Bier in Bayern:Starnberger Brauhaus baut neue Brauerei

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Auf Expansionskurs: Florian Schuh ist einer der Eigentümer des Starnberger Brauhauses. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nur fünf Jahre sind seit der Gründung vergangen - und schon sieht sich Eigentümer Florian Schuh auf Augenhöhe mit Augustiner und Tegernseer. In Wieling entsteht nun ein zehn Millionen Euro teurer Neubau.

Von Astrid Becker, Feldafing

Das Gerüst schmiegt sich an das Gebäude wie ein wärmender Wintermantel an einen frierenden Körper. Noch verhüllt es, was im Inneren geschieht. Gearbeitet wird hier mit Hochdruck. Denn schon im Mai soll das Gebäude seiner Bestimmung zugeführt werden: dem Bierbrauen. Für etwa zehn Millionen Euro entsteht hier, im Feldafinger Gewerbegebiet Wieling, das neue Starnberger Brauhaus. Nur fünf Jahre sind seit seiner Gründung vergangen - und schon jetzt sieht sich Eigentümer Florian Schuh auf Augenhöhe mit Augustiner und Tegernseer.

Entsprechend strahlt er auch beim Rundgang durch seine künftige Produktionsstätte. "Wir sind in Höhenrain an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen", sagt er. Die Kapazitätsgrenzen liegen dort bei etwa 10 000 Hektoliter Bier - zu wenig, um die Nachfrage aus ganz Deutschland zu befriedigen, wie Schuh erzählt. Wenn man ihn danach fragt, wie es das Starnberger Brauhaus in einem sehr hart umkämpften Markt binnen kürzester Zeit so weit gebracht hat, bekommt man drei Antworten: Da sei der Name, "Starnberg, das kennen auch die Hamburger." Da seien Etiketten, Flaschen, Logo: "Die sind einfach schön." Und da sei auch die Liebe der Jugend zu dem Bier aus dem Landkreis Starnberg: "Da gelten wir als hip - zum Glück." Das Wort Glück soll an diesem Vormittag noch öfter fallen, auch wenn Schuh einer ist, der nicht recht ans Glück glauben will: "Für mich zählt da etwas anderes: einen Plan und eine Vision zu haben."

Nach nur fünf Jahren zieht Florian Schuhs Brauerei vom Berger Ortsteil Höhenrain ins Feldafinger Gewerbegebiet Wieling um. (Foto: Philip Dozauer/STAMEDIA)

Schuhs Vision für 2021 lautet: Von Mai an noch heuer etwa 20 000 bis 25 000 Hektoliter Bier produzieren und schon im kommenden Jahr 40 000 bis 50 000 Hektoliter. Freilich wäre in Wieling noch mehr möglich: Etwa die siebenfache Produktionsmenge von Starnberger Hellem, dem "Spezial" (einem Kellerbier), dem naturtrüben Weißbier sowie dem "Seenator", einem klassischen Bock als bisher. Und genau an diesem Punkt fällt Schuh sogar noch eine vierte Antwort auf die Frage nach dem Erfolg der Starnberger Brauerei ein: "Wir haben immer antizyklisch gedacht." Damit spielt er auf die traditionellen Biere an, die von Anfang an in seiner Brauerei hergestellt werden sollten - zu einer Zeit, in der alle Welt nur auf "Craft-Biere" schielte. Ein Trend, der aber schon zwei, drei Jahre nach Gründung des Starnberger Brauhauses in der Branche als überholt galt. Was damals auch der Wörthseer Craftbier-Brauer Ray Seeliger feststellte und sein Spezialbiersortiment um klassische Biere wie Helles und mittlerweile auch Radler erweiterte.

"Antizyklisch" kann man auch das nennen, was Schuh jetzt mit der millionenschweren Investition in einen Brauerei-Neubau treibt. Denn so rasant, wie sich sein Unternehmen entwickelt, schreitet der Bau seiner neuen Produktionsstätte voran: Im Juli vor einem Jahr war Spatenstich, vor zweieinhalb Wochen wurden bereits Gär- und Lagertanks und Sudkessel übers Dach eingesetzt. Diese Schnelligkeit begünstigt hat eigentlich ein Mangel: Schuh hatte ursprünglich gehofft, mehr Wasser beziehen zu dürfen. Doch vom Brunnen in der Nähe darf er nicht profitieren: "Der dient der Notversorgung", sagt Schuh. Wäre die Entscheidung anders ausgegangen, hätte er weitaus mehr Genehmigungen und Gutachten gebraucht: "Dann wären wir heute noch nicht so weit." Auch das sieht er daher als Glück an, auch wenn er dieses Wort nicht recht mag.

Glück hatte er aber auch, weil er über seinen unmittelbaren Nachbarn in Wieling, den bis jetzt in Tutzing beheimateten Arbeitskleidungs-Hersteller Steinmüller, an entsprechende Hallenbaufirmen kam: "Normalerweise hätten die mir den Vogel gezeigt, wenn ich denen damals gesagt hätte, ich will in drei Monaten das Bauen anfangen." Entsprechend zufrieden gibt sich Schuh nun auch jetzt: In Coronazeiten einen Bau-Zeitplan einzuhalten, sei schon etwas Besonderes, sagt er - und auch dem Umstand geschuldet, dass beispielsweise die gesamte Anlage sowie alle Tanks, insgesamt bisher zwölf, aus bayerischer Produktion stammten: "In Tschechien gibt es viele gute Hersteller - nur hätten wir uns da für einen Lieferanten entschieden, säßen wir jetzt wahrscheinlich wegen der Bestimmungen an den Grenzen ohne Tanks da."

Neun von ihnen ragen bereits für Gärung und Lagerung wie Bäume in einem Wald in Richtung Himmel. Sie fassen mal eben 66 000 Liter. Weitere drei Tanks könnten noch eingebaut werden, Platz dafür wurde bewusst gelassen. Zudem gibt es noch drei große Behälter für Wasser und Abwasser. Das Herzstück sind aber freilich die fünf Sudkessel: "Das Modernste, was es derzeit auf dem Markt gibt", schwärmt der Starnberger Brauherr. Und strahlt wieder. Weil ihm etwas geglückt ist, was nur wenigen Brauereien vergönnt ist - ein Umsatzplus von 7,7 Prozent in Coronazeiten einzufahren. Ein Glück, das wiederum auf einem Plan fußt: den Fokus, zumindest bisher, nicht auf die Gastronomie, sondern auf den Handel zu legen. Sonst sähe vieles anders aus. Zum Beispiel gäbe es wohl noch keinen Neubau. Und auch kein Gerüst.

© SZ vom 17.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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