CDU/CSU:Sich schlagen, sich vertragen

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Der bayerische Finanzminister Markus Söder gratuliert Horst Seehofer (links) zu seiner Wiederwahl zum CSU-Vorsitzenden. Foto: Nicolas Armer/dpa (Foto: dpa)

Auf dem CSU-Parteitag traten Horst Seehofer und Markus Söder auf, als ob sie bereits seit Jahren davon geträumt hätten, endlich in einer Doppelspitze vereint zu werden. Es waren zwei Tage der professionellen Scheinheiligkeit.

Von Robert Roßmann

Es wird gerne geklagt, zwischen den Parteien gäbe es keine Unterschiede mehr. Dass dem nicht so ist, hat das vergangene Wochenende bewiesen. Während die Sozialdemokraten öffentlich ihre Differenzen über eine große Koalition auslebten, kaschierte die Union alle internen Konflikte in einer Weise, die fast schon wieder beeindruckend war. Auf dem CSU-Parteitag traten Horst Seehofer und Markus Söder auf, als ob sie bereits seit Jahren davon geträumt hätten, endlich in einer Doppelspitze vereint zu werden. Und Angela Merkel wurde gefeiert, als ob es den brutalen Streit um die Flüchtlingspolitik nie gegeben hätte. Es war ein Parteitag der professionellen Scheinheiligkeit.

Sozialdemokraten fangen an, nervös zu debattieren, wenn es um die Macht geht. Das mag man sympathisch finden, ist aber nicht immer hilfreich. Die Union drückt den Rücken durch und schließt die Reihen. "Wenn wir zusammenhalten, zieht uns niemand die Lederhosen aus", sagte Seehofer am Ende seiner Rede. Es war ein Appell. Und an den hielten sich die Delegierten dann auch. Trotz des Unmuts über Seehofers Verhalten in den vergangenen Jahren biss ein Großteil des Söder-Lagers die Zähne zusammen und stimmte für die Wiederwahl des Parteichefs. Seehofer bekam zwar 3,5 Prozentpunkte weniger als beim letzten Mal, aber seine 83,7 Prozent sind angesichts des desaströsen CSU-Ergebnisses bei der Bundestagswahl ein ordentliches Resultat. Das gilt erst recht für Söders fast einstimmige Kür zum Spitzenkandidaten.

Nicht einmal Manfred Weber, der härteste Söder-Kritiker unter den fünf stellvertretenden CSU-Chefs, wurde abgestraft. Viele hatten geunkt, Söders Leute würden an Weber ihr Mütchen kühlen - so könne man seinen Ärger zeigen, ohne Seehofer direkt zu schaden. Doch Weber bekam 85 Prozent. Das war zwar weniger als beim letzten Mal, aber immer noch ein gutes Ergebnis.

Die CSU hat nicht nur gemerkt, dass eine Fortsetzung des Polit-Spektakels der vergangenen Monate die Partei in den Abgrund führen würde. Ihr ist es auch gelungen, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Die SPD hat ihre Vorsitzenden Sigmar Gabriel und Martin Schulz viel zu lange unglücklich agieren lassen, ohne einzuschreiten. Die CSU hat ihre Spitze in die Pflicht genommen.

Und der christsoziale Weihnachtsfrieden könnte durchaus einige Zeit halten. Nicht, weil Seehofer und Söder tatsächlich ihre Liebe zueinander entdeckt hätten, sondern weil die Sondierungen in Berlin, eine mögliche Neuwahl im Bund und die Landtagswahl im Herbst 2018 disziplinierend wirken. Die "authentische" Geschlossenheit, die Söder verkündet hat, gibt es nicht. Aber das Wort von der "Verantwortungsgemeinschaft" zwischen ihm und Seehofer, mit dem Söder das ganze Wochenende hausieren gegangen ist, trifft die Lage bei der CSU gar nicht so schlecht.

Das gilt auch für das Verhältnis zwischen der CSU und Merkel. Die Christsozialen rechnen es der Kanzlerin zwar hoch an, dass sie bei der Jamaika-Sondierung in der Flüchtlingspolitik bis zum Ende Härte gezeigt hat. Für den Einbruch bei der Bundestagswahl macht die CSU aber weiterhin die Kanzlerin verantwortlich. Die neue Nähe der CSU zu Merkel entstammt eher der schmerzhaft gewonnenen Erkenntnis, dass die Union Wahlen nur dann gewinnen kann, wenn sie geschlossen auftritt.

Sie würde jetzt fast wieder "Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht" auflegen wollen, hat Merkel auf dem CSU-Parteitag zu Seehofer gesagt. Als Zeichen für einen dauerhaften Frieden sollte man das aber nicht werten. Dasselbe hat Merkel schon 2001, 2003 und 2005 bei Besuchen in Seehofers Wahlkreis erklärt, zuletzt hat sie ihm sogar eine CD mit dem Drafi-Deutscher-Song geschenkt. Von der Liebe hat man im Streit um die Flüchtlingspolitik dann aber nichts mehr gespürt.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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