Starnberger See:Nach Kettensägen-Vorfall: Prozess gegen Jens Lehmann

Lesezeit: 2 min

Jens Lehmann stand auch schon wegen Verkehrsdelikten vor Gericht. (Foto: Jan Huebner/Voigt/imago)

Der Ex-Torwart soll den Dachbalken einer benachbarten Garage abgesägt haben, um freie Sicht auf den Starnberger See zu haben. Doch das ist nicht der einzige Vorwurf, weswegen sich Lehmann nun vor Gericht verantworten muss.

Von Christian Deussing, Berg

Der frühere Fußball-Nationaltorwart Jens Lehmann muss sich am 8. und 22. Dezember vor dem Starnberger Amtsgericht verantworten. Dem 53-Jährigen, der in Berg am Starnberger See wohnt, wird von der Staatsanwaltschaft München II Sachbeschädigung, Beleidigung sowie Betrug in zwei Fällen vorgeworfen. Geladen seien insgesamt zwölf Zeugen, teilte am Dienstag ein Sprecher des Amtsgerichts mit. Die Anklage, die bereits vor sieben Monaten erhoben worden war, sei ohne Änderung zugelassen worden.

Besonders der Vorfall vom 25. Juli vergangenen Jahres hatte Schlagzeilen gemacht: An dem Tag soll der Ex-Keeper mit einer Motorsäge den Dachbalken der Nachbargarage auseinandergesägt haben, um von seinem Anwesen aus eine bessere Sicht auf den Starnberger See zu haben. Den Ermittlungen zufolge hatte eine Überwachungskamera die Aktion von Lehmann gefilmt. Der soll zuvor zwar noch das Stromkabel durchtrennt haben. Die Kamera lief allerdings batteriebetrieben weiter.

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Überdies soll der frühere Fußballstar seinen Nachbarn beleidigt haben. Mit dem deutlich älteren Architekten liegt Lehmann offenbar seit Jahren im Clinch. Zudem wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor, zweimal Gebühren von insgesamt rund 300 Euro in einem Parkhaus am Münchner Flughafen nicht gezahlt zu haben. Im zweiten Fall aus dem September 2022 soll Lehmann von einer Videokamera gefilmt worden sein, wie er die Schranke beim Rausfahren austrickste.

Die Strategie des Verteidigers, eine öffentliche Verhandlung zu verhindern, ging nicht auf

Der Münchner Anwalt des Ex-Torwarts hat offenbar bis zuletzt versucht, mit weiteren Stellungnahmen zu den erhobenen Vorfällen eine öffentliche Verhandlung zu verhindern. Dies ist dem Verteidiger, der Lehmann erst seit Juli in dem Verfahren vertritt, aber nicht gelungen. Der Anwalt kündigte an, zum Prozessauftakt am 8. Dezember eine Stellungnahme abzugeben. Nach den Beschuldigungen hatte Lehmann damals auf Instagram geschrieben, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht zutreffen würden.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Ex-Profi Ärger mit der Justiz hat. Auch vor dem Starnberger Amtsgericht hat er sich schon verantworten müssen: Vor sieben Jahren ging es um mehrere Verkehrsverstöße, unter anderem um Beihilfe zur Unfallflucht. Dabei wurde Lehmann zu einer Geldstrafe in Höhe von 42 500 Euro verurteilt. Die Verfahren wegen Nötigung und Körperverletzung sowie einer falschen Verdächtigung im Straßenverkehr wurden seinerzeit im November 2016 eingestellt.

Zurück zum Prozess, der nun auf Lehmann zukommt. Hierbei dürfte neben den mutmaßlichen Beleidigungen auch zur Sprache kommen, dass die Garage offenkundig schon mehrfach beschädigt worden ist. Doch in diesen Fällen lieferte keine Kamera verräterische Bilder. Der Gesamtschaden betrug laut Polizei mehr als 10 000 Euro. Dem Vernehmen nach kam es auch zu Streitigkeiten zwischen Lehmann und der Nachbarschaft ums Wegerecht oder um eine Mauer zwischen den Grundstücken.

Diese Garage des Nachbarn soll Jens Lehmann in Berg mit der Motorsäge bearbeitet haben, um einen freien Blick auf den Starnberger See zu erlangen. (Foto: Nila Thiel)

Der prominente Seeanwohner soll sich übrigens vor einigen Jahren darüber aufgeregt haben, dass die Gemeinde Berg in der Nähe seines Anwesens eine Wasserleitung verlegen musste. Die Bauarbeiten dauerten einige Wochen, wobei Lehmann in einem Fall angeblich in der schmalen Waldeinfahrt zu seinem Grundstück den Sportwagen so geparkt haben soll, dass die Handwerker nicht mehr aus der Sackgasse herausfahren konnten.

Auffälliger waren hingegen die Hubschrauberflüge des WM-Helden von 2006: Jens Lehmann war zwei Jahre nach der Weltmeisterschaft Torwart beim VfB Stuttgart und flog mehrmals von Berg aus mit dem Helikopter zum Training in die 250 Kilometer entfernte Schwabenmetropole - und landete später auf dem Fußballplatz des MTV Berg mitten im Ort. Diese Eskapaden verärgerten Anwohner nicht nur wegen des Lärms.

Doch mit dieser skurrilen Geschichte hat die Justiz jetzt nichts zu tun. Das Gericht muss sich vielmehr mit einem Angeklagten befassen, der sich womöglich in bestimmten Situationen nicht beherrschen kann. Das zeigte sich auch immer wieder in seiner erfolgreichen Fußballerkarriere, denn er fiel mit Extravaganzen oder Marotten auf. Zu seiner Zeit beim FC Arsenal in London nannten sie ihn deshalb "Mad Jens" - verrückter Jens.

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