Ausnahme im Wahlgesetz:Die CSU im Bundestag schrumpft

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Stefan Müller, lange Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, wird Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern. (Foto: Florian Gaertner/Imago)

Die Partei verliert zwei Abgeordnete. Anders als normalerweise üblich werden sie nicht durch Nachrücker ersetzt. Das hat die CSU sich auch selbst eingebrockt.

Von Robert Roßmann, Berlin

Den Bundestag mit einem Taubenschlag zu vergleichen, würde natürlich zu weit gehen - aber es gibt im Parlament doch erstaunlich viel Bewegung. In der laufenden Legislaturperiode sind schon 29 Abgeordnete ausgeschieden. Katja Kipping verließ den Bundestag bereits ein Vierteljahr nach der Wahl, um für die Linken Senatorin in Berlin zu werden. Aus den Reihen von SPD, Grünen und CDU wechselten acht weitere Abgeordnete in Landesregierungen.

Die Sozialdemokratin Yasmin Fahimi wurde DGB-Chefin, Alexander Graf Lambsdorff (FDP) Botschafter in Russland. Die ehemaligen Bundesminister Heiko Maas und Jürgen Trittin haben sich aus der Politik verabschiedet. Andere wurden Geschäftsführer von Verbänden, Präsident eines Bundesamtes, Polizeibeauftragter oder hatten noch andere Gründe. Wolfgang Schäuble und drei weitere Abgeordnete sind gestorben. Auch wegen der Wiederholungswahl in Berlin gab es Veränderungen. Und im Mai will Stefan Müller, der ehemalige Parlamentarische Geschäftsführer der CSU, sein Mandat aufgeben, um Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern zu werden. Er wird dann der 30. Abgeordnete sein, der nicht mehr da ist.

Das Wahlrecht, für das die CSU vehement kämpfte, richtet sich nun gegen sie

Auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag haben derartige Veränderungen normalerweise keine Auswirkungen, es rücken jeweils Politiker derselben Partei nach. Doch bei den Fällen 29 - das war Anfang April Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer - und 30 ist das jetzt anders. Scheuer und Müller sind die ersten beiden CSU-Abgeordneten, die in dieser Legislaturperiode den Bundestag verlassen. Und es sind die ersten beiden, auf die eine Ausnahme im Wahlgesetz zutrifft. Für sie wird niemand nachrücken.

Die CSU wird deshalb künftig nicht mehr 45, sondern nur noch 43 Abgeordnete stellen. Schuld daran ist ausgerechnet ein Mechanismus, den maßgeblich die CSU durchgesetzt hat. Aber wie kann das sein? Die Christsozialen sind ja nicht unbedingt dafür bekannt, ohne Not auf Positionen zu verzichten.

Alexander Dobrindt redet das Problem klein

Bei der Bundestagswahl 2021 galt noch das von der großen Koalition beschlossene Wahlrecht - nach jahrelangen Debatten hatten sich CDU, SPD und CSU im Sommer 2020 darauf verständigt. Vor allem auf Druck der CSU kam damals eine neue Regelung in das Gesetz. Bis dahin wurden alle sogenannten Überhangmandate für eine Partei mit Ausgleichssitzen für die anderen Parteien kompensiert.

Die große Koalition beschloss nun aber, dass die ersten drei Überhangmandate nicht mehr ausgeglichen werden. Dadurch sollte der Bundestag kleiner werden. Da schon damals klar war, dass diese ersten drei Überhangmandate Mandate der CSU sein werden, war ebenfalls klar, dass die CSU von dieser Regelung profitieren wird. Und so kam es bei der Bundestagswahl dann auch. Doch mit dem Ausscheiden von Scheuer und Müller richtet sich die Regelung jetzt auf einmal gegen die CSU.

Alexander Dobrindt, der Chef der CSU im Bundestag, redet das Problem zwar klein. "Es belastet uns jetzt nicht so sehr, weil das Ende der Wahlperiode naht", sagt Dobrindt. Und er spricht davon, dass in dem Fall noch ein "Prüfverfahren" laufe.

"Die Zuständigkeit und Entscheidung liegt im vorliegenden Fall bei der Landeswahlleitung in Bayern", teilt die Bundestagsverwaltung auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung mit. Und Stand Mittwoch liege der Verwaltung tatsächlich "noch keine schriftliche Mitteilung der Landeswahlleitung Bayern vor".

Die SZ hat deshalb direkt bei der Landeswahlleitung nachgefragt und eine eindeutige Antwort erhalten: "Gemäß § 48 Absatz 1 Satz 2 Bundeswahlgesetz in der hier maßgeblichen, bis zum 13. Juni 2023 gültigen Fassung ist ein Nachrücken ausgeschlossen, solange die Partei in dem betreffenden Land unausgeglichene Überhangmandate hat - dies ist hier der Fall." Kurz gesagt heißt das: Für Scheuer und Müller wird es keinen Ersatz geben. Dadurch schrumpft übrigens auch der gesamte Bundestag um zwei Sitze.

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