Die meisten EU-Staaten sind unglücklich damit, der italienische Staatspräsident ebenso - genauso wie die Regierungspartei Lega und wohl auch der italienische Premier. Dennoch blockiert Italien ein gemeinsames Handeln der Europäischen Union in der Venezuela-Krise. Es scherte zunächst aus der Reihe vieler EU-Staaten aus, als diese dem venezolanischen Diktator Nicolás Maduro ein Ultimatum für Neuwahlen stellten.
Und nun blockiert Rom eine gemeinsame Erklärung der Europäer und verweigert - anders als etwa Spanien, Frankreich oder Deutschland - dem Parlamentschef des südamerikanischen Landes, Juan Guaidó, die Anerkennung als Übergangspräsident.

Europäische Union:Einer bremst immer
Der EU fällt es zunehmend schwer, gemeinsame außenpolitische Positionen zu finden, oft verhindert ein einzelnes Mitglied klare Positionen. Deshalb debattiert Brüssel über die Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit.
Verantwortlich dafür ist die andere römische Koalitionspartei namens Cinque Stelle (Fünf Sterne) und insbesondere ein Mann: Alessandro Di Battista. "Ich weiß, es erfordert Mut, in diesem Moment eine neutrale Haltung einzunehmen", sagt der 40 Jahre alte, eloquente und dezidiert selbstbewusste Sterne-Abgeordnete. "Und Italien ist es nicht gewohnt, Mut zu zeigen."
Sein Land habe sich stets feige hinter diejenigen gestellt, die vorgaben, Demokratie zu exportieren, etwa beim Sturz des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Jetzt solle man damit aufhören, den Befehlen der USA zu folgen.
Und die Stimme Dibbas, wie der charismatische Volksredner genannt wird, hat Gewicht bei den Fünf Sternen. Ohne Alessandro Di Battista unterstützt die größere der zwei Regierungsparteien keine Anerkennung Guaidós durch Italien. Und ohne Italien gibt es keine gemeinsame Haltung der EU. Allein gegen Europa - so könnte man es also überspitzt formulieren, und dies dürfte dem angriffslustigen, in vielen politischen Schlachten gehärteten Römer sogar gefallen.
Der Sohn eines neofaschistischen Kommunalpolitikers will schon immer links gewesen sein
Der Sohn eines neofaschistischen Kommunalpolitikers hat einmal gesagt, er sei schon immer links gewesen. So widmete er sich nach einem Studium von Kunst, Musik, Schauspielerei und der Menschenrechte der Hilfe für die Armen und Verfolgten.
Er arbeitete ein Jahr für indigene Menschen in Guatemala, engagierte sich für Mikrokredite in der Demokratischen Republik Kongo, wirkte beim Italienischen Flüchtlingsrat und der Caritas mit und bereiste für ein Buch zahlreiche lateinamerikanische Länder. Seit 2011 schrieb er für den Blog des Komikers Beppe Grillo, der die Fünf Sterne gründete.
Alessandro Di Battista empfand sich als Mitglied einer verlorenen Generation, die miterleben musste, wie der konservative Mehrfach-Premier Silvio Berlusconi und seine linken Gegner das Land zwei Jahrzehnte lang herunterwirtschafteten. 2013 zog Dibba erstmals für die neue, populistische und gegen die sogenannten Altparteien gerichtete Fünf-Sterne-Bewegung ins Parlament ein.
Er stieg rasch zu einem ihrer Anführer auf, der bei Kampagnen, etwa gegen eine Verfassungsreform, wochenlang das gesamte Land bereiste und mühelos eine Piazza nach der anderen rockte. "Habt Mut zum Widerstand gegen die politische Kaste", rief er seinen Anhängern zu. "Eine Generation lang haben die euch beraubt." Bald galt er als Popstar der Sterne und Kronprinz Beppe Grillos.
Als die Fünf Sterne nach der Parlamentswahl 2018 mit der Lega an die Macht gelangten, wurde Dibba für höchste Ämter gehandelt, galt schließlich aber doch als zu ungestüm, um etwa Vizepremier zu werden. Sein Einfluss in der Bewegung bleibt dennoch groß. So kann er die italienische Politik immer wieder aufmischen, etwa jüngst mit der Forderung, die Zahl und die Diäten der Abgeordneten drastisch zu reduzieren.
Im Venezuela-Konflikt findet Di Battista, Italien und die EU sollten eine neutrale Vermittlerrolle einnehmen. Er warnt vor einer US-Intervention und verweist auf Libyen, das nach dem Sturz al-Gaddafis ins Chaos fiel. Nicht nur in Brüssel und Rom bekommt er dafür scharfe Kritik. Der venezolanische Parlamentspräsident Guaidó sagt: "Dieser signore weiß nicht, was bei uns los ist."