Sobald das Thermometer ins Minus fällt, wird es für Kreszenz und Richard König unangenehm. Der Schlafzimmerbalkon ihres Hauses in Anger liegt direkt gegenüber den Liften und Pisten des Braunecker Skigebiets. Hat es mindestens drei Grad Minus, ist es nächtens mit der Ruhe vorbei. Von der anderen Talseite brummt und rattert es. Wie monotone Motorengeräusche klingt es, manchmal die ganze Nacht durch. Kreszenz König kann dann nicht mehr schlafen, selbst wenn sie die zweifach verglasten Fenster und die Läden schließt. "Ich wache immer wieder auf", sagt sie. "Nach dem vierten oder fünften Mal nehme ich Ohropax, aber gewöhnen werde ich mich nie daran."
Was die 56-Jährige und ihren 60-jährigen Mann um die Nachtruhe bringt, sind die Geräusche der Beschneiungsanlagen am Brauneck. Die rund 130 Propeller-Schneekanonen und Schneilanzen sind für die Schneesicherheit am Lenggrieser Hausberg unabdinglich. Damit sie in Betrieb gehen können, braucht es allerdings mindestens drei Grad minus, ideal sind fünf Grad und mehr unter Null. Und so kalt ist es gerade nachts, weswegen die Skigebietsbetreiber die Kunstschneeproduktion dann auf Hochtouren laufen lassen.
Davon fühlt sich Kreszenz König massiv gestört. Vor zwei Jahren seien die Schneekanonen längere Zeit am Tag und in der Nacht durchgelaufen. Deshalb wünscht sich die gebürtige Lenggrieserin, dass die Maschinen wenigstens in den tiefsten Nachtstunden zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh abgeschaltet würden. "Das wäre schon ein Sieg", sagt König. Anwohner und Touristen hätten dann Ruhe. Doch mit ihren Forderungen erfolgreich zu sein, glaubt das Ehepaar kaum. Zu sehr stünden die Kommune und das Tourismusamt hinter dem Skigebiet, sagen beide.
Andererseits fragen sich die Lenggrieser, wie nachhaltig der Wintertourismus am Berg überhaupt noch ist. Angesichts der Klimaerwärmung müsse die Kommune aus ihrer Sicht umdenken und neue Tourismuskonzepte entwickeln. Im österreichischen Lechtal setzten die Touristiker etwa auf Winterwanderungen.
Für alternative Wintertourismusangebote scheint auch eine Studie der Universität Innsbruck und des Deutschen Alpenvereins von 2013 zu sprechen. Laut den Forschern könnten die Temperaturen bis 2030 durchaus um 1,5 Grad steigen. Käme es so, wären am Brauneck selbst mit Kunstschnee nur noch die Hälfte der Pisten schneesicher, bei plus zwei Grad keine mehr. Bislang hat die Brauneck- und Wallbergbahnen GmbH rund zehn Millionen Euro in die Beschneiung am Berg investiert. Wie Geschäftsführer Peter Lorenz erklärt, kostet eine einzige Schneekanone mit Propeller 30 000 bis 40 000 Euro.
Eine Schneilanze kommt auf 10 000 Euro bis 15 000 Euro, wovon es allerdings mehr brauche, um die gleiche Fläche wie mit einer Propellermaschine zu beschneien. Um dafür genügend Wasser zu haben hat die GmbH im Garlandkessel einen umstrittenen, 100 000 Kubikmeter fassenden Speicherteich gebaut. Seit etwa 20 Jahren gibt es laut Lorenz schon einen etwa ein Fünftel so großen Speicherteich im Tal für den unteren Bereich der Abfahrten.