Nahostkonflikt:"Wie kein anderer in dieser Bundesregierung"

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"Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren": Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat Teile der Linken scharf kritisiert. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Vizekanzler Habeck findet klare Worte zum Nahostkonflikt und zum grassierenden Antisemitismus in Deutschland. Dafür bekommt er viel Lob.

Von Oliver Klasen und Philipp Saul, München/Berlin

Der Zentralrat der Juden in Deutschland lobt Habeck. Roderich Kiesewetter, Karin Prien, Armin Laschet (alle drei CDU) loben Habeck. Sogar die Bild-Zeitung lobt Habeck. Das liegt an zwei Auftritten Habecks an Allerheiligen: in einem Video, das sein Büro am Abend auf die Plattform X hochlud, und in der ZDF-Sendung von Markus Lanz, die wenige Stunden später ausgestrahlt wurde. Bei beiden Gelegenheiten äußert sich Habeck zu einem Thema, das im engeren Sinne nicht in seinem Geschäftsbereich als Wirtschaftsminister liegt. Er versucht, die deutsche Verantwortung gegenüber Israel verständlich zu machen. Er spricht mit Nachdruck und Emotion. Er wolle, so formuliert es Habeck, die seiner Ansicht nach verrutschte Debatte ein wenig ordnen.

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Sein Ziel in beiden Auftritten: Dem "Ja, aber" entgegenzutreten, also den auch in der deutschen Öffentlichkeit um sich greifenden Relativierungen der Unterstützung Israels und der Aufrechnung der Gräueltaten der Hamas mit den Opfern, die der Militäreinsatz im Gazastreifen zur Folge hat.

Natürlich müsse Israel die Zivilbevölkerung dort schonen, sagt Habeck in dem auf X geposteten Video - und dreht dann die Perspektive um. "Wer würde eine solche Erwartung je an die Hamas formulieren?", fragt er. Diese habe bestialisch gemordet, werde aber als Freiheitsbewegung gefeiert, so Habeck. "Das ist eine Verkehrung der Tatsachen, die wir nicht stehen lassen können." Die Hamas wolle nicht die Aussöhnung mit Israel, sondern die Auslöschung Israels.

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Der von vielen Politikern in Deutschland immer wieder bemühte Satz, "Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson", sei keine Leerformel, sondern "ein historisches Fundament" der Bundesrepublik, erklärt Habeck in dem Video. Bei Lanz ergänzt er: "Wenn das nicht ein Pappschild ist, das wir vor uns hertragen, und das hoffe ich, war es nie, dann muss man sich vorher überlegt haben, was man da sagt."

Selbst die Union findet diesmal nur gute Worte für Habeck

Das X-Video wird millionenfach angesehen, auch der Lanz-Auftritt wird im Netz häufig geteilt. Habeck, so heißt es nach den Auftritten, habe gesprochen wie ein Kanzler. Ein solch ausgewogenes Statement, das auch die berechtigten Belange der Palästinenser erwähne, sagt Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, bei RTL, "habe ich in dieser Form in den letzten Wochen nicht gesehen". Habecks Äußerungen seien in Format und Stil eine "Ausnahme".

Auch aus der Union kommt Lob: Was Habeck sage, sei die "erforderliche, argumentativ stark und gut begründete innen- und außenpolitische Haltung Deutschlands", sagt der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Nach Ansicht von CDU-Vize Karin Prien trifft Habeck den richtigen Ton "wie kein anderer in dieser Bundesregierung".

Inhaltlich sind die Aussagen des Vizekanzlers weder neu noch revolutionär. Immer wieder haben sich Mitglieder der Ampelkoalition, auch Kanzler Olaf Scholz, ähnlich geäußert. Doch selten hat es so viel Wirkung entfaltet wie jetzt bei Habeck.

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Neben Deutschlands Position zu Israel treibt den Vizekanzler der Antisemitismus in Deutschland um. Dieser sei "in keiner Gestalt zu tolerieren". Israelische Flaggen zu verbrennen sei eine Straftat, Hamas-Taten anzupreisen auch, beides verlange "eine harte politische Antwort". Diese müsse auch von muslimischen Verbänden kommen. Einige hätten sich klar von der Hamas distanziert. "Aber nicht alle, manche zu zögerlich, und ich finde, insgesamt zu wenige."

Der Verweis auf den islamistischen Antisemitismus dürfe aber nicht verdecken, dass es einen in Deutschland verfestigten Antisemitismus gebe, sowohl von rechts als auch von links. Gerade der Antisemitismus in Teilen der Linken erfülle ihn mit Bestürzung. Der Tod und das Leid, das über die Menschen im Gazastreifen komme, seien furchtbar. Systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden könne damit jedoch niemals legitimiert werden - weder in Israel noch in Deutschland.

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