haben die Europa League erreicht. Da muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein." Auch sein Teamkollege Georg Niedermeier war nicht eben unglücklich: "Mit dem 1:1 können wir sehr gut leben."

Auch die Stuttgarter Serie hielt in Köln. Der VfB blieb im zehnten Spiel in Folge ohne Niederlage und holte zum sechsten Mal hintereinander einen 0:1-Rückstand auf. "Es ist eine Riesensache, dass wir uns jetzt schon für Europa qualifiziert haben. Jetzt wollen wir auch noch Fünfter werden", sagte VfB-Trainer Bruno Labbadia.

Hannover 96 kann sich am Sonntag mit einem Sieg gegen den SC Freiburg ebenfalls die Teilnahme an der nächsten Europa-League-Saison sichern. Die Niedersachsen stünden dann mit fünf Punkten Vorsprung auf Platz acht da. Entsprechend gereizt reagierte Bremens Trainer Thomas Schaaf auf die Frage zu seinem Ambitionen, noch Platz sieben erreichen zu wollen. "Das ist mir wurscht. Immer diese Fragerei. Wir haben heute ein Spiel verloren. Dadurch, dass wir das Spiel nicht gewonnen haben, ist die Situation nicht besser geworden. Sie können sich die Frage sparen, ob wir an die Europa League denken."

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