Vereinigte Staaten:Trumps Leute verrechnen sich

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Es sei nicht vorbei, sagt sie nach dem Scheitern der Republikaner: Die hart rechte Marjorie Taylor Greene (in Rot) regte das Impeachment an. (Foto: Chip Somodevilla/Getty/AFP)

Der Versuch der Republikaner, den Heimatschutzminister von Joe Biden des Amtes zu entheben, endet als Reinfall. Die Partei zeigt erneut, welches Chaos ihre Zerstrittenheit ins Parlament bringt.

Von Peter Burghardt, Washington

Im amerikanischen Repräsentantenhaus geschehen immer wieder die tollsten Dinge, aber der Auftritt von Al Green fiel selbst in dieser Manege auf. Der demokratische Abgeordnete aus Texas wurde am Dienstagnachmittag im Rollstuhl ins Plenum gefahren - er trug laut dem Fernsehsender NBC noch die blaue Kluft und die Socken aus dem Krankenhaus, das Green zu diesem Anlass rasch verlassen hatte. Die Demokraten brauchten seine Stimme, um die Republikaner am Impeachment gegen Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas zu hindern.

Dies wäre das erste Amtsenthebungsverfahren gegen ein aktuelles Kabinettsmitglied seit 150 Jahren gewesen. Republikanische Mandatsträger werfen dem Demokraten Mayorkas aus der Regierung von Joe Biden eine viel zu durchlässige Südgrenze vor. Doch der erste Versuch, ihn zu kippen, scheiterte kläglich. Die Abstimmung endete 216:214 gegen den Vorstoß, dabei ist die demokratische Fraktion in der Parlamentskammer knapp in der Minderheit.

Vier aus der GOP stimmen gegen den Antrag ihrer Kollegen

Der Noteinsatz ihres Patienten war nur ein Grund für den Ausgang. Einfach sei das nach seiner Operation nicht gewesen, informierte Al Green. Aber er habe immer vorgehabt dabei zu sein. "Herr Mayorkas ist ein guter Mann, das war ein schlechter Zug. Ich musste hier sein." Der andere Grund war, dass den Gegnern nicht nur ein eigener Patient fehlte, sondern auch genügend gesunde Republikaner ausgeschert sind.

Der republikanische Mehrheitsführer Steve Scalise wird wegen einer Krebserkrankung behandelt, er kann deswegen gegenwärtig nicht helfen. Aber dann stimmten vier anwesende Parteifreunde für "No". Bei Ken Buck aus Colorado und Tom McClintock aus Kalifornien war das erwartet worden, es hatte ja auch bei gemäßigten Konservativen Kritik an dem Manöver gegen Mayorkas gegeben. Überraschenderweise schlossen sich danach auch Mike Gallagher aus Wisconsin und Blake Moore den Rebellen an.

Die Republikaner drohen, doch noch eine Mehrheit gegen ihn zu finden: Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas. (Foto: Kevin Wolf/DPA)

Vier Aufständische aus den eigenen Reihen, das genügte für dieses republikanische Debakel. Die Demokraten sollen vor Begeisterung gejohlt haben, die Verlierer entsetzt gewesen sein. Man kann sich den Zorn von Donald Trump vorstellen, denn der ehemalige Präsident sitzt zwar nicht im Parlament, sondern plant seine Rückkehr ins Weiße Haus. Doch er führt auch in diesem US-Grenzstreit das Wort und erteilt seinen Leuten Befehle, denen sich zumindest ein paar wenige Republikaner widersetzen.

Ein Reinfall war das vor allem für seinen Statthalter Mike Johnson, den Speaker im Repräsentantenhaus. Der hat seinen Job nur deshalb, weil Vorgänger Kevin McCarthy vor einigen Monaten von Trumps Hardlinern gestürzt wurde und Johnson dann mit Trumps Hilfe die Nachfolge antreten durfte. Eigentlich soll er seine Truppen im Griff haben. Gerade vor einem solch gewagten Misstrauensvotum gegen Bidens obersten Grenzschützer hätte der Rädelsführer wissen müssen, ob die Unterstützung dafür reicht.

Die Grabenkämpfe der Trump-Partei legen die Nation lahm

In diesem Fall haben sich Johnson und Trump verschätzt. Das ist, Stand jetzt, gut für Mayorkas und die Demokraten. Und bezeichnend für den Zustand der Republikaner, in den USA gerne Grand Old Party genannt. "Dysfunktion im Kongress" hat die New York Times es genannt - die Niederlagen der GOP häuften sich. Johnson wollte auch separat über Hilfen für Israel befinden lassen, auch das misslang. Ein Kompromisspapier, das Milliarden Dollar für die Ukraine, Israel, Taiwan und die US-Südgrenze sichern soll, wird dagegen in Trumps Auftrag von Johnsons Riege boykottiert. Das gilt im Senat als republikanische Rebellion gegen den eigenen Fraktionschef Mitch McConnell, der in dieser Sache mit den Demokraten kooperieren möchte.

So setzen sich die Grabenkämpfe fort und legen die Nation lahm. Das permanente Chaos schadet längst dem Ansehen, den Geschäften und der Politik Amerikas. In den beiden Kammern auf dem Capitol Hill genügt oft eine Handvoll Radikaler oder Moderater, um schräge oder vernünftige Ideen durchzusetzen oder verhindern. Inzwischen geht es so weit, dass ein republikanischer Berater offenbar gerne einen entlassenen Betrüger zurück hätte. "Vielleicht hätten wir Santos nicht rausschmeißen sollen", schrieb er, wie ebenfalls NBC erfuhr. "Habt ihr mich schon vermisst?", postete George Santos, der vor Kurzem wegen seiner zahllosen Lügen ausgeschlossen worden war.

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In Wahrheit sei der Angriff auf Mayorkas doch nur Plan B gewesen, spottet der demokratische Minderheitsführer Hakeem Jeffries. "Eigentlich wollt ihr Joe Biden anklagen, aber ihr wisst, dass das unpopulär ist." Gegen Mayorkas, Secretary of Homeland Security, wollen manche Republikaner nachlegen. "Natürlich werden meine Kollegen, die mit Nein gestimmt haben, von ihren Wählern hören", droht die stramm rechte Marjorie Taylor Greene, die das Impeachment angeregt hatte. Es sei noch nicht vorbei, sagt sie, man könne Steve Scalise immer noch zurückholen.

Die Republikaner im Repräsentantenhaus hätten "die volle Absicht, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Minister Mayorkas zu beantragen, sobald wir die nötigen Stimmen haben", schreibt ein Sprecher Johnsons. Der Demokrat Green wird sicher wieder zu jenen gehören, die dagegenhalten, wenn es irgendwie geht.

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