Freizeit am Ammersee:Urlaub im Streichelzoo

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Der Unternehmer Josef Schernthaner hat mit der Umgestaltung des früheren Perger-Geländes in Breitbrunn begonnen. Auf dem künftigen Landgut sollen Familien in sieben Holzhütten übernachten können - ganz nah an der Natur und inmitten von Tieren.

Von Astrid Becker, Herrsching

Wenn es nach Josef Schernthaner ginge, würde er sofort loslegen. Der 39-Jährige gehört zu den Menschen, die unruhig werden, wenn sie nicht irgendetwas planen oder gestalten können - nicht nur im Beruf, sondern auch nebenbei: "Ich brauch' das als Ausgleich." Schernthaners Ausgleich zum Job ist seine Vision für das Perger-Grundstück in Breitbrunn, das ihm seit 2017 gehört. Er will es unter einem neuen Namen, "Landgut Schernthaner", in eine erlebbare Landwirtschaft verwandeln - und dort zeigen, was er am besten kann: Garten- und Landschaftsbau. Es geht dort also um Synergieeffekte, quasi um eine Brücke zwischen "Ausgleich" und Unternehmertum.

Seit 1960 gibt es Schernthaners Firma schon in Neuried, etwa 100 Menschen sind dort beschäftigt: in einem Mietpark, einem Kompostwerk, einem Wertstoff- und Recycling-Center und eben im Garten- und Landschaftsbau. Der 39-Jährige führt das Unternehmen seit drei Jahren mit seinem Cousin Sigmund. Großvater Josef I. - "wir haben das aus Spaß durchnummeriert, weil mein Vater auch Josef heißt" - hatte es gegründet. Aus Österreich sei der damals nach Deutschland gekommen, um Geld zu verdienen, und habe sich schließlich selbständig gemacht. Garten- und Landschaftsbauer ist auch sein Enkel geworden. Und als der das Perger-Grundstück zum ersten Mal sah, war ihm klar, wie viel Potenzial sich in dem Areal im Außenbereich und im Landschaftsschutzgebiet versteckt. Allerdings nur, wenn man die richtige Idee dafür hat. Bei Schernthaner sieht die etwa so aus: Trenn' Dich von Unnützem, nütze das Gute, das da ist, und verbessere es immer weiter.

Auf dem Landgut von Josef Schernthaner bei Breitbrunn gibt es ein ganzes Sammelsurium von Tieren, darunter auch Schafe. (Foto: Nila Thiel)

Und deshalb hat Schernthaner schon mal ordentlich aufgeräumt auf dem ehemaligen Grundstück des Saftherstellers Johannes von Perger. Das Zelt, das dort stand, ist verschwunden, stattdessen pflanzte er neue Bäume und legte den Parkplatz, der in diesem etwa 6000 Quadratmeter großen Teil des Grundstücks bestand, neu an. Das einstige Wohnhaus von Perger hat Schernthaner mittlerweile selbst bezogen, mit Naturstein ist es eingefasst, neue Türen wurden gesetzt. Auch im Inneren ist nichts mehr so, wie es war: Dort dominieren edle Naturhölzer und Naturstein.

Der Blick vom Wohnbereich fällt auf eine Wiese mit vier Schafen. Schwarznasen heißt die bedrohte Schafsrasse, die sich Schernthaner im Sommer zugelegt hat: "Die wollte ich unbedingt für die Kinder." Für seine eigene achtjährige Tochter ebenso wie für die Familien, die er nach Breitbrunn holen will. "Urlaub im Streichelzoo" könnte man es nennen, was der 39-Jährige dort offerieren will. Vergessenes Wissen, verlorene Naturnähe diagnostiziert er als Grundprobleme dieser Zeit; genau das will er den Menschen auf dem 20 000 Quadratmeter großen Grundstück wiedergeben - und sie für artgerechte Tierhaltung sensibilisieren.

Die größeren Umbauten, die der neue Eigentümer für das Breitbrunner Areal plant, sind noch nicht genehmig - wie der eines Gebäudes zum Betriebshof. Visualisierung: Schernthaner (Foto: N/A)

Zehn Wollschweine gibt es bereits, für die Schernthaner eine "Saugenossenschaft" ins Leben gerufen hat, wie auf seiner neuen Internetpräsenz landgut-schernthaner.de zu lesen ist. "Schweineleasing" bietet er da an. Das funktioniert so: Firmen oder Privatleute leasen ein Schwein, können es stets auf dem Hof - oder über eine Schweine-Webcam aus der Ferne beobachten. Gefüttert werden die Tiere mit Gemüse, das Händler aus München nicht verkaufen konnten und nach Breitbrunn bringen. Fleisch und Wurst gehören dann dem Leasingnehmer. Doch Schernthaners Herz schlägt auch für andere Vierbeiner: So hat er bereits eine zusätzliche Fläche gepachtet. Dort sollen bald Galloway-Rinder und Esel stehen - und Kleintiere: "Kinder lieben Tiere", sagt er.

Tagesausflügler sollen sich daran erfreuen - ebenso wie Übernachtungsgäste, die er in sieben speziellen Holzhütten einquartieren will: "Die sind voll kompostierbar und werden nur verschraubt. Wir wollen keine Flächen versiegeln", sagt er. Sie sollen sich rund um einen Schwimmteich in die Landschaft schmiegen. Damit die Menschen, die hierher kommen, Ruhe finden und vom Alltag entspannen, wie Schernthaner sagt - und ganz nebenbei mit der Nase auf Dinge gestoßen werden, die sie bei sich zu Hause umsetzen können: "Unsere Kunden in Neuried sind meist Kommunen, Privatkunden haben wir bisher eher vernachlässigt, dabei ist die Nachfrage groß", sagt Schernthaner.

Deshalb will er auf dem Areal alles zeigen, was möglich ist - welche Pflanzen wo am besten gedeihen, wie man einen Schwimmteich anlegt oder auch wie viel Spaß eine Outdoorküche einem Koch machen kann. Das hat er übrigens schon mal persönlich vorgeführt, beim Perger-Weihnachtsmarkt im Advent. Da grillte er Würstl und Steaks für die Besucher und schenkte Wein aus. Eigenen natürlich, Schernthaner gehört ein Weingut im niederösterreichischen Kamptal. Auch darüber will er auf seinem Gut informieren: etwa wie Wein angebaut wird oder was unter Qualität bei Schnaps zu verstehen ist. Für letzteres kooperiert er mit der Familie Eisl vom Wolfgangsee, die Edelbrände herstellt.

Diese, ebenso wie Schernthaners Wein, werden neuerdings auch im Hofladen vertrieben. Pergers Frau Paula führt diesen nach wie vor, während ihr Mann auf dem Areal noch immer Säfte herstellt. Auch dafür hat Schernthaner Pläne: Er will die Fassade des Hofladens mit Holzschindeln veredeln - und auch alle anderen Gebäude umgestalten, etwa den lang gestreckten Bau am Parkplatz. Die Entwürfe dafür sind weit gediehen, der Gemeinderat hat sie auch bereits abgesegnet. Schon bald soll ein Bebauungsplan für das Areal aufgestellt werden. Derzeit werde noch geprüft, wie viel dafür aus dem Landschaftsschutzgebiet genommen werden müsse, sagt Herrschings Bürgermeister Christian Schiller. In etwa einem guten Jahr, schätzt er, könne Schernthaner mit dem Bauen beginnen. Zeit, in der es dem umtriebigen 39-Jährigen aber sicher nicht langweilig werden wird. Er feilt einfach weiter an seinen Ideen: "Ich kann ja gar nicht anders."

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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