Sudan:EU-Botschafter in seiner Unterkunft angegriffen

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Rauch steht über dem Flughafen in Khartum, er ist offenbar weiter umkämpft und kann derzeit nicht angeflogen werden. Das Foto stammt aus einem Social-Media-Video. (Foto: ABDULLAH ABDEL MONEIM/via REUTERS)

Brüssel verurteilt die Attacke. In der Hauptstadt Khartum kommt es erneut zu Gefechten. Die Bundeswehr bereitet sich auf mögliche Evakuierung Hunderter Deutscher vor.

Von Paul-Anton Krüger und Mike Szymanski, Berlin

Der Botschafter der Europäischen Union für den Sudan, Aidan O'Hara, ist in seinem Haus attackiert worden. Das teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend via Twitter mit. "Dies stellt einen groben Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen dar. Die Sicherheit der diplomatischen Räumlichkeiten und des Personals ist eine Hauptverantwortung der sudanesischen Behörden und eine völkerrechtliche Verpflichtung", schrieb Borrell. Angaben zur Art des Angriffs sowie zu dem Täter oder den Tätern machte er nicht. Er ließ auch unklar, ob der Botschafter verletzt wurde oder mit dem Schrecken davonkam.

Die Bundesregierung zeigt sich besorgt über die Lage im Sudan. Den dritten Tag in Folge dauern dort Kämpfe um die Macht zwischen zwei rivalisierenden Generälen und ihren Truppen an. Seit dem Ausbruch der Gewalt zwischen Armee und den "Rapid Support Forces" (RSF) am Samstag seien mindestens 97 Zivilisten getötet und 365 weitere verletzt worden, teilte das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte mit. Das Auswärtige Amt geht inzwischen von mehr als 100 Toten aus. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat unlängst die Konfliktparteien zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. "Die Entwicklungen und die Lage der Deutschen vor Ort beobachten wir genau", erklärte die Ministerin.

Das Auswärtige Amt rät ihnen, sich an einem sicheren Ort aufzuhalten und diesen vorerst nicht zu verlassen. Der Flughafen in Khartum ist offenbar weiter umkämpft und kann derzeit nicht angeflogen werden. Die Bundeswehr hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung mit den Planungen für eine Evakuierungsoperation begonnen.

Machtkampf
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Der Konflikt zwischen den zwei mächtigsten Männern und ihren Militärapparaten im Sudan eskaliert weiter. Am Montag will der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über die Lage beraten.

Am Montagmorgen seien in der Hauptstadt Khartum etwa zwei Stunden lang Bombardierungen und Luftangriffe zu hören gewesen, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters. Das Botschaftspersonal meldete heftigen Gefechtslärm in der Hauptstadt. Einer Außenamtssprecherin zufolge ist die Lage weiterhin "unübersichtlich". Auch aus anderen Landesteilen würden mittlerweile Kämpfe gemeldet.

Vermutlich mehr Deutsche als bislang bekannt im Land

Laut dem Auswärtigen Amt hat sich eine niedrige dreistellige Zahl deutscher Staatsbürger auf der Krisenvorsorgeliste des Ministeriums registriert, um im Notfall Informationen zu erhalten. Die tatsächliche Zahl von Deutschen im Sudan dürfte jedoch deutlich darüber liegen, weil die Registrierung freiwillig erfolgt. Am Montag kam im Auswärtigen Amt abermals der Krisenstab zusammen. Die Sorge vor einem Bürgerkrieg wächst.

Das Land wird seit 18 Monaten von zwei Generälen regiert: von Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemedti, und von General Abdel Fattah al-Burhan, der nominell der Chef des sogenannten Souveränen Rates ist, mit Hemedti als Stellvertreter. Burhan steht den regulären Streitkräften vor, die das Land seit Jahrzehnten dominieren. Hemedti kontrolliert die Rapid Support Forces, die Nachfolgeorganisation der Janjaweed-Milizen, die einst vom Diktator Omar al-Baschir gegründet wurden, um in der Region Darfur gegen Rebellengruppen zu kämpfen. Eigentlich hätte der Sudan in diesen Tagen wieder eine zivile Regierung bekommen sollen. Stattdessen eskaliert die Gewalt.

Großbritannien und die USA haben ein sofortiges Ende der Kämpfe im Sudan und eine Rückkehr zu Gesprächen über eine Zivilregierung gefordert. "Wir rufen zu einer sofortigen Einstellung der Gewalt und einer Rückkehr zu Gesprächen auf, die auf eine Zivilregierung ausgerichtet sind", erklärten der britische Außenminister James Cleverly und sein US-Kollege Antony Blinken beim G-7-Außenministertreffen in Japan. Am Montag wollte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York über die Lage beraten.

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