Starnberger See:Die Fischmeister von morgen

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Züchten, räuchern, forschen: Der 17-jährige Karl-Christian Rincke absolviert die Ausbildung am Institut für Fischerei. Weil die Naturverbundenheit wächst, herrscht dort kein Nachwuchsmangel.

Von Lisa Bullerdiek, Starnberg

Die Regenbogenforelle schnappt nach Wasser. "Die ist in einer Woche fertig", sagt Karl-Christian Rincke und wirft das eineinhalb Kilo schwere Tier zurück ins Betonbecken. Danach angelt er den nächsten bunten Fisch mit einem Kescher heraus. "Die kann schon", sagt der Azubi, nachdem er den gefleckten Bauch befühlt hat. Im Wasser sammeln sich Fischeier als orangefarbene Perlen. Im Institut für Fischerei (IFI) in Starnberg richten sich die Tage nach dem Jahreszyklus der Fische. Im Herbst ist Brutzeit.

Am Institut werden zukünftige Fischwirte ausgebildet, unter ihnen Karl-Christian Rincke. Fischwirtschaftsmeister Andreas Streicher ist einer der Ausbilder am IFI im Siebenquellental in Starnberg. Seit 25 Jahren arbeitet er dort, hat Auszubildende kommen und gehen sehen. Das Ansehen des Berufs habe sich gewandelt. "Meine Eltern haben mir damals gesagt, dass ich auch in meiner Freizeit fischen kann", erzählt Streicher von seiner eigenen Ausbildung. In den vergangenen Jahren seien mehr junge Menschen am Beruf des Fischwirts interessiert gewesen. Das erklärt er sich durch mehr Respekt für handwerkliche Berufe, Nähe zur Natur und die "breit gefächerte" Ausbildung. Dabei sei die Liebe zur Natur aber der ausschlaggebende Punkt für viele Auszubildende, bestätigt Daniela Harrer, die den Ausbildungsbetrieb am IFI leitet.

Karl-Christian Rincke passt ins Profil: Der 17-Jährige hat schon in seiner Kindheit geangelt, in seiner Familie wurde auch gejagt. Auf ein Leben im Bürostuhl hätte er keine Lust gehabt, sagt er, deswegen ist er vor zwei Jahren von Dresden ins 450 Kilometer entfernte Starnberg gezogen. Seitdem lebt er direkt neben der Fischerei in einem großen Holzhaus, das vom Institut gestellt wird, manchmal wohnen dort auch Praktikanten.

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An einem typischen Tag reinigt er morgens die Gitter an den etwa 50 Fischbecken, die im Herbst mit Laub verstopfen. Er überprüft, ob sich in der Nacht Füchse oder Reiher über die Forellen hergemacht haben. Ansonsten sei die Ausbildung sehr abwechslungsreich, berichtet er. Manchmal fährt er mit seinen Ausbildern auf den See zum fischen, lernt, wie man Fahrzeuge wartet oder Fische richtig räuchert. Daniela Harrer erklärt, dass die Ausbildung umstrukturiert wurde. Es gebe nun nicht mehrere Ausbildungswege für verschiedene Teilbereiche der Fischwirtschaft, stattdessen sollen "Allrounder" ausgebildet werden.

Karl-Christian Rincke ist derzeit der einzige Auszubildende am IFI, aber hier finden auch Kurse für Azubis statt, die sich in einem anderen Betrieb drei Jahre lang zum Fischwirt ausbilden lassen. Das Institut hat dabei ein sehr großes Einzugsgebiet: In den Jahrgängen aus jeweils etwa 30 Leuten stammen die Auszubildenden aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Österreich und der Schweiz. Sie absolvieren am IFI Kurse zu Schwerpunktthemen wie Forellenzucht oder Fischverarbeitung und legen hier ihre Zwischen- und Abschlussprüfung ab. In dieser Zeit schlafen sie im eigenen Internat des Instituts.

Das IFI gehört seit 2003 zur Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LFL). Seit 1910 existiert die Anlage, damals noch als Fischereischule. Insgesamt hat das Institut fünf Arbeitsbereiche, von denen vier in Starnberg angesiedelt sind. Hier wird nicht nur ausgebildet, sondern auch geforscht, und Forellen werden gezüchtet, um sie an Fischereibetriebe in der Region zu verkaufen. Das Institut wolle keine Konkurrenz zu den Fischern darstellen, sagt Andreas Streicher. Die 50 Becken, in denen hauptsächlich verschiedene Forellen gezüchtet werden, speisen sich aus dem Wasser von den sieben Quellen am Hang oberhalb des Instituts.

Karl-Christian Rincke sagt, er habe sich in Starnberg gut eingelebt nach zwei Jahren. Am Anfang habe es kleine Verständigungsprobleme zwischen dem nur noch leicht sächselnden jungen Mann und seinen urbayerischen Ausbildern gegeben. Seine Ausbilder hätten sich gewundert, warum er zu Aufgaben Nein sagte und sie dann trotzdem erledigte. Das sächsische "Nu" war das Problem. Ein weiteres Jahr hat er vor sich, dann ist er ausgebildeter Fischwirt. Danach will er zwei Jahre als Geselle arbeiten, dann vielleicht einen Meister machen. Wo, kann er noch nicht sagen.

© SZ vom 03.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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