Brexit:Der Tag in der Liveblog-Nachlese

  • Vor Beginn des Gipfels in Brüssel haben sich Großbritannien und die EU auf einen neuen Brexit-Deal geeinigt.
  • Die 27 verbleibenden EU-Staaten akzeptieren den Vertrag, am Samstag muss das britische Unterhaus zustimmen.
  • Fraglich ist, ob Johnson eine Parlamentsmehrheit für den Vorschlag bekommt. Die nordirische DUP lehnt den Vertrag ab.
  • Auf der Gipfel-Tagesordnung stehen neben dem Brexit der langjährige EU-Finanzplan und die Strategische Agenda für die Jahre bis 2024.

Von J. Anzlinger, D. Fürst, B. Galaktionow, T. Kirchner, C. Kohrs, P. Saul und C. Simon

Alle Entwicklungen im Liveblog:

Dominik Fürst
Dominik Fürst

Ende des Brexit-Tages

Und damit verabschieden sich die Liveblog-Autoren und bedanken sich für Ihre Aufmerksamkeit. Der Brexit-Teil des EU-Gipfels ging vergleichsweise reibungslos über die Bühne. Am Abend wollen die Staats- und Regierungschefs noch über den türkischen Angriff auf Syrien und die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und Albanien diskutieren. Alle weiteren Nachrichten dazu finden Sie auf SZ.de. Schönen Abend!
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Merkel: Brexit-Verhandlungen anders als mit Theresa May


Die Bundeskanzlerin Angela Merkel drängt darauf, dass nun zügig ein EU-Freihandelsvertrag mit Großbritannien geschlossen wird. Zwischen den Brexit-Verhandlungen unter der ehemaligen Premierministerin May und jenen mit dem aktuellen Amtsinhaber Johnson gebe es einen wesentlichen Unterschied, sagt sie in Brüssel. Damals sei nicht klar gewesen, welche Beziehungen Großbritannien künftig zur EU haben wolle. "Jetzt ist ganz klar, dass Großbritannien ein Drittstaat sein wird, dass mit diesem Drittstaat jetzt sehr zügig ein solches Freihandelsabkommen ausgehandelt werden muss".

Die Kanzlerin will sich nicht festlegen, was die Folgen eines "Nein" im britischen Unterhaus am Samstag zu dem neuen Abkommen wären. Das Unterhaus sei ein "altes, erfahrenes, weises Parlament", das in völliger Freiheit entscheiden werde.
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Johnson, erleichtert und optimistisch

Großbritanniens Premier tritt in Brüssel sichtbar erleichtert vor die Presse. Er gibt sich zuversichtlich, seinen Deal durchs Unterhaus zu bekommen. Und er glaubt, der Deal werde helfen, die Bürger Großbritanniens zu versöhnen. "Wir verlassen die EU als ein Vereinigtes Königreich", sagt Johnson. Der Deal werde neue Partnerschaften ermöglichen - mit Brüssel, aber auch mit jeder anderen europäischen Hauptstadt. Es ist eine gehörige Portion Optimismus, die der Premier ausstrahlt. Ob dieser angebracht ist, wird spätestens der Samstag in London zeigen.
Reuters
Reuters
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Juncker: "Brexit is happening"


Auch EU-Kommissionspräsident Juncker spricht zur Presse. Auf Englisch, Französisch und Deutsch lobt er den Deal: Der Frieden und die Stabilität auf der irischen Insel werde gewahrt, Europäer in Großbritannien sowie Briten in Europa könnten ihr Leben weiterführen wie bisher. "Die Menschen kommen immer an erster Stelle", sagt Juncker. Der irische Premierminister Leo Varadkar sagt, Großbritannien habe immer einen Platz in der Europäischen Union, wenn es zurückkommen will.
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Tusk: "Unsere Tür wird immer offen sein"

In Brüssel verkündet EU-Ratspräsident Tusk, dass die EU-Staaten den neuen Brexit-Deal akzeptiert haben. "Das gibt uns Sicherheit", sagt er. "Jetzt warten wir alle auf die Abstimmungen in den beiden Parlamenten." Und dann wird Tusk zum Abschluss seiner Bemerkungen emotional: "Ich fühle Traurigkeit in meinem Herzen", sagt der Pole, und, dass er immer ein Remainer sein werde. Er wendet sich an die Briten und sagt ihnen, falls sie es sich eines Tages anders überlegen sollten: "Unsere Tür wird immer offen sein."
Barnier, Varadkar, Tusk, Juncker (von links)
Barnier, Varadkar, Tusk, Juncker (von links). afp
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

EU-Staaten billigen Brexit-Deal


Die 27 verbleibenden EU-Staaten haben das neue Brexit-Abkommen mit Großbritannien gebilligt und Unterstützung für ein pünktliches Inkrafttreten zum 1. November zugesagt. Nun müssen noch das britische Unterhaus sowie das Europäische Parlament zustimmen.
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Schwankende Stimmung, schwankende Währung

Der heute geschlossene Brexit-Deal wirkte sich auch an den Börsen aus: Nachdem der Kurs des Pfund Sterlings zunächst zulegte und teilweise so hoch lag wie seit Mai nicht mehr, verlor die Währung die Gewinne am Nachmittag nahezu komplett wieder. Der Euro profitiert hingegen vom Brexit-Abkommen und ist auf dem höchsten Stand seit August.

Seit dem Brexit-Referendum ist das Pfund schwächer als zuvor, konnte aber in den vergangenen Tagen stark zulegen, wie unsere Grafik zeigt:
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Jetzt diskutieren die EU-Staaten

In Brüssel starten nun die Gespräche der EU-27 über den neuen Brexit-Deal. Das teilt der Sprecher von Ratspräsident Donald Tusk bei Twitter mit. Irland hat bereits seine Zustimmung angekündigt, und auch aus den anderen Nationen scheint kein Widerstand zu drohen. Womöglich ist das Thema Brexit also noch vor dem Abendessen abgehakt. Es wäre zur Abwechslung ein EU-Gipfel ohne nächtliche Verhandlungsdramen.


Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Warum ist die DUP so wichtig?

Eigentlich regiert die nordirische Partei gemeinsam mit den Tories, Boris Johnsons Deal mit der EU will die DUP jedoch nicht tragen. Warum ist diese kleine, radikale Partei so wichtig? Kann sie das Abkommen kippen? Diese und weitere Fragen beantwortet Thomas Hummel:
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Sturgeon will nächstes Jahr über schottische Unabhängigkeit abstimmen lassen

Die erste Ministerin von Schottland, Nicola Sturgeon, sagt in einem TV-Interview: "Der einzige Weg für Schottland, die eigene Zukunft zu gestalten und eine Zukunft zu haben, die den schottischen Interessen entspricht, ist, unabhängig zu werden." Der Deal sei aus schottischer Sicht ein schlechter Deal, noch schlechter als der von Theresa May. Sturgeons Partei, die SNP, werde dagegen stimmen.

Bereits 2014 hatten die Schotten über ihre Unabhängigkeit abgestimmt, eine knappe Mehrheit votierte dagegen. Sturgeon zufolge haben sich durch den Brexit die Voraussetzungen geändert, sie möchte deswegen ein weiteres Referendum abhalten. Dafür braucht sie allerdings eine Erlaubnis aus London.

Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Juncker: Es soll beim 31. Oktober bleiben


EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagt, der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union soll nicht erneut verschoben werden. "Wir haben einen Deal, wieso also sollte es eine Verlängerung geben?", sagte Juncker vor Journalisten.

Das britische Parlament wird am Samstag über den Deal abstimmen. Mehrere Parteien, auch die nordirische DUP, haben angekündigt, dagegen zu stimmen. Juncker ist allerdings nicht in der Position, diese Entscheidung zu treffen. Beobachter gehen davon aus, dass die EU-Staaten einer Verlängerung zustimmen würden, sollte der Deal am Samstag fallen.
AP Photo/Francisco Seco
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Der erste Samstag seit 37 Jahren

Eine Randnotiz der Brexit-Saga: Wenn die Unterhaus-Abgeordneten in zwei Tagen über Johnsons Deal entscheiden, wird es der erste Samstag seit 37 Jahren sein, an dem das House of Commons zusammentritt. Das ist nur unter außergewöhnlichen Umständen der Fall - beim bisher letzten Mal trafen sich die Abgeordneten im Jahr 1982, nachdem Argentinien die Falklandinseln besetzt hatte.
Camilla Kohrs
Camilla Kohrs

Merkel: „Das ist eine gute Nachricht“

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt das Abkommen: Sowohl die Integrität des EU-Binnenmarkts als auch das Karfreitags-Abkommen werde erhalten. Es sei für sie "ein ganz wichtiges Zeichen", dass der irische Ministerpräsident Leo Varadkar sich zufrieden gezeigt habe. „Wir haben eine einzigartige Lösung für Nordirland gefunden, die der einzigartigen Geschichte und Geografie Rechnung trägt“, schreibt Varadkar bei Twitter.
Dominik Fürst
Dominik Fürst

Juncker und Johnson sprechen in Brüssel

"Ich bin glücklich über den Deal, aber ich bin traurig über den Brexit", sagt EU-Kommissionspräsident Juncker bei einem gemeinsamen Auftritt mit Premierminister Johnson in Brüssel. Dieser appelliert derweil an die Abgeordneten in London: "Jetzt ist der Moment für uns, den Brexit durchzuziehen."(Foto: AFP)
Christian Simon
Christian Simon

DUP lehnt neuen Deal ab


Die Regierungspartner von Premierminister Johnson gehen auf Distanz zu dem neu ausgehandelten Abkommen. "Der Demokratisch-Unionistischen Partei wird es nicht möglich sein, für den Deal zu stimmen", heißt es in einem Statement. Die Vorschläge seien von Nachteil für die nordirische Wirtschaft und könnten nordirische Konsumenten stark belasten.

Außerdem widerspreche die im neuen Abkommen enthaltene Mehrheitsentscheidung über den Status Nordirlands der im Karfreitagsabkommen festgeschriebenen Konsensregelung im Norden der irischen Insel. Der neue Deal trete das Karfreitagsabkommen mit Füßen.
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