Landtagswahl im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:"Die Demokratie beginnt am Stammtisch"

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Hubert Aiwanger im Festzelt von Lenggries. (Foto: Koestler/oh)

Der bayerische Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beschwört im Lenggrieser Festzelt sein Gegenmodell zur Berliner Politik.

Von Claudia Koestler, Lenggries

Knappe zwei Monate ist es her, dass der bayerische Vize-Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für seine Aussage, dass sich die Menschen die "Demokratie zurückholen" müssten, parteiübergreifend scharf kritisiert worden ist. Schließlich erinnert der Satz an AfD-Wortwahl. Am Dienstag trat Aiwanger in Lenggries auf, und filmte am Ende den Jubel, Applaus und Zuspruch aus dem vollbesetzten Festzelt minutenlang mit seinem Smartphone.

Kurz zuvor hatte Aiwanger seine einstündige Rede, der auch der CSU-Stimmkreiskandidat Thomas Holz beiwohnte, mit einem klaren Schulterschluss zu Ende gebracht: "Ich will im Herbst mit der CSU weiterregieren - und keinen Grünen in der Landesregierung sehen." Dabei hatte er schon zuvor keinen Zweifel daran gelassen, wo er politisch die Grenzen zieht. In Lenggries beschwor Aiwanger eine "Politik für die Mitte der Gesellschaft" und umriss auch gleich, wie er diese definiert: "Politik für Heimat und Familie, und nicht Politik für Ideologie, für Minderheiten und schräge Gestalten." Er forderte Applaus ein für Landwirte, für Eigenheimbesitzer, für Handwerker, Bedienungen und Gastwirte, die Landjugend, Schützenvereine und "alle mit gesundem Menschenverstand".

Bei seinem Parforceritt über zahlreiche Themen, angefangen von der Klimapolitik, der Autoindustrie, der Landwirtschaft, über das Heizungsgesetz, den Tourismus, das Bürgergeld, bis zur Bundeswehr, der Erbschaftssteuer und ja, dem Wolf, hielt er nicht hinterm Berg mit scharfer Kritik und markigen Sprüchen. Die wiederum kannten nur eine Stoßrichtung: Berlin und die rot-grüne Regierung. "Das haben schon die Neandertaler gewusst, dass man mit Holz einheizen kann, und in Berlin wissen's das bis heute nicht", ätzte er über das Heizungsgesetz. Apropos Bundesregierung: "Die ganze Welt hat in den vergangenen Wochen über Berlin gelacht. Aber wer eine Wildsau mit einem Löwen verwechselt, verwechselt auch einen Schulabbrecher mit einem Bundespolitiker."

Das Festzelt von Lenggries war voll besetzt. (Foto: Claudia Koestler/oh)

Als "einen der größten industriepolitischen Fehler" nannte er die Abschaffung von Verbrennermotoren bis 2035. "Das ist, wie wenn Du eine Kuh abstichst, die 40 Liter Milch gibt, weil in der Garage ein Esel steht, von dem Du glaubst, dass er dann schon Milch geben wird." In anderen Worten: Aiwanger, der zwar mit einem wasserstoffbetriebenem Auto nach Lenggries gekommen war, glaubt nicht an gleichwertige oder bessere Alternativen bis dahin.

Das war erst der Anfang von Aiwanger als Wadlbeißer gegen die Bundespolitik. Wenn Gesundheitsminister Lauterbach nun Cannabis legalisiere, dann sei das der Versuch, die Bürger "einzulullen, damit man nicht merkt, was für Mist gemacht wird." Die vergangenen "1000 Jahre hamma Bier g'soffen, das hat uns nicht geschadet. Wenn jetzt 1000 Jahre gekifft wird, garantiere ich, dass es schlechter wird." Lauterbach solle zudem die Krankenhausreform stoppen, deren Hintergrund sei, dass Milliarden Euro im Gesundheitssystem fehlten. "Ich sage, die paar Milliarden, die quetsche ich dreimal aus dem Bürgergeld raus."

Aiwanger plädierte deshalb dafür, die Menschen einfach mal machen zu lassen und rief in Richtung Berlin: "Red's uns ned überall rein, sonst wer' ma narrisch!" Und er entwarf das "bayerische Gegenmodell: Stammtische, Schützenvereine, Landjugend, das ist doch die heile Welt. Und die müssen wir erhalten." Dann fiel das Wort, bei dem die Ohren derzeit besonders zu spitzen sind: "Die Demokratie...", begann er. Doch nein, er wollte sie nicht zurückholen, er hat sie gefunden: "Die Demokratie beginnt am Stammtisch", sagte er. "Und auf die müssen wir mehr hören." Vielleicht war sie es, die er am Ende auf seinem Smartphone festhalten wollte.

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