Hotelprojekt in Egling:Alles auf Eis gelegt

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Der Weiler Feldkirchen,der zur Gemeinde Egling zählt, liegt idyllisch und doch zentral, weshalb er bei Spaziergängern, Radlern und Langläufern beliebt ist. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit dem Umbau vom Gasthaus zum Gästehaus wollte Familie Hansch Feldkirchen auf die touristische Landkarte setzen. Erst stellten sich Behörden quer - dann kam die Pandemie.

Von Claudia Koestler, Egling

Es ist ein trauriges Beispiel dafür, dass der Mensch denkt, das Virus aber lenkt: Jahre der Planung und der Arbeit hat die Familie Hansch in ihr Projekt "Gästehaus" gesteckt, das weitreichende Auswirkungen für den Eglinger Ortsteil Feldkirchen haben und das idyllische Fleckchen als Ausflugs- und Übernachtungsziel neu definieren sollte. Lange schon haben Robert und Karin Hansch vor, einen Teil ihrer Traditions-Gastwirtschaft zu einem Gästehaus auszubauen. Denn so klein der Weiler auch ist, seine Lage ist etwas Besonderes: Nicht weit entfernt liegen in allen Himmelsrichtungen beliebte oberbayerische Ausflugsziele, etwa der Starnberger See oder Bad Tölz, auch die Berge sind nicht weit weg. Genauso schnell ist man in München, für das Oktoberfest oder für eine der zahlreichen Messen. Und dann zieht das ländliche Gebiet auch selbst Ausflügler an, im Winter zum Beispiel Langläufer und im Sommer Radfahrer. Warum also nicht ihnen eine Übernachtungsmöglichkeit bieten, um Zwei- oder Mehrtagestouren zu vereinfachen, dachten sich die Gastronomen, Schließlich ist ihre Gastwirtschaft für viele Ausflügler ein zentraler Anlaufpunkt für knusprigen Schweinsbraten aus dem Holzofen und eine Mass Bier zu günstigen Preisen.

Doch ausgerechnet jetzt, da nach mehr als sieben Jahren Kampf die notwendigen Genehmigungen für da Vorhaben zu erwarten sind und heuer der Bau endlich hätte starten sollen, muss das Wirts-Ehepaar die Pläne stoppen. Der Grund: Sie sind Opfer der Corona-Krise. "Das Projekt liegt auf Eis, denn wir wissen nicht, wann wir wieder zu einem Normalbetrieb zurückfinden können. Und ohne die Einnahmen aus der Gastwirtschaft kämen wir mit dem Projekt in die finanzielle Bredouille", erklärt Karin Hansch. Nachdem sie jahrelang um die Genehmigung gekämpft hätten, "hat uns nun Corona die ganze Euphorie genommen."

Geplant war ursprünglich, die ehemalige Remise abzureißen und sie bau- und höhengleich neu zu errichten. Darin hätten fünf neue Gästezimmer, eine Wohnung und ein Apartment Platz finden sollen. Zudem war eine neue Schallschutzwand vorgesehen, die den Lärm für die Nachbarn in Grenzen halten sollte. Doch so einfach ließ sich das Projekt nicht an, denn bei dem betreffenden Areal handelt es sich um einen Außenbereich - weshalb das Landratsamt erst einmal sein Veto einlegte. Die Wirtschaft mit ihrem Biergarten hat zwar Bestandsschutz, doch ein zweites Gewerbe in einem Außenbereich zu etablieren, war rechtlich nicht möglich. Die Gemeinde unterstützte allerdings das Vorhaben der Familie Hansch, weshalb Bürgermeister Hubert Oberhauser (Freie Wähler) und der Eglinger Gemeinderat eine Idee hatten: Ganz Feldkirchen sollte überplant werden. Durch eine generelle Entwicklung des Ortsteils per Bauleitplanung hätte es nach dem Willen der Gemeinde eine Art Win-win-Situation geben können: Einerseits hätte die Kommune dort von einer Wohnbebauung, respektive einer Art Einheimischenmodell profitieren sollen, zugleich wäre auch das Projekt der Familie Hansch rechtlich möglich geworden. Der Gemeinderat hatte dazu bereits einen Bebauungsplan für den Ortsteil aufgestellt, die Regierung von Oberbayern hatte zunächst noch ihre Zustimmung signalisiert - ehe es zur Kehrtwende kam: Weil diese Entwicklung von Feldkirchen angeblich nicht den Zielen des Landesentwicklungsplans entsprach, wurde der Bebauungsplan abgelehnt.

Das Wirtshaus soll erweitert werden, um dort auch Übernachtungen anzubieten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Als dieser Schock verdaut war, blieb der Wirtsfamilie nur mehr eine Möglichkeit: Sie versuchte, eine Befreiung von der Außenbereichssatzung zu erwirken. Mit Erfolg: Momentan stehen die Hanschs kurz davor, auch die letzte nötige Genehmigung durch das Landratsamt zu erhalten.

Doch was lange währt, wird nicht immer auch gut. Wie viel Geld sie inzwischen in diverse Planungen, vom Architekten bis zum Rechtsberater, sowie in diverse Gutachten wie etwa zu Bodendenkmälern oder Lärmemission und -immission gesteckt haben, will Karin Hansch nicht genau beziffern. Insgesamt, also mit den Baukosten, dürfte es sich allerdings um ein Millionen-Projekt handeln. "Und ausgerechnet jetzt, wo wir endlich Gas geben könnten, bremst uns das Virus aus." Die Pläne vorerst ruhen zu lassen, sei keine einfache Entscheidung gewesen, nach der langen Zeit und vor allem dem vielen Herzblut, das sie investiert hätten. "Aber wir wissen derzeit ja gar nicht, wann wieder eine gewisse Normalität einkehren wird, und ob und wann wir beherbergen dürften", sagt die Gastronomin. Es sei "krass, in einer Situation ohne klare Perspektive" zu sein. Viel zu viel sei völlig ungewiss: "Zum Beispiel, können wir wieder aufmachen, wenn soundso viele Menschen geimpft sind, oder nicht?" Letztlich laufe für sie als Gastwirtin alles nur auf eine Frage hinaus: "Wie lange kann man das durchhalten, wie lange kann man sich irgendwie über Wasser halten?"

Im Moment seien sie - wie so viele andere in der Branche - einfach nur froh, wenn sie das Haus erhalten können. "Und das geht derzeit nur dadurch, dass wir an die eisernen Reserven gehen und ein gutes Zubrot durch den Außer-Haus-Verkauf haben." Hier kämen ihnen vor allem die vielen Stammgäste zugute, die sich regelmäßig ihre täglich wechselnden Gerichte abholen. Ohne sie sähe es düster aus, denn die laufenden Kosten seien enorm, so Hansch: Alleine die Krankenversicherung verschlinge etwa 1000 Euro im Monat für ihre vierköpfige Familie, dazu kämen noch mehr als 1000 Euro an weiteren Versicherungen. "Das muss ja auch erst einmal reinkommen." Die von der Regierung zugesagten Novemberhilfen seien noch nicht angekommen, und der Antrag dazu sei so kompliziert, dass man einen Steuerberater gebraucht habe, um das Formular überhaupt ausfüllen zu können. Selbst wenn die staatliche Hilfe noch ausbezahlt werde, gebe es viele Fragezeichen hinter der Summe: "Zum Beispiel, wird das Außer-Haus-Geschäft gegengerechnet?", fragt Karin Hansch. Ihr Fazit deshalb: "Man lässt uns am ausgestreckten Arm verhungern." Und die Frage, wie lange sie sich noch gegen das Aus stemmen können, "das beschäftigt uns, ehrlich gesagt, momentan viel mehr als das Bauprojekt."

Karin und Robert Hansch. (Foto: Harry Wolfsbauer)
© SZ vom 26.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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