Krieg in der Ukraine:EU verschärft Beschränkungen für ukrainische Importe

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Mit Traktoren und Plakaten protestieren polnische Bauern seit vielen Wochen gegen Agrarimporte aus der Ukraine, wie hier im März nahe Warschau. (Foto: WOJTEK RADWANSKI/AFP)

Die zollfreie Einfuhr von Agrarprodukten aus der Ukraine wird strenger gedeckelt als bisher. Was die Bauern in EU-Ländern wie Polen entlasten soll, dürfte der ukrainischen Wirtschaft schaden.

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sprach seinen Verdruss offen aus, als er neulich in Brüssel vor die Kameras trat. Die Verteidigung der Ukraine finde auch darüber statt, "dass man sich an Putinscher Propaganda nicht beteiligt", sagte der Grüne. Denn das Problem sinkender Getreidepreise in der EU liege nicht an den Einfuhren aus der Ukraine, anders als von einigen seiner Ressortkollegen behauptet.

Da wusste er bereits, dass er sich dennoch an neuen Zugeständnissen würde beteiligen müssen. An Zugeständnissen an wütende Bauern vor allem in Polen, damit sich die EU-Staaten überhaupt darauf einigen können, die zollfreie Einfuhr von ukrainischen Agrarprodukten zu verlängern.

Gut zwei Wochen nach diesem denkwürdigen Agrarministertreffen haben sich Unterhändler der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments am Montag tatsächlich verständigt. Erzeugnisse wie Zucker, Mais und Geflügel aus dem angegriffenen Land dürfen auch nach Anfang Juni für ein weiteres Jahr ohne Zoll in die EU gelangen. Dabei setzten sich jene Länder und Parlamentarier durch, die diese Einfuhren eng begrenzen wollen. Für bestimmte Produkte gilt künftig eine Höchstmenge pro Jahr. Wenn die erreicht ist, werden wieder Zölle fällig, so wie vor Russlands Überfall auf die Ukraine. Die Kontingente richten sich danach, wie hoch der Import der jeweiligen Waren im Jahresdurchschnitt zwischen Juli 2021 und Dezember 2023 gewesen ist.

Die Ukraine verliert nun Geld, um sich gegen Russlands Angriffskrieg zu verteidigen

Mehrere Länder - am lautesten Ungarn, Polen und Frankreich - hatten darauf gedrängt, den Referenzzeitraum auf 2021 zu erweitern, auf die Zeit vor dem Krieg, als noch weit weniger Agrarprodukte aus der Ukraine importiert wurden. Damit liegt die Obergrenze für Geflügel, Eier, Zucker, Hafer, Mais, Grütze und Honig künftig wesentlich niedriger als es die EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Weizen bleibt außen vor. Die Botschafter der Mitgliedstaaten segneten den Kompromiss am Abend ab. Jetzt fehlt noch die Zustimmung des Parlaments.

Die Quoten dürften die Ukraine viel Geld kosten, das sie im Angesicht des Krieges dringend benötigt: Der Staat ist auf die Steuereinnahmen aus dem riesigen Agrarsektor angewiesen. Neben Finanzhilfen und Waffenlieferungen war es ein weiterer Akt der Solidarität, als die EU nach Kriegsbeginn im Frühjahr 2022 sämtliche Zölle auf ukrainische Agrarerzeugnisse aussetzte. Während Russland die ukrainischen Schwarzmeerhäfen in der ersten Phase des Krieges blockierte, konnten die Waren stattdessen auf dem Landweg in die EU gelangen.

Von dort, so der Plan der EU-Kommission, würden sie weiterverkauft auf dem Weltmarkt. Das gelang im Lauf des vergangenen Jahres auch besser. Dennoch blieben große Mengen Mais und Weizen in Silos in Polen, der Slowakei oder Rumänien hängen. Die Wut der Bauern dort wuchs, nicht zuletzt auch wegen der Klimapolitik der EU. Und sie entlud sich wiederholt, als etwa in Polen in den vergangenen Monaten zehntausende Landwirte auf die Straße gingen. Sie blockierten Grenzübergänge, sie stoppten Züge und entluden die Körner aus den Waggons auf die Gleise, sie zwangen die neue, proeuropäische Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk zu handeln.

Es ist ein Balanceakt: Einerseits unterstützt gerade Polen die Ukraine kompromisslos. Andererseits will es nicht wegen der Verwerfungen auf dem Agrarmarkt - die sie anders als Özdemir für belegt hält - die Unterstützung seiner Bevölkerung riskieren.

Unter EU-Diplomaten kursieren Beispielrechnungen, wonach die neuen Importquoten Kiew bis zu 330 Millionen Euro jährlich kosten könnten. Das ist eine grobe Schätzung, denn die Zahl hängt von der Preisentwicklung, den tatsächlichen Einfuhren und den Kapazitäten der Schwarzmeerhäfen ab.

Bereits 2023 hatten Polen, Ungarn und die Slowakei eigenmächtig Importe aus der Ukraine blockiert, was nach EU-Recht illegal ist, aber bis heute Bestand hat. Sie erlauben nur Transitverkehr. Die Kommission ließ die Länder gewähren, erlaubte den Importstopp zwischenzeitlich und sagte ihnen gar finanzielle Unterstützung zu, um die Lage nicht zu eskalieren. Dass die jetzt erzielte Einigung den mitteleuropäischen Bauern ausreicht, daran glauben in Brüssel nur wenige.

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