Wahl zum Abgeordnetenhaus:CDU ist stärkste Kraft in Berlin

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CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner verleiht seiner Freude bei der Wahlparty seiner Partei Ausdruck. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Die Christdemokraten gewinnen bei der Wahl zum Stadtparlament deutlich hinzu. Die SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey muss angesichts der Verluste um ihr Amt bangen.

Von Jan Bielicki, Berlin

Die CDU wird erstmals seit 1999 wieder als stärkste Partei aus einer Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus hervorgehen. Die Christdemokraten gewannen bei der Wiederholungswahl am Sonntag erheblich an Stimmen und lag nach Auszählung aller Wahlgebiete mit deutlichem Abstand vor der SPD der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey und den Grünen.

Allerdings konnte das bisher von Giffey geführte Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Linken diesen Zahlen zufolge ihre Mehrheit im Parlament der Hauptstadt trotz Stimmverlusten behaupten. Giffey könnte jedoch ihren Führungsanspruch auch im Mitte-Links-Lager verlieren: Die SPD lag am Ende des Wahlabends nur 105 Stimmen vor den Grünen.

Die CDU kam demnach auf 28,2Prozent. Unter der Führung ihres Spitzenkandidaten Kai Wegner erzielten die Christdemokraten damit ihr bestes Ergebnis in diesem Jahrhundert und gewannen gegenüber der annullierten Wahl vom September 2021 gut zehn Prozentpunkte hinzu.

Die SPD hingegen erreichte nur 18,4 Prozent. Das ist noch einmal deutlich weniger als 2021, als sie mit 21,4 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit einfuhr. Damit verlieren die Sozialdemokraten nicht nur ihre Position als stärkste Partei im Abgeordnetenhaus, die sie seit 2001 eingenommen hatten, sondern womöglich auch die Führung im bisherigen Regierungslager.

Die FDP verfehlt den Einzug ins Parlament

Denn die Grünen lagen ebenfalls bei 18,4 Prozent. Mit ihrer Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kamen sie wieder fast an ihr Ergebnis von 2021 heran. Auf die die Linke, Partner Nummer drei im rot-grün-roten Bündnis, das Berlin seit 2016 regiert, entfielen demnach 12,2 Prozent der Stimmen, fast zwei Prozentpunkte weniger als 2021.

Die FDP dagegen verfehlte den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus. Mit 4,6 Prozent lagen die Liberalen klar unter der Fünf-Prozent-Schwelle, die darüber entscheidet, wer Abgeordnete ins Stadtparlament schicken darf. Dagegen wird die AfD weiterhin dort vertreten sein. Die Rechtaußenpartei legte um gut einen Prozentpunkt auf 9,1 Prozent zu.

CDU-Spitzenkandidat Wegner sprach vor jubelnden Anhängern von einem "phänomenalen Erfolg" seiner Partei. Berlin habe den Wechsel gewählt, sagte er: "Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden." Er kündigte an, SPD und Grüne zu Sondierungen einzuladen. Sein Bundesparteichef Friedrich Merz schrieb auf Twitter von einem "klaren Regierungsauftrag für die CDU".

Für den Wahlsieger könnte die Partnersuche schwer werden

Allerdings ist höchst unsicher, ob es dem christdemokratischen Wahlsieger gelingt, Bündnispartner zu finden, die ihn ins Bürgermeisterbüro im Roten Rathaus bringen könnten. Zwar erkannte Giffey, die auch ihr Direktmandat im Stadtbezirk Neukölln verlor, den Wahlsieg ihres CDU-Konkurrenten an. Die Wähler wünschten sich, "dass Dinge anders werden", sagte sie. Ihr Ziel bleibe aber, stärkste Kraft in der neuen Landesregierung zu werden, meldete Giffey ihren Anspruch an, auch den künftigen Senat zu leiten.

Wegner müsste also die Grünen, mit denen sich seine CDU heftige Wahlkampfgefechte vor allem um die Verkehrspolitik geliefert hatte, für eine Koalition gewinnen, um ins Rote Rathaus einzuziehen. Die grüne Spitzenkandidatin Jarasch sprach sich jedoch ebenfalls für eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken aus. "Wir werden es schaffen, mit einer progressiven Koalition weiterzumachen in dieser Stadt", sagte sie auf der Wahlparty ihrer Partei. Allerdings stellt Jarasch sich dabei ein Bündnis unter grüner Führung vor: "Ich will diese Koalition anführen."

Wer die Stadt letztlich regiert, schien am Sonntag allerdings weniger Berlinerinnen und Berliner zu interessieren als noch eineinhalb Jahre zuvor. 2021 stimmten 75,4 Prozent der Wahlberechtigten darüber ab, wie sich das Berliner Abgeordnetenhaus künftig zusammensetzen sollte - allerdings konnten sie damals in den Wahllokalen auch ihre Stimmen zur Bundestagswahl abgeben. Auch darum sank die Wahlbeteiligung nach Zahlen des Landeswahlleiters auf 63,1 Prozent.

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Dass 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner nach nur eineinhalb Jahren erneut an die Wahlurnen gerufen wurden, lag an den zahlreichen Pannen, die die Wahl vom 26. September 2021 überschattet hatten. Damals waren falsche Stimmzettel im Umlauf oder fehlten wie auch Wahlurnen in einzelnen Stimmlokalen ganz. In etwa der Hälfte der mehr als 2200 Wahllokale gaben Wähler noch nach 18 Uhr ihre Stimmen ab, als im Fernsehen längst Prognosen und Hochrechnungen liefen.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof ordnete daraufhin wegen "schwerer systemischer Mängel" eine Wiederholung der Wahl zum Landesparlament an - ein bundesweit bis dahin nie da gewesener Vorgang. Diesmal lief alles geordnet ab.

Da die jetzige Wahl eine Wiederholung ist, durften nur dieselben Kandidaten antreten wie 2021. Und die nun gewählten Abgeordneten dürfen nur dreieinhalb Jahre amtieren - bis zum Ende der ursprünglichen Legislaturperiode im Jahr 2026.

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