Twitter-Hohn gegen Strafjustiz:"Verklag mich doch, Saudi-Arabien"

Lesezeit: 1 min

Ein Saudi-Araber muss vor Gericht, weil er seine Heimat mit dem IS vergleicht. Andere Twitternutzer machen es ihm nach - sie zeigen Parallelen auf.

Es sei "ISIS-like", einen Menschen wegen "Apostasie" - also des sogenannten Abfalls vom Glauben - zum Tode zu verurteilen. Wegen dieser Botschaft muss ein Twitter-Nutzer oder eine Twitter-Nutzerin einem Reuters-Bericht zufolge in Saudi-Arabien nun mit einer Anklage rechnen.

Das Todesurteil, auf das die Äußerung anspielte, war demnach die Verurteilung des aus Palästina stammenden Lyrikers Ashraf Fayadh. Fayadh war zunächst zu vier Jahren Haft und insgesamt 800 Peitschenhieben verurteilt worden. In einem Berufungsverfahren verhängte der Richter dann am 20. November die Todesstrafe.

Das saudische Justizministerium gab keine Details zur Anklage gegen die Person bekannt, die das Urteil auf Twitter kritisiert hatte. Dennoch bekundeten mehrere Nutzer des sozialen Netzwerks ihre Solidarität. Unter dem Hashtag #SueMeSaudi, was übersetzt so viel heißt wie: "Verklag mich doch, Saudi-Arabien", verspotten sie seither das autoritäre Königreich, dessen Strafjustiz sich in wesentlichen Punkten tatsächlich kaum von jener der Terrormiliz Islamischer Staat unterscheidet:

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In diesem Tweet wird kritisiert, dass zwar der IS als "barbarisch" bezeichnet werde, Saudi-Arabien jedoch in der westlichen Welt trotz der katastrophalen Menschenrechtssituation im Land noch immer als Verbündeter gilt. Saudi-Arabien hat im laufenden Jahr laut Amnesty International mehr als 150 Menschen hingerichtet, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr.

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Die größte Provokation liefert dieser Tweet. Er zeigt einen Zettel mit der Aufschrift: "Ich bin stolz darauf, ein Atheist zu sein" - in unmittelbarer Nähe der Kaaba, dem zentralen Heiligtum aller Muslime in Mekka.

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Der Vergleich zwischen dem IS und Saudi-Arabien ist bereits seit Monaten äußerst populär. Der Spiegel hatte bereits im Januar eine Gegenüberstellung der Strafenkataloge veröffentlicht. Im gleichen Monat wurde der saudische Internetaktivist Raif Badawi erstmals öffentlich ausgepeitscht. Ein Gericht hatte ihn - ebenfalls wegen Apostasie - zu zehn Jahren Haft und insgesamt 1000 Hieben verurteilt. Schon damals ging ein Aufschrei durch die westliche Welt, und auch in den Medien verstärkte sich die Kritik gegenüber dem autoritären Regime.

Vor allem, weil die Saudis wegen ihres Öls und ihrer großen Nachfrage nach Waffen noch immer ein beliebter Wirtschaftspartner der westlichen Industrieländer sind. Deutschland ist unter der großen Koalition jedoch wesentlich zurückhaltender geworden, was Rüstungslieferungen an das autoritäre Regime betrifft. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ bei seinem letzten Besuch in Riad Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie gar nicht erst in seiner Maschine mitfliegen.

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Blogger Raif Badawi
:Geschenk für einen Ausgepeitschten

Seit 2012 sitzt der Blogger Raif Badawi in einem saudischen Gefängnis. 50 Peitschenhiebe musste er erdulden. In Berlin stellt seine Frau Ensaf Haidar eine Überraschung für ihn vor. Er soll erst davon erfahren, wenn er freikommt.

Von Thorsten Denkler

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