Störerhaftung:Bundesgerichtshof weist Revision zurück

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Der Gautinger Tobias McFadden kann nach neun Jahren mit einem positiven Ausgang seines Rechtsstreits rechnen und sieht nun die Rechte kleiner Wlan-Betreiber gestärkt.

Von Blanche Mamer, Gauting

Für den Gautinger Tobias McFadden von der Piratenpartei war der Donnerstag, 7. März, ein sehr guter Tag. Dass er um vier Uhr morgens aufstehen musste, um den Zug nach Karlsruhe zu erreichen und rechtzeitig vor dem Bundesgerichtshof zu erscheinen, ist für ihn nun nur mehr ein Grund zum Lachen. Denn der Tag ist so viel besser gelaufen, als er es erwartet hätte. Am späten Nachmittag auf der Rückfahrt nach Gauting, bekam McFadden die Nachricht, dass das Gericht den Revisionsantrag von Sony Music zu einem Urteil des Oberlandesgerichts München zurückgewiesen hat und der Rechtsstreit damit für ihn vorbei ist.

"Ich freue mich, dass der Prozess, der sich über neun Jahre hinzog, einen erfolgreichen Abschluss gefunden hat. Wir wollten Rechtssicherheit auch und gerade für kleine Betreiber von offenen Wlan-Netzen erstreiten. Auch wenn wir uns nicht in allen Punkten durchsetzen konnten, haben wir im Lauf des Prozesses Deutschland- und Europarecht mitgeformt", sagt McFadden.

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Die Störerhaftung ist beerdigt. Nun können Bürger endlich beruhigt Internet anbieten. Ein Café, das ein offenes Wlan betreibt, ist schließlich nicht Störer, sondern Helfer.

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Schon während der mündlichen Verhandlung, die "überraschend knapp und kurz" war, habe er den Eindruck gehabt, dass die Sicht des Karlsruher Richters seiner eigenen ziemlich nahe kam. Das sagte McFadden im Gespräch mit der SZ. Dann habe der Anwalt der Gegenseite ziemlich sauer reagiert und ihn gewarnt, "nicht zu schnell, zu laut und vor allem falsche Dinge herauszujubeln". "Das ließ mich dann schon fast euphorisch werden", sagt der Verfechter eines offenen Wlans, "und machte mir Hoffnung auf ein positives Urteil."

Doch worum geht es bei dieser Geschichte? Von Anfang an ging es um die Haftung bei einem öffentlichen Internetzugang. "2010 bekam ich eine Abmahnung vom Musikproduzenten Sony Music, weil jemand mein Wlan genutzt hatte, um ein von Sony produziertes Album auf einer Tauschbörse anzubieten", berichtet McFadden. Weil der Nutzer nicht ausfindig gemacht werden konnte, sollte er als Betreiber haften. "Ich hatte den Rechtsverstoß definitiv nicht begangen, also wollte ich diese sogenannte Störerhaftung klären lassen ", sagt McFadden. Er erhob Einspruch und das zähe Hin und Her nahm seinen Lauf. Befasst waren mittlerweile das Landgericht München I, der Europäische Gerichtshof, das Oberlandesgericht und nun der Bundesgerichtshof.

"Der Europäische Gerichtshof ist unserer Rechtsauffassung zur Stellung von Wlan-Betreibern gefolgt; beeinflusst vom Gutachten des Generalanwalts wurde das deutsche Telemediengesetz geändert und die 'Wlan-Störerhaftung abgeschafft'." Heißt also, dass die Piraten die Abschaffung der Störerhaftung erkämpft haben und, wie McFadden sagt, "das lukrative Geschäftsmodell der Massenabmahnungen eingedämmt und Wlan-Betreiber gestärkt hat". Es heißt aber nicht, dass jetzt jeder risikolos sein privates Wlan öffnen könne, ohne für Rechtsverletzungen belangt werden zu können.

Allerdings werde nun "endlich auch in Deutschland eine dezentrale Wlan-Versorgung durch kleine Anbieter wie Cafés oder Restaurants möglich". Für McFadden, der für die Piraten im Gautinger Gemeinderat sitzt, ist zudem klar: Nach Abschluss des Prozesses will er sich jetzt weiter dem Ausbau von Netzen in Bürgerhand und der Gemeinnützigkeit von Freifunk widmen. Er rate allen, die ihr Wlan öffnen wollen, sich über die nicht kommerzielle Initiative zu informieren.

© SZ vom 09.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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