Landtagswahlen:Zittern und Enttäuschung bei der FDP

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Das war's dann wohl: Martin Hagen, Landesvorsitzender der FDP in Bayern, tritt nach einem für seine Partei enttäuschenden Ergebnis bei einer Wahlparty in München auf. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

In Bayern fliegen die Liberalen aus dem Landtag, in Hessen ist es knapp. Das Klima unter den Koalitionspartnern in Berlin dürfte nach diesem Abend kaum besser werden.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Wahlabende waren für die FDP seit dem Eintritt in die Ampelkoalition zumeist freudlose Veranstaltungen. In Bremen zogen die Liberalen zwar zuletzt knapp wieder in die Bürgerschaft ein. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mussten sie aber zuvor heftige Verluste hinnehmen und wurden in beiden Bundesländern von den Grünen als Koalitionspartner der CDU abgelöst. Schlimmer kam es noch in Berlin und Niedersachsen, wo sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten und aus den Landtagen flogen; im Saarland blieben sie ebenfalls weiter außen vor.

In Bayern mussten die Freien Demokraten seit Wochen damit rechnen, künftig im Maximilianeum nicht mehr vertreten zu sein. In Hessen konnten sie nach den letzten Umfragen zumindest mit fünf bis sechs Prozent rechnen - in Niedersachsen hatten damals ähnliche Umfragewerte am Wahlabend dann doch nicht für den Wiedereinzug in den Landtag gereicht. Vielleicht hatte die Partei deswegen den Wahlabend im Hans-Dietrich-Genscher-Haus abgesagt, dem Sitz der Bundesgeschäftsstelle in Berlin.

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Vor die Kameras trat hier am Abend nur Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Die Werte der Prognose für Bayern mit zum Zeitpunkt der frühen Hochrechnungen drei Prozent nannte er "enttäuschend"; schon 2018 hatte es mit 5,1 Prozent nur äußerst knapp gereicht. In Hessen bleibe es "spannend". Da sahen die Prognosen die Liberalen zu diesem Zeitpunkt bei 5,0 Prozent. In Wiesbaden dürfte es ein langer Abend werden für die Partei - in Berlin wartete man den Ausgang erst gar nicht ab. Man werde in den Parteigremien das Ergebnis analysieren. Man werde auch in der Koalition die Ergebnisse analysieren und besprechen, sagte Djir-Sarai, der in seiner Stellungnahme ebenso viel Zeit auf die Lage in Israel verwendete wie auf die Landtagswahlen. Zwei Minuten, keine Fragen - die FDP gibt sich wortkarg.

Hadern mit der Ampel im Bund

Die hessische FDP-Chefin, Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, führte das schwache Abschneiden ihrer Partei auch auf die Ampelkoalition im Bund zurück. "Wir sehen natürlich, dass das Regierungshandeln aus Berlin auch auf die Landtagswahlen sich niederschlägt", sagte sie. "Alle drei Koalitionsparteien haben Einbußen hier in Hessen hinnehmen müssen" - für die Liberalen allerdings haben diese Verluste einmal mehr die weitreichendsten Folgen. Der bayerische Spitzenkandidat Martin Hagen sagte, es sei den Liberalen nicht gelungen, "in aufgeheizten und polarisierten Zeiten mit unserer Botschaft bei den Wählern durchzudringen".

Schon länger hadern bei den Liberalen viele mit der Berliner Ampelkoalition. Zwar versuchen die Liberalen, ihr Profil innerhalb der Bundesregierung zu schärfen. Vor allem mit dem grünen Koalitionspartner liegen sie regelmäßig im Clinch, der gut wahrnehmbar öffentlich ausgetragen wird. Offenkundig aber verfängt die Botschaft nicht, man habe etwa das Heizungsgesetz des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck vom Kopf auf die Füße gestellt.

In der Berliner Runde der ARD räumte Djir-Sarai zwar ein, dass die schlechte Stimmung im Bund für die Niederlagen wesentlich war. Er habe zwei engagierte Landesverbände erlebt, es habe nicht an den Umständen vor Ort oder den landespolitischen Themen gelegen. Darüber müsse man in der Ampel reden, bekräftigte er und nannte vor allem das Thema Migration. Die Koalition müsse sich überlegen, was sie gemeinsam erreichen könne und "ob wir überhaupt in der Lage sind, diese Ziele zu erreichen". Die auf der Hand liegende Frage, ob die Taktik der FDP aufgehe, sich vor allem am grünen Koalitionspartner zu reiben, ließ er unbeantwortet.

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Einige prominente Politiker schreiben Geschichte - mit schlechten Ergebnissen. Markus Söder schafft es wieder nicht über 40 Prozent, Bundesinnenministerin Nancy Faeser erlebt ein Debakel. Und es bestätigt sich ein Trend nach rechts, der die Ampelkoalition vor eine schwierige Aufgabe stellt.

Von Nicolas Richter

Parteichef Lindner ist bislang unangefochten

Führende Liberale bis hin zu Parteichef Christian Lindner verteidigen die Zusammenarbeit in der Regierung dennoch ungebrochen. Die FDP sei aus staatspolitischer Verantwortung in diese Koalition eingetreten, argumentiert der FDP-Chef - die Union sei wegen des Streits zwischen dem Kanzlerkandidaten Armin Laschet und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder nach ihrer Wahlniederlage nicht regierungsfähig gewesen. Zwar hätten die Parteien sehr unterschiedliche Positionen, im Ergebnis gelinge es der Bundesregierung aber, gute Lösungen zu erzielen.

Bislang hat unter den führenden Köpfen der Partei niemand die Ampelkoalition infrage gestellt - ein Austritt aus dem ungeliebten Bündnis könnte den Liberalen sehr schaden, lautet eine Befürchtung. Selbst der Wiedereinzug in den Bundestag wäre bei möglichen Neuwahlen nicht sicher. Lindner macht die klare Ansage, abgerechnet werde nach der nächsten Bundestagswahl. Dann stimmten die Wähler über den von ihm verantworteten Kurs ab.

Nur noch in neun oder zehn Landesparlamenten

Bei den verlorenen Wahlen in den Ländern verwies die Parteispitze auf Bundesebene denn auch gerne auf spezifische Faktoren dort - auch wenn die Liberalen mit bundespolitischen Themen Wahlkampf machten. Künftig werden sie nur noch in zehn von 16 Parlamenten vertreten sein, wenn sie in Hessen scheitern, nur noch in neun. Ob die Parteispitze ihren unbeirrten Kurs so einfach fortführen kann, muss sich erst zeigen.

Lindners Autorität allerdings stellt in der Partei niemand infrage, der ihm gefährlich werden könnte. Personaldebatten will die Parteiführung möglichst vermeiden. Lebendig ist noch die Erinnerung an die Krise und die Selbstzerfleischung nach dem Rücktritt von Guido Westerwelle als Parteichef - die FDP flog aus dem Bundestag. Zudem ist Lindner das mit Abstand wichtigste Zugpferd der Partei. Bei den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr rechnet sich die Partei ohnehin kaum etwas aus - und dann steht nach der Europawahl schon die nächste Bundestagswahl an.

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