Demonstration und Konzerte:Was am Tag der Arbeit in München alles geplant ist

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Auf den Spuren großer Vorbilder: Ob "Falschgeld" aus dem Fünfseenland wirklich wie "Ton Steine Scherben" klingen, kann man beim Festival "Lautstark" am Marienplatz überprüfen. (Foto: Peter Wellnitz)

Gewerkschaften rufen am Marienplatz erst zum Demonstrieren, dann zum Feiern auf. Auch andernorts gibt es Revolutionsparty und Protestmusik. Alle Aktionen zum Maifeiertag im Überblick.

Von Michael Zirnstein

Ist der 1. Mai ein Tag zum Feiern oder zum Kämpfen? Beides, findet man beim Deutschen Gewerkschaftsbund, und als legitimer Erbverwalter der ersten Arbeiterproteste in Deutschland hat er durchaus die Deutungshoheit zum Tag der Arbeit. Vor 134 Jahren hätten die Arbeitnehmer den Kampf für den Acht-Stunden-Tag aufgenommen. "Wir haben ihn gewonnen." Deshalb sei der 1. Mai für die Gewerkschaften ein Feiertag. Aber zum Kämpfen gebe es immer noch Grund. Und so ruft der Gewerkschaftsbund wie jedes Jahr auch in München zur großen Protestkundgebung und einem noch größeren Kulturfest zusammen.

Erst die Arbeit, respektive der Protest: So treffen sich die Demonstranten am Mittwoch, 1. Mai, diesmal vor der Agentur für Arbeit an der Kapuzinerstraße und ziehen dann durch die Straßen zur Kundgebung auf dem Marienplatz. Dort sprechen um 11 Uhr Redner wie Sozialbürgermeisterin Verena Dietl und Verdi-Bundesvorsitzender Frank Werneke. Das Motto lautet heuer: "Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit."

So geht es den Gewerkschaften etwa darum, dass der Fachkräftemangel nicht zulasten der Arbeitnehmer geht und dass Rente und Bürgergeld wirklich finanzielle Sicherheit bieten. Die Demonstranten schließen sich auch ausdrücklich den Brandmauer-Protesten gegen Rechtsextreme an. "Sie stehen gegen alles, wofür wir als Gewerkschaften stehen", sagen sie. Dabei darf der Kampf durchaus kreativ sein; die originellsten Demo-Schilder werden prämiert.

Und dann wird gefeiert, wie immer bei freiem Eintritt. Zunächst beim Kultur- und Familienfest rund um den Marienplatz. Es gibt Kinderspaß und Konzerte, nämlich Soul von Ecco DiLorenzo (12.15 Uhr), Bluegrass von Johnny & The Yooahoos (13.45 Uhr) und Balkanbeats von Malaka Hostel (14.45 Uhr).

Wilder wird im Anschluss von 16.30 bis 22 Uhr die "Lautstark"-Party der DGB-Jugend, für die das Kulturzentrum Feierwerk wieder passende kämpferische Musiker gebucht hat: Der Rapper Conny aus Köln ist "erklärter Feminist" und übt in seinen nachdenklichen Texten System- und Kapitalismuskritik; derweil kämpft die Rap-Songwriterin Liser ("Ich bin 1,80 Emotion in 1,66 Mensch") vor allem mit ihren Gefühlen. Als Oi-Streetpunks haben Produzenten der Froide, erklärte Antifaschisten aus Stuttgart, schon "in jeder Kellerkneipe, jedem linken Wohnprojekt" gespielt. Derweil Falschgeld aus dem Fünfseenland, deren Album Nick McCarthy von Franz Ferdinand produziert hat, mit Vorbildern wie Ton Steine Scherben auch umstürzlerische Vorbilder haben.

Am Tag der Arbeit wird traditionell auf dem Marienplatz demonstriert. Die originellsten Demo-Schilder werden heuer prämiert. (Foto: Stephan Rumpf)

Ihr eigenes "Revolutionäres 1. Mai-Fest" macht die Glockenbachwerkstatt. Denn es sei "in Zeiten von Inflation, Sozialabbau und Rechtsruck wichtig, für eine bessere Welt zu kämpfen: Power To The People!", schreiben die Macher des Bürgerhauses (Blumenstraße 7). Von 15 Uhr an ist geöffnet für eine Ausstellung, Infostände, Erfrischungen, Kinderbetreuung und Konzerte mit SektSpätStück aus Berlin, und aus München den Psychorockern Grub und Autozynik, von denen es seit 1995 heißt: "Wenn Anarchie eine Melodie hat, dann ist es diese."

Wie die ersten Arbeitskämpfer haben auch IntimDJ Cpt. Schneider & Cpt. Davidopoulos in ihrer "Freinacht" immer eine rote Nelke im Knopfloch bei ihrer Indie-Party. Der traditionelle "Tanz in den Mai" der Szene-Unikate bietet außer einem Mitternachtsschnaps wieder "Internationale Musik für die niederen Bedürfnisse", aber durchaus auch sozialkämpferische Absichten (am 30. April, 21 Uhr, diesmal in der Milla, Holzstraße 28).

Für andere ist der 1. Mai allein ein Tag zum Ausschlafen, weswegen man in der Nacht davor in ihn hineintanzen kann. Dazu bieten sich an der "Maydance" mit Elektro und Hip-Hop im Neuraum (Arnulfstraße 17), die "Tanz-in-den-Mai-Hip-Hop-Nacht" im Pacha (Maximiliansplatz), der "Tanz in den Mai" mit breitem Musikmix und "aufregender Tanzshow" im La Rumba Latin Club (ehemals Ruby, Neuhauser Straße 47) sowie "Disco Disco" (Hansastraße 44). Die Nil Bar lädt zum "ersten Straßenfest der Saison" mit Freibieranstich (17 Uhr), die Gabys und Wahl der Maikönigin (Hans-Sachs-Straße 2). Und da der Mai immer auch Frühlingsgefühle weckt, bietet das Palais (Arnulfstraße 16) bei "Münchens größter Tanz-in-den-Mai- Single-Party" diverse Speed- und Silent-Dating-Optionen mit den "Flirt-willigsten Singles" der Stadt. Vielleicht findet sich jemand, der am nächsten Tag mitkommt zum Demonstrieren.

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