Gedenken am 9. Mai:Schröder und Chrupalla zu Gast bei Empfang in der russischen Botschaft

Lesezeit: 2 min

Ex-Kanzler Gerhard Schröder (hier eine Archivaufnahme) nahm an einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazideutschland teil. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Der Altkanzler war Teilnehmer einer Veranstaltung, an der auch der AfD-Parteichef und der frühere SED-Politiker Egon Krenz teilnahmen. Grünen-Politikerin Harms spricht von den "deutschen Handlangern Putins".

An einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazideutschland haben einzelne aktive und ehemalige deutsche Politiker teilgenommen, darunter der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und AfD-Chef Tino Chrupalla. Schröder war nach Angaben Chrupallas und anderer Teilnehmer mit seiner Ehefrau So-yeon Schröder-Kim dort, Schröder selbst reagierte auf Anfragen dazu bislang nicht. Zuvor hatte die Berliner Zeitung über den Empfang berichtet. Westliche Botschafter nahmen laut der Zeitung am Empfang aus Protest gegen die russische Invasion in der Ukraine nicht teil - im Gegensatz zu diplomatischen Vertretern der GUS-Staaten, aus Asien, Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und aus China.

Unter den weiteren Teilnehmern waren auch der frühere kurzzeitige DDR-Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, Egon Krenz, und der Linken-Politiker Klaus Ernst. Er sei "trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen, sagte Ernst der Berliner Zeitung. Denn Russland habe "entscheidenden Anteil an der Niederwerfung des Faschismus" gehabt.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Chrupalla sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ja, ich war gemeinsam mit Alexander Gauland, wie sicherlich alle Fraktionsvorsitzenden, zum Empfang in die russische Botschaft eingeladen." Der 9. Mai sei bis vor Kurzem ein Gedenktag gewesen, "an dem deutsche Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien selbstverständlich teilnahmen", sagte der AfD-Politiker. "Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen." Aussöhnung sei gerade an solchen historisch bedeutsamen Tagen wichtig. "Dabei war es mir wichtig, die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart selbstbewusst darzulegen", sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel an der Spitze der Partei und der AfD-Bundestagsfraktion steht.

Das Büro des FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr verneinte, dass dieser eine Einladung zu dem Empfang erhalten habe. Die Bundesregierung wollte sich zur Teilnahme deutscher Politiker an dem Empfang nicht äußern. Man sehe keinen Anlass dies zu kommentieren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Kritik von Grünen und CDU

Für den Empfang in der russischen Botschaft und die Teilnahme von Schröder, Chrupalla und Ernst gibt es viel Kritik. Grünen-Politikerin Rebecca Harms, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, schrieb auf Twitter: "Deutsche Handlanger Putins im russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine: Chrupalla. Ernst. Schröder." Der Jahrestag des Sieges über Nazideutschland diene in diesem Fall "der Rechtfertigung von totalitärer Herrschaft in Russland und von Terror und Krieg", schrieb Harms. Vor dem Wort "Terror" ist in ihrem Tweet eine russische Flagge zu sehen.

Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz äußerte sich ebenfalls auf Twitter. Der Ex-Generalsekretär der CDU kommentierte mit dem Wort "Passt" einen Satz aus dem Bericht der Berliner Zeitung: "Aus der deutschen Politik waren Gerhard Schröder mit seiner Frau So-yeon Schröder-Kim, der frühere SED-Generalsekretär Egon Krenz, Klaus Ernst von der Linkspartei sowie die AfD-Politiker Alexander Gauland und Tino Chrupalla erschienen."

Der russische Botschafter Sergej Netschajew verwies in seiner Rede darauf, dass die "Todesmaschinerie" der Deutschen 27 Millionen Sowjetbürger das Leben gekostet habe. Er beklagte laut Redetext auf der Webseite der Botschaft, es werde "verstärkt versucht, die Geschichte zugunsten der aktuellen politischen Konjunktur zu verdrehen, Opfer und Henker sowie Sieger und Besiegte gleichzusetzen". "Dem Nazismus darf keine einzige Chance aufs Wiederaufleben geben auch nicht als Russophobie", sagte Netschajew demnach.

© SZ/dpa/dta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBerlin
:Showdown vor dem Verwaltungsgericht

Seit Jahrzehnten werden Altkanzlern Büros und Mitarbeiter gestellt, aber für Gerhard Schröder will der Staat nicht mehr zahlen. Jetzt hat er geklagt - und verloren.

Von Georg Ismar

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: