Sicherheitspolitik:Abrüstung und Abschreckung

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Friedensaktivisten demonstrieren im November in Berlin mit den Konterfeis von Lindner, Habeck, Baerbock und Scholz für ein UN-Atomwaffenverbot im Koalitionsvertrag. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die Ampelkoalition will den Atomwaffenverbotsvertrag als Beobachter begleiten - hält aber auch an den US-Atomwaffen in Deutschland fest.

Von Paul-Anton Krüger und Mike Szymanski, Berlin

Wenige Themen im Koalitionsvertrag der Ampelparteien finden international so viel Aufmerksamkeit wie das Kapitel zur Nato und zur nuklearen Abschreckung. Genau darauf wies der geschäftsführende Außenminister und SPD-Chefverhandler Heiko Maas seine Kollegen in der Arbeitsgruppe Außen- und Verteidigungspolitik hin, deren Vorlage die Chefrunde weitgehend übernommen hat.

An den Grundfesten deutscher Außenpolitik rüttelt die Ampel nicht. Sie setzt aber einen Akzent bei Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle. So wird Deutschland wie das Nato-Mitglied Norwegen an der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags als Beobachter teilnehmen. Die drei Atommächte in der Nato, Frankreich, Großbritannien und die USA, lehnen ebenso wie die Verteidigungsallianz selbst sowohl den Vertrag als auch die Beobachtung ab.

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Wichtiger für sie ist allerdings, dass es im Regierungsprogramm heißt, Deutschland bekenne sich zur "Aufrechterhaltung eines glaubwürdigen Abschreckungspotenzials". Die Ampel begründet dies mit der "fortbestehenden Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und Europas" und betont, "die Sorgen insbesondere unserer mittel- und osteuropäischen Partnerstaaten ernst" zu nehmen. Das ist ein indirekter Verweis auf Russland.

Nach übereinstimmenden Aussagen von Verhandlern verschiedener Parteien ist damit auch gemeint, dass die auf dem Fliegerhorst Büchel stationierten taktischen US- Atomwaffen vom Typ B61 nicht in absehbarer Zeit abgezogen werden. Das hatte sowohl SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Wahlkampf gefordert als auch die designierte Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen. Deutschland hat sich in der Nato verpflichtet, im Krisenfall diese Bomben mit eigenen Kampfjets ins Ziel zu bringen.

Schon bald sollen neue Kampfjets her

Auch einen Ausstieg durch die Hintertür soll es nicht geben. Bislang hält die Bundeswehr für nukleare Missionen Tornado-Kampfflugzeuge bereit; dafür ist eine Härtung der Elektronik gegen elektromagnetische Impulse erforderlich und eine Zertifizierung durch die USA. Entwickelt im Kalten Krieg und zu Beginn der 80er-Jahre in Dienst gestellt, haben die Jets das Ende ihrer Lebensdauer längst erreicht. Von 85 Tornados sind pro Tag nur noch 15 bis 20 startklar, der Betrieb nur unter immensen Kosten aufrechtzuerhalten. Würden die Maschinen ersatzlos ausgemustert, hätte die Luftwaffe keinen Träger mehr für die Bomben.

Im Koalitionsvertrag heißt es nun aber, dass bereits zu Beginn der neuen Legislaturperiode "ein Nachfolgesystem" für die altersschwachen Jets beschafft werden soll, das auch dem "Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe" unterworfen werden soll. Infrage kommt dafür nach dem Verständnis der Verhandler schon wegen der technischen Zwänge nur der Kauf von Jets des Typs F-18 Super Hornet in den USA, wie ihn die scheidende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ins Auge gefasst hatte. Sie können anders als der Eurofighter rechtzeitig zertifiziert werden, um bis 2030 die Tornados abzulösen. Den Kauf der modernsten F-35-Tarnkappenjets in den USA hat Berlin mit Blick auf die gemeinsame Entwicklung des Kampfjet-Systems FCAS mit Frankreich bislang ausgeschlossen.

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