Unmittelbar vor der Sitzung des Bundesrates am Freitag, in der auch das geplante Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr auf der Tagesordnung steht, fordern die Linken aus den vier Bundesländern, in denen sie mitregieren, dieses Geld stattdessen in die Energiewende zu investieren. In einem gemeinsamen Positionspapier, das an diesem Donnerstag veröffentlicht wird und der Süddeutschen Zeitung vorab vorlag, schlagen die führenden Regierungsvertreter der Linken aus Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bremen unter dem Titel "Energiewende für alle" ein Sondervermögen "für Energiesicherheit, Energiesouveränität und ökologische Transformation" vor.
Zu den Unterzeichnern des Papiers gehören der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow, Mecklenburg-Vorpommerns stellvertretende Ministerpräsidentin Simone Oldenburg, der Berliner Bürgermeister und Kultursenator Klaus Lederer und die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt. "Das hat es bisher noch nie gegeben", sagte Ramelow der SZ zu dem gemeinsamen Vorstoß, der nicht innerhalb der jeweiligen Koalitionsregierungen abgestimmt worden ist. Er habe das Papier seinem Kabinett präsentiert, dort sei es von den Koalitionspartnern zu Kenntnis genommen worden, sagte Ramelow. Auch Vogt hat den gemeinsamen Vorstoß nach eigenen Worten im Bremer Senat zur Sprache gebracht.
"Die Energieversorgung wird eine neue gesellschaftliche Herausforderung", sagte Ramelow. Damit die Energiewende angesichts der massiv gestiegenen Gaspreise auch für die Bezieher kleinerer Einkommen bezahlbar sei, brauche es dafür ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro.
Sie wollen eine Gaspreisdeckelung und Grundversorgung mit Bus und Bahn
Zu den Kernvorhaben, die mit diesem Geld finanziert werden sollen, gehört eine "vorübergehende Gaspreisdeckelung" auf dem Preisniveau von 2021 und eine Verdoppelung der Mittel für den öffentlichen Nahverkehr, verbunden mit einer "Mobilitätsgarantie" für alle, also einer Grundversorgung mit ÖPNV-Angeboten auch im ländlichen Raum. Das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr bedeute laut dem Papier eine "Spirale der Aufrüstung". "Die vier Bundesländer mit linker Regierungsbeteiligung lehnen dieses Sondervermögen daher ab", heißt es, obwohl bislang ja nur der Linken-Teil der jeweiligen Regierungen diese Position vertritt.
Der Grund für den gemeinsamen Vorstoß aus den vier Ländern, den Ramelow als "ersten Anpfiff für ein längeres Spiel" bezeichnete, ist allerdings nicht nur inhaltlicher Natur. Die in den Ländern mitregierenden Linken wollen ihre bei der Bundestagswahl nur mit großer Not wieder ins Parlament gelangte Partei zum einen wieder politisch sichtbarer machen. "Wir wollen erkennbar sein", sagte Ramelow.
Zum anderen wollen die Regierungslinken damit aber auch Einfluss auf die Diskussionen innerhalb der Partei nehmen. Dabei geht es nicht nur um den Ukraine-Krieg und die Putin-Versteher in den eigenen Reihen, sondern auch um die künftige Rolle der Bundeswehr. "Ich bin ganz klar für eine gut ausgerüstete Bundeswehr", sagte Ramelow trotz der Ablehnung des Sondervermögens. Von der Partei erwarte er, dass sie "die Rolle derjenigen anerkennt, die in Regierungsverantwortung stehen".