Museum in München:Haus der Kunst hat Ärger wegen mutmaßlichem Scientologen

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Betriebsräte berichten von extrem hoher Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter im Haus der Kunst. (Foto: lukasbarth.com)
  • Ein führender Mitarbeiter des Münchner Hauses der Kunst steht im Verdacht, Mitglied bei Scientology zu sein.
  • Der Mann arbeitet bereits seit Anfang der Neunzigerjahre als Freiberufler in der Personalverwaltung des Museums.
  • Dem Haus der Kunst könnte nun auch Ärger wegen arbeitsrechtlich fragwürdiger Zustände drohen.

Von Susanne Hermanski und Christian Krügel

Viel wird derzeit diskutiert, wie das Haus der Kunst umgebaut werden und sich künftig der Öffentlichkeit präsentieren soll. Doch diese Debatte könnte nun von einer heiklen internen Diskussion überlagert werden. Wie Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) der Süddeutschen Zeitung bestätigte, steht ein führender Mitarbeiter des Hauses im Verdacht, Mitglied bei Scientology zu sein. Dies sei bereits seit Ende 2015 bekannt, die Geschäftsleitung um Direktor Okwui Enwezor habe deshalb auf Drängen des Aufsichtsrats auch Untersuchungen angestellt.

Der Betroffene arbeitet aber weiter im Haus der Kunst - denn sein Fall ist pikant: Er ist bereits seit Anfang der Neunzigerjahre in der Personalverwaltung des Museums tätig, aber als externer Dienstleister. Er habe einen "Status als Freiberufler", erklärt Spaenle. Damit droht dem Museum nicht nur Ärger wegen Scientology, sondern auch wegen arbeitsrechtlich fragwürdiger Zustände. "Die Sache ist sehr ernst zu nehmen", sagte Spaenle. Museumschef Enwezor erklärte, ihm liege sehr daran, "dieses verwaltungsrechtliche Problem zu lösen".

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Das "Problem" ist doppelt diffizil: Würde das Museum dem Mann die Mitarbeit aufkündigen, nur weil er Mitglied bei der Sekte ist, wäre das rechtlich wohl kaum zu halten. Zudem könnte der Betroffene auf Festanstellung klagen - derzeit besteht offenbar der Verdacht auf Scheinselbständigkeit. Und im Ministerium ist die Sorge vor der Blamage groß, verlöre man einen Prozess gegen Scientology. Seit Längerem rumort es unter den knapp 100 Mitarbeitern des Museums. Betriebsräte berichten von extrem hoher Arbeitsbelastung und einem schwierigen Klima.

Andere Mitarbeiter aber stehen zu dem angeblichen Scientologen in der Personalverwaltung: Am Freitagabend kamen 18 Beschäftigte zu einer spontanen Kundgebung vor dem Haus der Kunst zusammen, um ihre Solidarität mit dem Mann zu bekunden. Es handle sich um eine Rufmordkampagne und eine gezielte Aktion gegen die hervorragende Arbeit des Hauses, sagte dabei Caroline Topp, die im Sicherheitsbereich des Hauses arbeitet. Zumindest seit Dezember 2015 ist die angebliche Scientology-Mitgliedschaft des führenden Mitarbeiters ein Thema.

Bekannt wurden die Vorwürfe jetzt, weil die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias eine entsprechende Anfrage an Spaenle gestellt hat - sie ist empört, dass der Minister nicht eher eingeschritten sei. Das weist Spaenle zurück. Der Aufsichtsrat habe nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Museumsleitung damit konfrontiert. Enwezor und seine Kollegen hätten sich "ausdrücklich dazu bekannt, weder Scientology anzugehören", noch irgendwelche Beziehungen dazu zu haben, heißt es aus dem Ministerium. Die Geschäftsleitung habe auch alle Mitarbeiter nach Kontakten zur Sekte gefragt.

In Bayern müssen seit 1996 Bewerber für den öffentlichen Dienst Angaben zu einer möglichen Sektenmitgliedschaft machen. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung ist umstritten, und sie gilt ohnehin nicht fürs Haus der Kunst: Das wird zwar vom Freistaat maßgeblich finanziert, aber von einer Stiftung betrieben. Enwezor betont denn auch, dass Scientology nicht verboten sei. Dass es eine Organisation ist, die mit quasi-faschistischen Strukturen arbeite, habe er bislang nie so gesehen. Auch nicht, dass daraus für das Haus der Kunst mit seiner speziellen Geschichte eine schwierige Lage entstehen könnte.

Schwierig dürfte die Lage nun aber vor allem werden, weil das Haus offenbar seit mehr als 20 Jahren einen Externen in führender Position beschäftigt, ohne ihn anzustellen. "Wie kann das Kultusministerium hier jahrelang zuschauen?", fragt Zacharias. "Spaenle hätte längst handeln müssen - er ist für die staatliche Finanzierung zuständig." Der betroffene Mitarbeiter war bis zum Freitagabend für die SZ nicht zu erreichen.

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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