Migration:Scholz rügt Merz wegen Zahnarzt-Äußerung

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Wenn Friedrich Merz findet, der Kanzler rede zu wenig mit ihm, ist Olaf Scholz der Ansicht, der CDU-Chef rede generell zu viel. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Der CDU-Chef steht in der Kritik, weil er Migranten vorwirft, das deutsche Gesundheitssystem auszunutzen. Die Debatte darüber wird hitziger, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetages versucht es mit Sachlichkeit.

In der Debatte, wie Deutschland auf die steigende Zahl von Geflüchteten reagieren soll, verschärft sich zunehmend der Ton zwischen der Ampelregierung und der Union. Grund dafür ist auch eine Äußerung von CDU-Chef Friedrich Merz. Dieser hatte in einer Talkshow von Migranten gesprochen, die nach Deutschland kämen, um sich hier "die Zähne machen" zu lassen, während die "deutschen Bürger" keine Termine bekämen. Vertreter von SPD, Grünen und Linken äußerten sich entsetzt über die Wortwahl, die, so die Argumentation der drei Parteien, so ähnlich auch von einem AfD-Politiker hätte kommen können.

Jetzt meldet sich der Bundeskanzler zu Wort. Er positioniert sich dabei nicht nur, wie er das seit Tagen tut, mit inhaltlichen Forderungen in der Migrationsdebatte und mit Kritik an den Grünen, die aus Sicht des Kanzlers zu idealistische Position vertreten. Er spricht auch Merz direkt an: "Was Herr Merz vorgetragen hat, entspricht nicht der rechtlichen Lage in Deutschland. Ich finde, dass man besser auf seine Worte aufpassen sollte", sagte Scholz im Interview der Woche des SWR.

Der Kanzler plädiert zwar für konsequente Abschiebungen von Migranten, die keinen Anspruch auf Schutz in Deutschland haben. "Aber das muss einen nicht dazu verführen, mit seinen Worten ungeschickt zu sein", betonte er.

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Am Morgen hatte sich bereits Gerd Landsberg geäußert, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, mit einem Versuch, die Debatte zu versachlichen. Der wichtigste Punkt: Geflüchtete sollen vom ersten Tag an arbeiten dürfen.

Wer eine Bleibeperspektive habe, solle sofort auch eine Arbeitserlaubnis erhalten, sagte Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Arbeit könne einen wesentlichen Beitrag zur Integration leisten - und der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt sei groß. Arbeit gebe es überall zu verteilen, selbst der Betrieb der Gemeinschaftsunterkünfte erfordere Fähigkeiten aus unterschiedliche Berufsgruppen.

Der zweite Vorschlag daher: Berufliche Vorkenntnisse von Geflüchteten sollten schon bei der Registrierung erfasst werden. Zurückhaltend äußert sich Landsberg hingegen, was die Idee einer verpflichtenden gemeinnützigen Arbeit von Asylbewerbern angeht. Die Erwartungen daran seien "teilweise zu hoch", denn die Kapazitäten seien auf diesem Gebiet begrenzt und der bürokratische Aufwand groß. Es gebe außerdem nicht genug Sanktionsmöglichkeiten für jene, die nicht erschienen.

Die FDP wirft den Grünen Realitätsverweigerung vor

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hatte sich gesprächsbereit gezeigt beim Unionsvorstoß, Asylbewerber während ihres Verfahrens zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Österreich plant dies bereits. Auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat ein entsprechendes Programm angekündigt. Gemeindetags-Geschäftsführer Landsberg wendet sich nun dagegen: "Es braucht keine Symbolpolitik, sondern pragmatische Ansätze zum Umgang mit den Geflüchteten, die hier sind, und eine Begrenzung des Zuzugs für die Zukunft."

Kanzler Scholz zeigte sich offen für Landsbergs Vorschlag, mehr Asylbewerbern in Deutschland die Annahme einer Arbeit zu erlauben. In vielen Fällen sei das schon möglich. "Aber da geht noch mehr. Ich teile das Verständnis vieler Menschen, die sagen: Wenn da Arbeit ist, die getan werden muss, und da ist jemand, der sie tun könnte, dann soll er das auch machen." Scholz warnte aber davor, die Themen Flucht und Verfolgung mit der Einwanderung von Arbeitskräften zu verwechseln.

In der Frage der möglichen Begrenzung von Migration kritisierte der Generalsekretär der FDP die Union und die Grünen. "Parteiübergreifende Lösungen wären bei solch einer großen Herausforderung gut", sagte Bijan Djir-Sarai dem Tagesspiegel.

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Nach den polemischen Zuspitzungen des CDU-Vorsitzenden in der Migrationsdebatte attackieren sich Koalition und Opposition im Bundestag so heftig wie selten. Dabei sucht der Kanzler eigentlich die Kooperation - allerdings weniger mit Friedrich Merz als mit den unionsgeführten Bundesländern.

Von Daniel Brössler, Nicolas Richter und Robert Roßmann

Eine Zusammenarbeit mit der Union wäre hilfreich, allerdings stehe deren Bereitschaft in Frage. "Wenn ich sehe, dass die Union große Reden schwingt, aber in den Bundesländern, in denen sie regiert, keine der bereits umsetzbaren Maßnahmen ergreift, kommen mir Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit", sagte Djir-Sarai. Die Grünen forderte er auf, sich bei dem Thema der Realität zu stellen. Es sei "wahnsinnig schwer" gewesen, sie von der Einstufung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten zu überzeugen. "Wir führen eine Sachdebatte zur Migration, bei der sich alle ehrlich machen müssen. Realitätsverweigerung ist gefährlich, sie stärkt die politischen Ränder", sagte er.

Derweil wird zwischen der Union auf der einen Seite und SPD, Grünen und der Linken auf der anderen Seite weiter über die Aussagen von Friedrich Merz gestritten: "Die AfD haut sich auf die Schenkel, fühlt sich bestätigt und durch die Bestätigung ihrer Klischees sogar noch unterstützt", sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

In der Union bekam Merz eher Rückendeckung. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte zum Beispiel, Merz habe nur auf die generelle Belastung des Staates, der Gesellschaft und der Sozialsysteme durch die stark gestiegene irreguläre Migration aufmerksam machen wollen. Andere, wie der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), schwiegen.

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte zu Merz' Äußerungen: "Das ist natürlich etwas zugespitzt und flapsig formuliert und erregt damit die Gemüter." Aber es sei nun mal so, "dass eben viele Menschen in unseren Sozialkassen sind oder Zugriff auf unsere Sozialkassen und medizinische Versorgung haben, die uns viel Geld kosten".

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