Mobilitätswende:Größe hat ihren Preis

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Von der Bürgermeisterin nicht gern gesehen: SUV vor dem Arc de Triomphe in Paris. (Foto: Michel Euler/AP)

Die Stadt Paris will die Parkgebühren für SUV-Fahrer auf bis zu 18 Euro pro Stunde erhöhen. Am Sonntag stimmen die Bürger über diese Pläne ab.

Von Oliver Meiler, Paris

Paris war in seiner langen und gloriosen Geschichte ja schon oft kulturelle Avantgarde, Trendsetter, Modemacher im Wortsinn. Einmal war es der Welt sogar Licht: ein heller Strahl der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Nun, an diesem Sonntag, ist der Gestus etwas kleiner, aber vielleicht nicht minder wegweisend. Die Pariserinnen und Pariser sind aufgerufen, über den Umgang mit den SUVs abzustimmen, diesen großen und ganz offensichtlich immer populäreren Autos mit hohem Fahrersitz, die seit einigen Jahren auch durch die Großstädte pflügen, als müsste man hinter jeder Straßenecke einen Canyon fürchten, eine Prärie, etwas für den Vierradantrieb.

Anne Hidalgo, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, will die Fahrer von solchen "Sport Utility Vehicles" bestrafen für ihren protzigen, irgendwie übergriffigen, zuweilen gefährlichen und vor allem verpestenden Auftritt in ihrer Stadt. Sagen die Pariser mehrheitlich Ja zum Vorhaben, und das ist sehr wahrscheinlich, dann bezahlen Besitzer von SUVs in Zukunft fürs Parken in Paris dreimal so viel wie bisher.

Seit einigen Jahren baut die Stadt die Mobilität radikal um

In den zentralen Stadtbezirken, den Arrondissements 1 bis 11 also, würde die Stunde neu 18 Euro kosten, in den weniger zentralen Vierteln, vom 12. bis zum 20. Arrondissement, wo sie jetzt vier Euro kostet, wären es dann zwölf Euro. Ausgenommen sind die Bewohner der Stadt, die bereits über Parkbewilligungen in ihrer Straße verfügen - aber nur genau dort. Die Gebührenerhöhung bringe etwa 35 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr, sagt Hidalgo.

Treffen würde die Neuerung vor allem die, die von außen kommen - natürlich auch die autofahrenden Touristen aus dem Ausland. Ein Nachmittag in Paris wird dann schnell sehr teuer. Da steigt man wohl noch eher auf öffentliche Verkehrsmittel um. Und das ist das Ziel von allem, was diese Stadtverwaltung seit einigen Jahren gegen viele Widerstände in der Verkehrspolitik durchsetzt. Keine europäische Kapitale baut ihre Mobilität radikaler um als Paris: mit immer neuen Radwegen, neuen Metrolinien, neuen Fußgängerzonen. Fahrspuren für Autos fallen weg, auch Parkplätze. Das Auto wird zum Jagdobjekt.

Betroffen sind Verbrenner ab 1,6 Tonnen und Elektroautos ab zwei Tonnen Gewicht

Da es keine technisch einheitliche Definition dafür gibt, was ein SUV ist, hat Hidalgo eigene Kriterien aufgestellt. Entscheidend ist das Gewicht. Für Benziner, Dieselautos und Hybride gilt als Richtmaß alles über 1,6 Tonnen, für elektrische Autos ab zwei Tonnen. Es geht eben nicht nur um den Ausstoß von Treibhausgasen, sondern auch um den Raum, den die großen Autos einnehmen.

Mit solchen Plakaten informiert die Stadt über die Bürgerbefragung an diesem Sonntag. (Foto: Michael Evers/dpa)

Pierre Chasseray, der Präsident der Vereinigung "40 Millions d'automobilistes", hält die Abstimmung für eine "Gaunerei": Sie sei mit dem Motto "Mehr oder weniger SUVs?" so aufgelegt, dass nur die abstimmen würden, die keinen SUV besäßen. Viele werden es wohl ohnehin nicht sein. Als die Pariser vor einem Jahr für eine Verbannung der wilden Verleihdienste von E-Scootern votierten, gingen 7,46 Prozent der Stimmberechtigten zu den Wahllokalen. Aber die stimmten massiv dafür.

Die Kampagne gegen das Auto wirkt. Immer mehr Pariser fahren Rad. Ein wahrer Kulturwandel ist das, ein Wink an die Welt.

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