Mehrere Umweltorganisationen kritisieren die EU-Einstufung von Gas und Atomkraft als klimafreundlich. Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der World Wide Fund For Nature (WWF) haben zusammen mit anderen Gruppen Klagen gegen die EU-Kommission eingereicht, wie die Verbände mitteilten. Sie werfen der Kommission "Greenwashing" vor, also dass etwas als klimafreundlich gekennzeichnet wird, obwohl es das vielleicht gar nicht ist. Am Dienstag wollten die Gruppen vor dem Europäischen Gerichtshof mit Bannern gegen die Klimapolitik der EU protestieren.
Die Klagen der Organisationen richten sich gegen die EU-Taxonomie, eine Liste von Investitionen, die in Europa als nachhaltig bezeichnet und vermarktet werden können. Das Europäische Parlament hatte im Juli den Weg für das umstrittene Öko-Label freigemacht. Die Taxonomie soll Investoren und Banken einen Leitfaden geben, welche Technik als nachhaltig einzustufen ist. Sie hat für die Finanzbranche eine große Bedeutung, da immer mehr Investoren nur in grüne Technologien einsteigen wollen.
Das Label löste Diskussionen aus, da beim Verbrennen von Gas klimaschädliches CO₂ ausgestoßen wird und bei der Nutzung von Atomenergie radioaktiver Müll entsteht.
"Die EU-Kommission darf nicht das Problem als Lösung verkleiden. Atom und Gas können nicht nachhaltig sein", sagte die Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland, Nina Treu. Während Greenpeace gegen das grüne Label für Atom und Gas vorgehen will, richtet sich die Klage anderer Gruppen speziell gegen die Einstufung von Gas. "Mit der Entscheidung, fossiles Erdgas als klimafreundlich zu klassifizieren, hat sich die EU-Kommission sowohl faktisch als auch rechtlich auf sehr dünnes Eis begeben", sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.
Mit einem Urteil ist nicht vor 2025 zu rechnen
Österreich und Luxemburg klagen ebenfalls gegen die EU-Taxonomie. Auch andere EU-Staaten standen dem Vorhaben kritisch gegenüber. Im vergangenen Jahr wurde bereits entschieden, unter anderem die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Zudem wurden Kriterien für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche festgelegt. Unter dem Druck einiger Mitgliedstaaten schlug die für Gesetzesvorschläge zuständige EU-Kommission dann Ende vergangenes Jahr vor, dass auch Geldanlagen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich gelten sollen.
Eine entscheidende Rolle spielte dabei Frankreich, das in der Atomkraft eine Schlüsseltechnologie für eine CO₂-freie Wirtschaft sieht und die Technik gerne auch weiter in andere Länder exportieren will. Deutschland setzte sich im Gegenzug für ein grünes Label für Gas als Übergangstechnologie ein.
Nun muss das Gericht der EU darüber entscheiden, ob die Einstufung für Atomkraft und Gas als klimafreundlich gerechtfertigt ist. Die mündliche Verhandlung wird für das kommende Jahr erwartet. Mit einem Urteil ist allerdings nicht vor dem Jahr 2025 zu rechnen.