Wachstum der Stadt:Weniger Schlangestehen bei der Behörde

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Großer Andrang: Das Kreisverwaltungsreferat an der Ruppertstraße soll aufgestockt werden. Doch das allein reicht nicht. (Foto: Robert Haas)
  • Um lange Wartezeiten zu vermeiden, will das Kreisverwaltungsreferat vier große Bürgerbüros einrichten und kleinere, weniger leistungsstarke Anlaufstellen schließen.
  • Allerdings sollen "im Hinblick auf die ungebrochene Wachstumsdynamik" Standorte für weitere große Bürgerbüros ermittelt werden, die im gesamten Stadtgebiet verteilt sein sollen.
  • Im Gespräch sind unter anderem Moosach und die Gegend des Olympia-Einkaufszentrums.

Von Ellen Draxel, München

Lange Schlangen vor den Schaltern bis raus auf den Gehweg. Dichtes Gedränge in der Wartehalle. Eine Schließung oft schon vor Ende der Öffnungszeit. Viele Münchner, die in einem der städtischen Bürgerbüros einen Personalausweis beantragen oder ihr Auto abmelden wollen, kennen das nicht anders.

Nach Meinung des Kreisverwaltungsreferats (KVR) aber ist diese Situation "nicht länger zumutbar". Die Behörde plant daher schon länger eine Neuordnung der Anlaufstellen: 2013 hat das KVR, damals noch initiiert von dem inzwischen pensionierten Referenten Wilfried Blume-Beyerle, bereits ein erstes Konzept erarbeitet. Es sah vier große Bürgerbüros vor, in jeder Himmelsrichtung eines. Neben der Zentrale an der Ruppertstraße sollten die Standorte Pasing und Orleansplatz erhalten bleiben, am Scheidplatz soll ein viertes Bürgerbüro entstehen - in einem Neubau des Sozialreferates, der auch Wohnungen und eine Kindertagesstätte umfasst. Dafür wollte der Kreisverwaltungsreferent die kleineren Büros an der Riesenfeldstraße, der Forstenrieder Allee und der Leonrodstraße auflösen.

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Inzwischen liegt eine Untersuchung des Planungsreferates vor, die diese Einordnung auf den Prüfstand stellt. Weil es im Bereich der Bürgerbüros, anders etwa als bei den Bezirksinspektionen, keine örtliche Zuständigkeit gibt und jeder Münchner das Büro aufsuchen kann, das für ihn am günstigsten liegt, hat die Studie die Erreichbarkeit der Bürgerbüros untersucht. Das Ergebnis: 95 Prozent der Münchner gelangen binnen maximal 30 Minuten zu einem oder mehreren der von Blume-Beyerle favorisierten vier großen Bürgerbüros.

Basierend auf diesen Daten plädiert auch Blume-Beyerles Nachfolger Thomas Böhle dafür, das Hauptaugenmerk nun auf diese vier Standorte zu legen. Gleichzeitig fordert er aber weiterzudenken: "Im Hinblick auf die ungebrochene Wachstumsdynamik der Landeshauptstadt München müssen über das bisherige Konzept hinaus weitere Standorte für leistungsfähige Bürgerbüros gesucht werden", heißt es im Entwurf eines aktualisierten Standortkonzepts, das derzeit den Bezirksausschüssen zur Anhörung vorliegt. Bis zum Jahr 2035 sollen mehr als 1,8 Millionen Menschen in der bayerischen Metropole leben - Menschen, die sich an-, um- und abmelden wollen, die Ausweise brauchen, Meldebescheinigungen, Führungszeugnisse, Fahrzeug-Zulassungen.

Die Außenstellen an der Leonrod- und der Riesenfeldstraße sind dafür nicht geeignet, sie sind zu klein und sollen deshalb geschlossen werden. Ob das Bürgerbüro an der Forstenrieder Allee weiterbetrieben werden kann, ist derzeit offen - sollten die Räume der benachbarten Stadtbibliothek frei werden, könnte eine Verlagerung dorthin sinnvoll sein. Der Vertrag läuft noch bis Ende August 2021, er kann sogar um weitere vier Jahre verlängert werden. Das KVR hält es "auf alle Fälle für sinnvoll", dieses Büro bis zum Abschluss des Umbaus in der Zentrale 2019/20 weiter zu betreiben.

Ansonsten sind drei weitere Vorschläge in der Diskussion: Ein Standort im Nordwesten in der Nähe des Moosacher Bahnhofs, sinnvoll angesichts der geplanten Siedlungsentwicklung in Feldmoching und Ludwigsfeld. Eine Alternative für diesen Bereich könnte aber auch ein Bürgerbüro in der Gegend des Olympia-Einkaufszentrums sein.

Wunschort Nummer zwei für das KVR wäre der Hanns-Seidel-Platz im Südosten der Stadt. Ein Standort dort wäre in der Lage, den Orleansplatz zu entlasten und den Bewohnerzuwachs in Ramersdorf-Perlach, Berg am Laim und Trudering-Riem aufzufangen. Für ein drittes, langfristig denkbares Bürgerbüro im Nordosten gibt es noch keine konkreten Platz-Ideen, das Strukturkonzept für diese Gegend entsteht gerade erst. Klar ist aber, auch dieses Gebiet soll verdichtet werden und benötigt irgendwann eine Anlaufstelle. Erweitert, umgebaut und verlagert werden sollen jedoch zunächst die Hauptstandorte.

Um fast 20 Prozent hat das Kundenaufkommen in der Ruppertstraße in den vergangenen vier Jahren zugenommen, Tendenz steigend. Deshalb wird das Gebäude jetzt aufgestockt, bis 2030 soll die Zentrale über 168 Arbeitsplätze verfügen. Derzeit sind es 15 zu wenig, mit Folgen für das Raumklima und den Kundenservice. Stetigen Zulauf verzeichnen auch die Außenstellen am Orleansplatz und in Pasing.

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Doch die Wartezonen dort sind viel zu klein - weshalb Besucher am Orleansplatz oft in langen Warteschlangen ausharren müssen, die bis auf den Gehweg reichen. Beide Bürgerbüros sollen deshalb neu strukturiert werden: Im Fall Orleansplatz ist das KVR bereits in Gesprächen mit dem Kommunal- und dem Sozialreferat, um von 2018 an zusätzliche Räume im zweiten Obergeschoss zu bekommen. Momentan nutzt diesen Bereich das Sozialreferat.

Für Pasing hingegen wird ein Umzug angestrebt - denn obwohl das Bürgerbüro erst 2014 erweitert worden ist, fehlt bereits heute Raum für neun Arbeitsplätze. Pasing ist der einzige Standort im Westen, er wird künftig auch Bewohner der großen Neubaugebiete Paul-Gerhardt-Allee und Freiham mitversorgen müssen. Zwei Objekte wurden dem KVR als Alternative zu den jetzigen Räumlichkeiten angeboten, eines an der Institutsstraße 1, derzeit noch Dienststelle der Polizei, und ein anderes an der Bäckerstraße 1.

"Eine Verlagerung des Bürgerbüros Pasing wäre auch referatsübergreifend im Interesse der übrigen Dienststellen im Rathaus", argumentiert Böhle. Allein das Sozialreferat rechne bis 2030 mit einem zusätzlichen Flächenbedarf von 33 Arbeitsplätzen im Pasinger Sozialbürgerhaus. Das Versicherungsamt soll mit in die neuen Räume umziehen, das Standesamt mit seinem traditionellen Trausaal im Rathaus bleiben.

Unkomplizierter stellt sich die Situation am Scheidplatz dar: Das neue Bürgerbüro in dem Neubau wird voraussichtlich im Oktober 2018 eröffnen. Um bis zur Umsetzung des Konzepts unnötige Wartezeiten zu vermeiden, sollen von nun an sukzessive in allen Bürgerbüros Termine online vereinbart werden können. Auch viele Bescheinigungen und Auskünfte sowie Ummeldungen innerhalb Münchens sollen per Internet abwickelbar sein. Außerdem will das KVR für alles, was mit dem Bereich Einwohnermeldeamt zusammenhängt, Selbstbedienungsterminals bereitstellen. Und zur Entlastung der Kassen wird es Kassenautomaten geben.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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