Deutsche Bahn:Unter Zeitdruck

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Die Bahn braucht viel Geld für die Generalsanierung des Schienennetzes. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Die Bahn dringt auf schnelle Entscheidungen der Regierung. Sonst könne sie ihren Sanierungsfahrplan nicht einhalten.

Von Markus Balser und Klaus Ott, Berlin

Die größte Bahnbaustelle des Landes ist nicht mehr fern. Die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland will die Bahn noch ungestört ausklingen lassen, dann geht es los. Am Morgen des 15. Juli wird eine der meistbefahrenen Bahnstrecken gesperrt. Die Trasse der 70 Kilometer langen Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim ist so marode, dass sie fünf Monate lang saniert werden muss. Und das ist erst der Anfang. Für viele Milliarden Euro sollen bis 2030 insgesamt 39 weitere Hauptstrecken gründlich modernisiert werden. Die chronischen Verspätungen sollen ein Ende haben.

Das Problem ist nur: Trotz der anstehenden Bauarbeiten in großem Stil, die gründlich geplant sein müssen, ist die Finanzierung immer noch nicht vollständig geklärt. Auch nach der Einigung der Ampelkoalition im Streit um den Bundeshaushalt ist ungewiss, wie schnell die jetzt angekündigte Geldspritze kommt. Und wann die restlichen, noch fehlenden Mittel fließen. 40 Milliarden Euro wollte die Ampel in den nächsten Jahren zusätzlich zum bereits eingeplanten Schienenetat aufbringen, damit die jahrzehntelang vernachlässigte Bahn endlich generalsaniert werden kann.

Anteile von Post und Telekom sollen verkauft werden

Ein Teil der zusätzlichen Mittel war bereits sicher, bevor das Bundesverfassungsgericht Teile des Klima- und Transformationsfonds kippte. Jetzt, nach viel Hin und Her, sollen weitere 20 Milliarden Euro fließen. Um diesen Betrag will die Bundesregierung das Eigenkapital des Staatsunternehmens Deutsche Bahn erhöhen. Gelingen soll das durch den Verkauf von Bundesanteilen an der Deutschen Telekom und der Deutschen Post.

Solche Milliardengeschäfte klappen aber nicht über Nacht, sondern können Monate dauern, wenn nicht gar Jahre. Solange wiederum kann die Bahn nicht warten. Große Bauvorhaben müssen frühzeitig und gut geplant werden, einschließlich der vielen Busse, mit denen der Zugverkehr auf gesperrten Strecken ersetzt werden muss. Und die Baufirmen können nicht von heute auf morgen Personal und Maschinen auftreiben.

Aus der Bahn heißt es, die 20 Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital müssten rasch sicher sein. Spätestens im März 2024, also binnen drei Monaten, müsse man Klarheit haben. Sonst bestünde die Gefahr, dass Planungen und Bauvorhaben gestoppt werden müssten. Eine baldige Eigenkapital-Aufstockung sei die Voraussetzung dafür, dass man gut durch die nächsten beiden Jahre komme.

Wie aber geht es danach weiter? Bei den nötigen Mitteln für die Generalsanierung fehlten anschließend immer noch elf Milliarden Euro, rechnet Martin Burkert vor, Vizechef des Aufsichtsrats und Vorsitzender der Eisenbahngewerkschaft EVG. Diese Mittel seien auch schon verplant; das betreffe Projekte vom Jahr 2026 an. Ohne dieses Geld könne das Schienennetz nicht vollständig in Ordnung gebracht und modernisiert werden, sagt Burkert. Dann müsse man entweder bei den 40 Hauptstrecken Abstriche machen oder bei den regionalen Schienennetzen.

Schafft es die Ampel nicht, dieses Problem zu lösen, dann muss die nächste Bundesregierung ran. Darauf können sich CDU/CSU also schon mal einstellen, sollte die Union die nächste Bundestagswahl gewinnen. CDU-Chef Friedrich Merz hat bereits den Verkauf der Bahn-Tochter Schenker ins Spiel gebraucht, um mehr Geld für die Schiene zu haben. Schenker ist ein internationaler Transport- und Logistikkonzern und mehrere Milliarden Euro wert.

Ein Verkauf von Schenker ist so gut wie beschlossene Sache. Doch die Erlöse sind eigentlich längst verplant: für einen Schuldenabbau beim Staatskonzern Bahn. Dazu gibt es nach Angaben aus dem Aufsichtsrat der Bahn auch keine Alternative. Werde die Schuldenlast nicht verringert, dann werde das Staatsunternehmen an den Finanzmärkten schlecht bewertet und müsse höhere Zinsen für seine vielen Kredite zahlen. Die Union müsste sich also etwas anderes einfallen lassen, sollte die Union der nächsten Bundesregierung angehören oder diese sogar anführen.

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