Terrorermittlungen:Gefahr fürs Erste abgewendet

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Polizisten bewachen den Kölner Dom vor dem Pontifikalamt mit Kardinal Woelki zum Jahresabschluss. (Foto: Thomas Banneyer/DPA)

Über die Feiertage hat die Polizei mehrere Männer wegen möglicher Anschlagspläne gegen den Kölner Dom festgesetzt. Zwei von ihnen bleiben in Gewahrsam. Weg ist die Sorge aber nicht.

Von Christoph Koopmann

Zuerst die gute Nachricht: Es hat keinen Anschlag gegeben über die Feiertage. Aber damit gleich weiter zur eher beunruhigenden Nachricht: Die Befürchtungen der deutschen Sicherheitsbehörden, dass gerade eine erhöhte Gefahr von gewaltbereiten Islamisten ausgeht, haben offenbar eine sehr reale Basis. In der letzten Woche des Jahres 2023 hat die Polizei mehrere Terrorverdächtige festgesetzt, weil sie möglicherweise einen Anschlag auf den Kölner Dom geplant haben. Zum Jahreswechsel standen Polizisten mit Maschinenpistolen vor der Kathedrale. Wie schon über Weihnachten und Silvester bleibt der Dom vorerst nur für Gottesdienste und zur Beichte geöffnet, am Eingang gibt es weiterhin Sicherheitskontrollen. Auch in Österreich hatte es im Kontext der Terrorwarnung drei Festnahmen gegeben.

Inzwischen sind allerdings die meisten Verdächtigen in Deutschland wieder frei. Erst am Silvestermorgen hatten Polizisten in Duisburg, Herne und Nörvenich in Nordrhein-Westfalen drei Männer mit tadschikischer beziehungsweise usbekischer Staatsangehörigkeit in Gewahrsam genommen, am Abend folgte ein weiterer Zugriff gegen einen 41 Jahre alten Deutschtürken in Bochum. Am Neujahrstag ordnete ein Richter an, dass drei der vier Männer freizulassen sind. Das Bundeskriminalamt ermittelt aber weiter gegen sie. Gegen den vierten Mann, einen 25-jährigen Tadschiken, erließ das Gericht zwar ebenfalls keinen Haftbefehl, er bleibt aber zumindest aus Gründen der Gefahrenabwehr für zwei Wochen in Gewahrsam.

Ermittlungen "in Windeseile"

Denn darum ging es den Behörden dem Vernehmen nach in allererster Linie: das Risiko eines Attentats so weit wie möglich zu reduzieren, auch wenn die Beweislage wohl dünner ist als in anderen Fällen mutmaßlicher Terrorzellen. Die Ermittler sind froh, dass sie die drei inzwischen Freigelassenen zumindest über die Silvesternacht festsetzen konnten. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, die Polizei habe alles getan, damit die Kölnerinnen und Kölner sicher Silvester feiern konnten. Die Ermittler hätten "in Windeseile" alles Nötige unternommen, um die Verdächtigen zu identifizieren und festzusetzen.

Die Männer aus NRW sollen zu einem Netzwerk gehören, das sich den Fahndern zufolge um einen 30 Jahre alten Tadschiken spannen soll. Dieser war schon kurz vor Heiligabend im Zusammenhang mit den Terrorermittlungen im Saarland festgenommen worden, wo er auch gemeldet ist. Allerdings musste die Polizei auch ihn zunächst wieder freilassen. Daraufhin fuhr er offenbar zu Verwandten nach Nordrhein-Westfalen. Den Ermittlern erschien die Situation zu gefährlich, an Heiligabend nahmen Spezialkräfte der Polizei ihn und vier weitere Männer in Wesel fest. Diese anderen vier sind inzwischen wieder entlassen. Der 30-Jährige aber befindet sich noch bis Sonntag in Langzeitgewahrsam, der angeordnet werden kann, um beispielsweise unmittelbar zu befürchtende Straftaten zu verhindern.

Die Männer hatten sich als Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine getarnt

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen soll der Verdächtige am Kölner Dom gewesen sein - wie die Ermittler vermuten, um die Umgebung auszuspähen. Der Einsatzleiter der Kölner Polizei, Frank Wißbaum, sagte an Silvester, dass die Verdächtigen nach jüngsten Erkenntnissen wohl ein Auto für ein mögliches Attentat nutzen wollten. "In welcher Art und Weise dieser Pkw hätte eingesetzt werden sollen, ist uns nicht bekannt." Die Polizei habe sicherheitshalber die Tiefgarage unter dem Kölner Dom durchsucht, aber "wir haben im Ergebnis dort nichts gefunden".

Der 30-Jährige aus dem Saarland soll nicht nur in Kontakt zu den weiteren Festgenommenen gestanden haben, sondern auch zu einer Gruppe, die den Ermittlern gut bekannt ist. Im Juli hatte die Polizei in NRW sieben Terrorverdächtige verhaftet, die zum "Islamischen Staat Provinz Khorasan" (ISPK) gehören sollen, dem aus Sicht der Behörden derzeit gefährlichsten Ableger des IS. Die Männer aus Tadschikistan, Usbekistan und Kirgistan sollen auf Telegram über mögliche Anschläge in Deutschland geschrieben haben. Nach Erkenntnissen des BKA waren sie als Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine getarnt nach Deutschland eingereist.

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