SZenario:Alle Palmen sind noch da

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Gunilla Hirschberger, Daniela Ziegler und Christian Schottenhamel (von links). (Foto: Robert Haas)

Die Münchner Gastronomen ersetzen ihren Faschingsball durch ein Sommerfest im Schlosscafé von Nymphenburg und erörtern die Frage, wie es der Branche gerade geht

Von Franz Kotteder

Verregnete Feste kennt der Wiesnwirt Christian Schottenhamel ja noch vom vergangenen Oktoberfest, insofern sieht er es relativ gelassen, dass dieser Abend nun tatsächlich im Schlosscafé im Palmenhaus stattfindet und nicht auf der Wiese davor. Es regnet zwar nicht mehr, "aber wir hatten auch nicht damit gerechnet, dass es draußen 15 Grad hat", sagt er in seiner kurzen Ansprache zum Beginn des Sommerfestes der Münchner Gastronomen. Hier, in unmittelbarer Nähe von Schloss Nymphenburg, lässt sich besonders gut feiern, selbst wenn das Wetter mal nicht so mitspielt. Das wissen nicht nur Gastronomen. Aber die besonders, und so kann der Dehoga-Kreisvorsitzende Schottenhamel immerhin gut 200 der insgesamt 1300 Mitglieder seines Verbands begrüßen.

Fast hatte man Bedenken, dass es mit der Münchner Gastronomie insofern den Bach hinuntergeht, als sie selber immer die schönsten Feste auszurichten verspricht, selber aber nicht mehr zu feiern versteht. Die Bedenken waren aufgekommen, nachdem der Kreisverband München des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga im vergangenen Jahr seinen Gastronomenball "Ball Epoque" mangels Interesse im Vorverkauf absagen musste - es hatten sich einfach zu wenig Gäste aus der eigenen Branche angemeldet.

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Am Mittwochabend aber ist das schnell vergessen. Heute fehlen eher die Gäste aus der Politik. Im Rathaus ist nämlich die letzte Vollversammlung des Stadtrats vor der Sommerpause in die Verlängerung gegangen, und danach kreuzt erst einmal Klaus Peter Rupp von der SPD-Fraktion ganz allein auf, er ist für die Gastronomen in der Stadt fraktionsintern zuständig. Später verliert er sein Alleinstellungsmerkmal wieder, denn die Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne) kommt gegen 20 Uhr noch nach. Und die Paul Daly Band muss ihre Pop- und Rockklassiker diesmal ohne ihren gelegentlichen Stargast, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), und mit ein paar kräftigen Rückkopplungen bewältigen. Reiter hat eine Zahn-OP überraschend ausgeknockt; sie hatte ihn bereits vom Stadtrat ferngehalten. Dafür ist abends Landrat Christoph Göbel (CSU) da, was nur jene verwundert, die nicht wissen, dass der Dehoga-Kreisverband München auch den Landkreis mit einschließt und "von Aying bis Eching reicht" (Schottenhamel). Die Brauer vertritt Vorstand Martin Leibhard von Augustiner, und die Dehoga aus Westfalen hat eine Abordnung geschickt, die den Bayern mal beim Feiern zuschauen möchte.

Man merkt: Ganz sorgenfrei gehen die Münchner Gastronomen nicht in die zweite Jahreshälfte.

Zunächst aber nutzt Christian Schottenhamel mit seinen Vorstandskollegen Peter Inselkammer, Martin Stürzer, Gunilla Hirschberger und Claudia Trott die Gelegenheit, die Kernforderungen seiner Branche noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Deren wichtigste: "Die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen muss dauerhaft bleiben!" Sollte die Coronamaßnahme wieder rückabgewickelt werden, müssten die Gastronomen die zwölf Prozent Steigerung an die Gäste weitergeben, was zusammen mit dem Personalnotstand "eine Katastrophe für die Branche" wäre.

Man merkt: Ganz sorgenfrei gehen die Münchner Gastronomen nicht in die zweite Jahreshälfte, auch wenn man das beim Fest nur am Rande mitbekommt. Immerhin weiß man sich zu helfen; gegen den Personalmangel kämpft man im kommenden Jahr mit einer eigenen Münchner Ausbildungsmesse, und zur Not packt man halt mal selbst an. So sieht man Thomas Hirschberger, einen der erfolgreichsten Münchner Gastronomen überhaupt, an diesem Abend schon mal einen großen Stapel Teller zum Buffet schleppen, als die dort ausgehen.

Zum Schluss darf man noch festhalten: Das Schlosscafé im Palmenhaus von Claudia Trott und Josef Schmidbauer hat sich mächtig in Schale geworfen, besonderen Anklang finden eine "Candy Bar" mit allerlei Süßigkeiten gleich am Eingang und ein opulentes warmes und kaltes Buffet. Beifall gibt es auch für Trotts Ankündigung von der Bühne: "Die Blumen auf den Tischen dürfen übrigens mitgenommen werden." Schottenhamel schiebt dann vorsichtshalber doch noch nach: "Aber die Palmen bleiben hier!"

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