Baden-Württemberg:Aiwangers Fans und noch mehr

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Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der Partei Freie Wähler, beim Bundesparteitag Mitte Februar in Bitburg. (Foto: Harald Tittel/dpa)

Im politisch ohnehin bemerkenswerten Pforzheim fragt man sich gerade: Wer sind die Freien Wähler, und wenn ja, wie viele?

Von Roland Muschel, Stuttgart

Das badische Pforzheim kann sich einer Reihe selbstbewusster Politiker rühmen. Unvergessen etwa der Pforzheimer CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Mappus, ein leidlicher Franz-Josef-Strauß-Imitator, der es mit seiner Robustheit ("Mir ist der Fehdehandschuh hingeworfen worden, ich nehme ihn auf") kurzzeitig bis zum Ministerpräsidenten brachte. Oder der frühere Betriebsratschef von Porsche, Uwe Hueck, der 2019 überraschend in die Pforzheimer Kommunalpolitik wechselte. Und dabei das Ziel ausgab, die Stadt müsse so schön werden, dass selbst New Yorker lieber in Pforzheim leben wollen als in: New York.

Nun erinnert Pforzheim zwar weiter sehr an Pforzheim. Dafür macht die Stadt aktuell mit einer kuriosen Konstellation von sich reden, für die der Bundeschef der Partei Freie Wähler, Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, nicht verantwortlich, aber ursächlich ist. Freie Wähler sind in Baden-Württemberg nämlich nicht gleich Freie Wähler. Es gibt zwei Gruppierungen gleichen Namens, die formal nichts miteinander zu tun haben. Da sind die Traditionalisten, die größten Wert auf ihre Parteiunabhängigkeit legen und ihren Wirkungskreis auf das Kommunale beschränken. Mit diesem Kurs gewannen die traditionellen Freie-Wähler-Listen bei den Kommunalwahlen 2019 landesweit die meisten Stimmen, vor der CDU.

Und dann sind da noch die Aiwanger-Fans, die die europa-, bundes- und landespolitischen Ambitionen der Partei Freie Wähler teilen. Zu Letzteren gehört Michael Schwarz. Der Pforzheimer Lokalpolitiker sitzt bislang für die traditionelle Freie-Wähler-Liste im Gemeinderat. Bei den Kommunalwahlen im Juni tritt er nun aber mit einer Partei-Liste an, und das soll erst der Anfang sein. Aus seiner Sicht, das hat Schwarz Ende 2023 der Pforzheimer Zeitung gesagt, müsste die Aiwanger-Partei nach und nach in jeder baden-württembergischen Großstadt antreten. Ambitionen hat also auch er.

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Zunächst führt die Abspaltung in Pforzheim aber zu einer Diversität, die Aiwanger ("Gender-Gaga") eher nicht gefallen kann. Denn auch die klassischen, parteifernen Freien Wähler treten wieder mit einer Liste an. Zudem förderte die Spaltung weitere Strömungen innerhalb des Freie-Wähler-Spektrums zutage: Eine ehemalige Bundestagskandidatin der Aiwanger-Partei wirbt mit der "Frauenliste Pforzheim" um Stimmen, und ein bisheriger Ortschaftsrat der traditionellen Freien Wähler mit der Liste "Gemeinsam für Pforzheim". Wer da den Durchblick behalten will, nähert sich dem Wirrwarr am besten mit einer polit-philosophischen Frage: Wer sind die Freien Wähler, und wenn ja, wie viele?

Zu mehr Klarheit trägt das Lager der Aiwanger-Fans nur bedingt bei. Die Landesspitze der Freie-Wähler-Partei will sich nämlich auf die große Politik konzentrieren und vor Ort eine friedliche Koexistenz mit den parteiunabhängigen Freie-Wähler-Listen praktizieren. Sie wollte daher nicht, dass Schwarz mit einer Partei-Liste zur Kommunalwahl antritt, was den Parteirebellen aber nicht anficht. So kämpfen nun vier Strömungen um die Erbmasse der Freien Wähler Pforzheim, die 2019 knapp sieben Prozent der Stimmen und drei Sitze im Gemeinderat gewannen.

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