Asien:Scharfe Kritik an Macrons China-Aussagen

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Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chinesischen Staats- und Regierungschef Xi in Peking. (Foto: Ng Han Guan/dpa)

"Von allen guten Geistern verlassen": Nicht nur konservative Außenpolitiker ärgern sich über den französischen Präsidenten. Der hatte nach einem Besuch in Peking gesagt, in der Taiwan-Frage solle Europa kein Mitläufer der USA sein.

Der Forderung des französischen Präsidenten nach einer unabhängigeren Rolle Europas gegenüber den USA und China stößt bei einigen deutschen Politikern auf scharfe Kritik. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schrieb auf Twitter, Emmanuel Macron habe es geschafft, aus seiner Peking-Reise einen PR-Coup für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und ein außenpolitisches Desaster für Europa zu machen.

Macron scheine "von allen guten Geistern verlassen" zu sein, sagte Röttgen der Bild-Zeitung. Ein Angriff auf Taiwan werde wahrscheinlicher, je mehr Xi glaube, Europa bleibe in einem solchen Konflikt neutral. "Wir sind aber nicht neutral", sagte Röttgen. Möglicherweise stünden hinter Macrons Gebaren wirtschaftliche Interessen französischer Unternehmen.

Auch der Partei- und Fraktionsvorsitzende der europäischen Konservativen, Manfred Weber (CSU), übte Kritik: "Wer für Freiheit und Demokratie eintritt, ist kein Mitläufer." Ohne eine abgestimmte China-Politik schwäche sich die EU - und ihre Mitgliedsstaaten machten sich unglaubwürdig, "wenn man einerseits Souveränität für Europa einfordert und dann jeden Wirtschaftsdeal mit China abschließt, den man kriegen kann", sagte der EVP-Chef den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

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Von Lea Sahay

Macron hatte in Gesprächen mit der Zeitung Les Echos und dem Magazin Politico eine eigene europäische Strategie in der Taiwan-Frage gefordert. "Das Schlimmste wäre zu denken, dass wir Europäer bei diesem Thema zu Mitläufern werden und entweder dem amerikanischen Duktus oder einer chinesischen Überreaktion folgen müssen", war er zitiert worden. Europa sollte nicht zur Eskalation des Konflikts beitragen, sondern seine eigene Position verfolgen als dritter Pol zwischen den USA und China. Macron war zuvor in China gewesen und hatte dort auch Xi getroffen. China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als sein Territorium.

Senator Rubio stellt das Engagement der USA in der Ukraine infrage

Der US-Senator Marco Rubio veröffentlichte daraufhin ein Video auf Twitter, in dem er sagte: Wenn Europa sich in der Taiwan-Frage nicht auf die Seite Chinas oder der USA stelle, dann sollten sich die USA im Ukraine-Konflikt vielleicht auch nicht auf eine Seite stellen.

"Es ist ein schwerer Fehler, sich als Westen ausgerechnet im Umgang mit Peking spalten zu lassen", sagte der SPD-Außenpolitiker Metin Hakverdi dem Tagesspiegel. "Das schwächt unsere westliche Wertegemeinschaft." Falls Macron sich von den USA distanzieren wolle, "um sich der Regierung in Peking anzudienen, so hat das keinerlei Aussicht auf Erfolg. Es ist zum Scheitern verurteilt", sagte der SPD-Politiker, der im Europaausschuss Berichterstatter für die USA und China ist. Die "bittere Lehre" des russischen Angriffs auf die Ukraine sei: "Wir brauchen einen kritischen Umgang mit autoritären Staaten, so auch mit China, keine naive Liebesdienerei."

Am Samstag hatte die Volksrepublik China als Reaktion auf einen USA-Besuch der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen eine Militärübung rings um die Insel begonnen. Der Status Taiwans ist einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen den USA und China. Beobachter schließen nicht aus, dass China schon bald Maßnahmen ergreift, um sich Taiwan einzuverleiben.

Ein Sprecher der französischen Botschaft in Washington sagte, Macrons Äußerungen seien überinterpretiert worden. "Die USA sind unsere Verbündeten, mit denen wir unsere Werte teilen", fügte er hinzu. Verhaltene Zustimmung zu Macrons Vorstoß kam vom Linken-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch. "Strategische Unabhängigkeit Europas ist ein erstrebenswertes Ziel, wenn es verbunden wird mit der Zielsetzung, DIE Friedensmacht der Welt zu werden", sagte Bartsch dem Tagesspiegel.

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