Wohnungsmarkt:SPD für bundesweiten Mietenstopp

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Der soziale Wohnungsbau (hier eine Wohnsiedlung in Berlin) hinkt in Deutschland allen Zielen hinterher. (Foto: Jochen Eckel/Imago)

Bei ihrer Fraktionsklausur wollen sich die Sozialdemokraten mit dem Problem mangelnder Wohnungen und hoher Mieten befassen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Das Thema verfolgt die Sozialdemokraten, quasi schon immer. "Der soziale Wohnungsbau ist zu fördern", so schrieben sie es schon 1959 in ihr Godesberger Programm. "Der Mietzins ist nach sozialen Gesichtspunkten zu beeinflussen." Den Mangel an Wohnraum müsse die Politik "beschleunigt beheben". Mehr als 60 Jahre ist das her, die Lage war 14 Jahre nach Kriegsende noch eine deutlich andere. Aber an dem Problem hat sich nicht viel geändert: Der soziale Wohnungsbau hinkt allen Zielen hinterher, den Mietzins beeinflussen in vielen Fällen vor allem die Gewinninteressen der Vermieter, und Mangel an Wohnraum gibt es auch immer noch. Jedenfalls in den großen Städten.

Diesen Montag tritt die SPD-Fraktion zur Klausur in Wiesbaden zusammen, und eines ihrer Themen, klar, sind die Mieten und der Mangel an Wohnungen. Ein ganzes "Maßnahmenpaket für bezahlbares Wohnen und zukunftsgerechtes Bauen" wollen die Abgeordneten schnüren, der Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. So soll ein "bundesweiter Mietenstopp" dafür sorgen, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete in drei Jahren nur maximal um sechs Prozent steigen darf, bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Bei der Vermietung von möblierten Wohnungen - eine beliebte Möglichkeit, um die geltende Mietpreisbremse zu umgehen - soll der Mietanteil der Möbel gesondert ausgewiesen werden. Und wo alle Anzeichen für Mietwucher vorliegen, soll dessen Nachweis künftig einfacher gelingen.

Auch bei den sogenannten Indexmieten, die mit dem Verbraucherpreisindex steigen können, pocht die SPD-Fraktion auf eine andere Regelung. Sie sollten sich besser an der Entwicklung der Nettokaltmieten orientieren, mindestens aber soll ihr Anstieg sich kappen lassen. "Die bisherige Regelung hat vielfach zu Mietsteigerungen von über zehn Prozent pro Jahr geführt", heißt es in dem Positionspapier.

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Doch wie bei anderen Fragen rund um Mieten beißen die Sozialdemokraten auch hier beim Justizminister bisher auf Granit. FDP-Mann Marco Buschmann lehnt Änderungen an den Indexmieten ab. Das Problem liege nicht im Mangel an Regulierung, sondern von Wohnraum, bekundete er kürzlich. Doch der Ton wird nun rauer. "Der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt werden wir nicht tatenlos zusehen", schreiben die Sozialdemokraten nun in dem Papier. "Wir fordern vom Bundesjustizministerium eine zeitnahe Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen." Das "zeitnah" ist fett geschrieben.

Zumindest was den Mangel an Wohnungen angeht, ist die Analyse aber ähnlich. "Die Inflation schlägt auf die Bau- und Wohnungsmärkte durch und zieht diese weiter in die Krise", sagt Verena Hubertz, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion. Allerdings gebe es "keine einfachen Antworten, sondern wir brauchen ein Bündel von cleveren Maßnahmen". Bauvorschriften und Bürokratie müssten entschlackt werden, Investitionen in Wohnraum sich leichter abschreiben lassen.

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Unter anderem schwebt der Fraktion vor, auch den Erwerb bestehender Immobilien - etwa inmitten kleinerer Kommunen - über die milliardenschwere staatliche Förderung der Gebäudesanierung zu unterstützen. Geplante Mittel für den sozialen Wohnungsbau sollen auf die kommenden zwei Jahre vorgezogen werden. Zuletzt hatten steigende Baupreise und der Mangel an Baufirmen und Handwerkern dafür gesorgt, dass Bauherren ihre Pläne auf Eis legten. Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes nur 111 500 Baugenehmigungen erteilt worden - 30 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Aus Sicht der Immobilienwirtschaft dagegen stehen die beiden Hauptforderungen der Fraktion - mehr Mieterrechte, mehr Wohnungsbau - in einem Widerspruch. "Mit noch mehr Regulierungen wird die letzte Chance auf eine positive Trendwende auf den Immobilienmärkten verspielt", sagt Dirk Wohltorf, Chef des Branchenverbands IVD. "Geht es nach der SPD, wird dem Wohnungsneubau nun vollends der Hahn abgedreht."

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