Gourmetführer Gault Millau in den Alpen:Tortellini? Nur mit Fichtensprossenstaub!

Lesezeit: 2 Min.

120 Plätze, meistens ausgebucht: die Südtiroler Emilio-Comici-Hütte am Fuß des Langkofels. (Foto: Helmuth Rier/Suedtirolfoto)

Je höher die Hütte, desto teurer die Tütensuppe? Das war einmal. Seit einigen Jahren geht es kulinarisch steil bergauf.

Von Titus Arnu, München

Gummiartige Hefebollen in gelbem Glibber. Gulaschsuppe aus dem Eimer. Tiefkühlschnitzel aus der Fritteuse. Vieles, was man in Selbstbedienungsrestaurants auf Alpengipfeln vorgesetzt bekommt, kann man kaum als regionaltypische Küche bezeichnen. Die Massenversorgung in den Skigebieten bringt vielleicht Umsatz, aber der Genussfaktor ist äußerst gering. Lange Zeit galt in den Bergen die traurige Faustregel: Je höher die Hütte, desto teurer die Tütensuppe und desto niedriger die kulinarischen Ansprüche.

Doch seit ein paar Jahren geht es aufwärts. Der Gastroführer Gault Millau hat deshalb erstmals auch Almhütten ausgezeichnet; die besten Adressen befinden sich - für Feinschmecker keine große Überraschung - fast alle in Südtirol.

Nirgendwo sonst in den Bergen kann man eine solche kulinarische Vielfalt erleben, was der Mischung aus alpinen und mediterranen Zutaten, aber auch der Kreativität der Köche zu verdanken ist. Dafür gab es insgesamt 131 Gault-Millau-Hauben.

Zu den ausgezeichneten Hütten zählen die Comici-Hütte, auf 2154 Meter am Fuß des Langkofels in Wolkenstein gelegen, die Hagner Alm in Welschnofen, der Berghof Hofer Alpl in Völs sowie die Isihütte in Radein, die Jorahütte in Innichen und die Schatzerhütte in Afers bei Brixen. Die Häuser liegen in Ski- und Wandergebieten, sie sehen urig und rustikal aus - aber beim Essen setzen sie eben nicht auf Knödelsuppe und Würstel mit Pommes.

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Die Comici-Hütte im Grödnertal etwa ist bekannt für ihre Fischgerichte, jeden zweiten Tag werden Muscheln, Scampi und Goldbrassen aus Grado an der Adria auf die Berghütte geliefert. Die 120 Plätze sind meist ausgebucht, die Wände tapeziert mit Fotos von Prominenten, die schon zu Besuch waren - Ski-Legenden wie Ingemar Stenmark, Formel-1-Piloten wie Fernando Alonso und Adelige wie Albert von Monaco.

Mit dem alten Bild einer Almhütte, wo man ein Glas warme Milch, ein Stück Brot und eine Scheibe Käse vom Senner bekommt, haben diese Häuser nur noch wenig zu tun. Im Auener Hof etwa, vom Gault Millau zum "Hotel des Jahres" gekürt, erinnern die Gerichte von Heinrich Schneider eher an Alpen-Alchemie: in der Erde gegarte Bronzekartoffel, Himbeerblatt mit Rosenpulver, Urkarotte mit Schafgarbe, Taubenfuß-Cannelloni mit Liebstöckel oder Tortellini mit Fichtensprossenstaub.

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Insgesamt zählen zwölf Restaurants in den Alpen zu den kulinarischen Aufsteigern des Jahres. Die Reihe der Drei-Hauben-Restaurants sind um die folgenden Lokale reicher geworden: das Restaurant Tilia in Toblach, den Gardena Grödnerhof in St. Ulrich, das Genießerhotel Bad Schörgau in Sarnthein, die Kilian Stuba in Hirschegg, die Rote Wand in Lech am Arlberg sowie Hisa Franko in Kobarid (Slowenien).

Man könnte mehrere Urlaube damit verbringen, diese Adressen abzuarbeiten, am besten zu Fuß, bei einer kulinarischen Alpen-Überquerung von Hütte zu Hütte. Zwischen den Menüs würde man die Kalorien vielleicht wenigstens zum Teil wieder verbrennen.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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