Bundeskanzler Olaf Scholz schwört die Deutschen auf einen massiven Umbau der Wirtschaft und eine Umstellung des Landes auf erneuerbare Energien ein. Den Schwung des ersten Jahres der Ampelregierung wolle man mitnehmen für die "Transformation unserer Wirtschaft", sagte der Kanzler zum Abschluss der Koalitionsklausur in Schloss Meseberg (Brandenburg). "Die Aufgabe, die wir vor uns haben, darf nicht unterschätzt werden", sagte Scholz. Aber es sei bei der Klausur auch klar geworden, "dass das gelingen wird". Ein Ziel sei zum Beispiel, bis zum Jahr 2030 jeden Tag vier bis fünf neue Windräder aufzustellen. "Wir müssen und wir wollen mehr Fortschritt wagen", sagte der Kanzler.
Bei der Abschluss-Pressekonferenz betonten die Koalitionäre einerseits die Größe der Aufgabe, das Land unabhängig zu machen von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas. Andererseits waren sie bemüht, trotz der großen Herausforderungen Zuversicht zu verbreiten. Zuversicht entstehe dadurch, dass man sich ehrgeizige Ziele setze und sich zugleich sicher sei, diese auch erreichen zu können, sagte Scholz. Die Investitionen in grüne Energie schafften viele Arbeitsplätze und sorgten dafür, dass Deutschland in zehn Jahren weiterhin Teil der internationalen Spitze sei.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Koalition schiebe ein "gigantisches Industrie- und Beschäftigungsprogramm" an. Im Jahr 2000 habe der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix in Deutschland noch bei null gelegen, sagte Habeck. Wenn man bedenke, was das Land seitdem schon erreicht habe, dann müsse den Deutschen vor den nächsten Jahrzehnten nicht bange sein.
Weiter Spannungen in der Koalition
Finanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte in diesem Kontext ein Zukunftsfinanzierungsgesetz an, das private Zukunftsinvestitionen erleichtern soll. Der entsprechende Entwurf werde in diesen Tagen fertiggestellt und solle in Kürze mit den anderen Ministerien abgestimmt werden, kündigte Lindner an.
Auf die Frage, ob bei der Klausur auch Streitthemen ausgeräumt worden seien, sagte Scholz, verschiedene Themen seien informell besprochen worden und es habe dabei auch Fortschritte gegeben. Insgesamt sei es im Kabinett zu einem "fühlbaren Unterhaken" gekommen. Umstritten war zuletzt etwa ein Plan Habecks für ein Verbot neuer Gas- und Ölheizungen. Die FDP hatte Widerstand dagegen angekündigt. Spannungen gibt es auch wegen des Bundeshaushalts für das Jahr 2024. Man habe in Meseberg "keine Haushaltsgespräche" geführt, sagte Lindner. Allerdings sei die erste Gesprächsrunde mit den Kabinettsmitgliedern bereits abgeschlossen, und er werde demnächst einen ersten Haushaltsentwurf vorlegen.
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Ferner hatte die Koalition in Brüssel für Verärgerung gesorgt, weil sie den bisherigen Plan der EU für ein Aus von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 infrage gestellt hatte. Dies ging auf Bedenken der FDP zurück, aus deren Sicht die EU-Kommission keine tragbaren Vorschläge vorgelegt hatte für einen Weiterbetrieb von Verbrennern mit klimafreundlichen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels. Die Bundesregierung sei sich in dieser Frage einig, betonte Scholz am Montag nach Abschluss der Klausur: Die EU-Kommission solle einen Vorschlag für den Einsatz von E-Fuels nach 2035 machen. Lindner forderte von der Kommission Rechtssicherheit für diese Technologie. "Wenn die hergestellt ist, geht das alles weiter seinen Weg." Kein Technologiepfad dürfe verschlossen werden.