Prozess zum S-Bahn-Unglück:Gutachter schließen technische Fehler aus

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Beim Zusammenstoß zweier S-Bahnen südlich von München kam am 14. Februar 2022 ein Fahrgast ums Leben. (Foto: Uwe Lein/dpa)

Der angeklagte Lokführer hat die Schuld an dem Zugunfall bei Schäftlarn vor Gericht zwar gestanden, sagt aber, er könne sich an nichts mehr erinnern. Der Rechtsmediziner entdeckt Ungereimtheiten.

Von Susi Wimmer

Es ist Tag zwei im Prozess um den verheerenden S-Bahn-Unfall bei Schäftlarn, und das Gericht versucht, sich der Wahrheit über die Anhörung von Gutachtern zu nähern. Richard Z., der Führer der Unfall-Lok, hat zwar ein Geständnis abgelegt, gleichzeitig aber erklärt, sich an überhaupt nichts mehr erinnern zu können.

Es war der 14. Februar 2022, als Richard Z. an diesem Nachmittag zum dritten Mal die S7 von Wolfratshausen Richtung München steuerte. Einem Kollegen soll er gesagt haben, dass es ihm nicht so gut gehe. Er selbst erklärt vor dem Amtsgericht, es sei ein schöner Tag gewesen, er habe sich wohlgefühlt.

Bei der Anfahrt auf den Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn allerdings war Z. laut dem Gutachter Martin Will schon zu schnell unterwegs, er wurde automatisch abgebremst. Will ist Diplom-Ingenieur und Sachverständiger im Eisenbahnwesen. Richard Z. hätte sich jetzt beim Fahrdienstleiter melden müssen, tat er aber nicht.

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Mittels eines später gedrehten Videos und einer Simulation fahren die Zuschauer in Raum A22 des Amtsgerichts die Strecke im Führerstand mit. Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn: Das Ausfahrtsignal zeigt zwei rote Lichter, "deutlicher kann man ein Signal nicht setzen", sagt der Gutachter. Die nachfolgende Strecke ist eingleisig. Richard Z. fährt trotzdem los, wird vom System zwangsgebremst, kann sich aber selbst aus der Zwangsbremsung befreien und Gas geben. "Das mag ein Fehler im System sein", meint der Gutachter. Ebenso verwerflich findet er es, "wie lax die Bahn damit umgeht, wenn sich die Triebwagenfahrer nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten". Technische Fehler im System, die zu dem Unfall geführt hätten, kann der Gutachter nicht finden.

Richard Z. fährt mit 67 Kilometern pro Stunde auf der eingleisigen Strecke. Um 16.35 Uhr muss er die auf den Gleisen stehende S-Bahn in der Gegenrichtung bemerkt haben. Er leitete laut Gutachter eine Schnellbremsung ein. Bis zum Zusammenstoß blieben noch fünf Sekunden. Die muss Z. dazu genutzt zu haben, sich selbst in Sicherheit zu bringen und in den Waggon zu flüchten.

Der angeklagte Lokführer stand an dem Tag nicht unter Drogen- oder Alkoholeinfluss, er war nicht durch das Handy abgelenkt. Er gibt an, bis auf Bluthochdruck körperlich gesund zu sein. Er konnte die S-Bahn bedienen, Signale setzen - und bremsen. Auch aus toxikologischer Sicht, so sagt Rechtsmedizinerin Jessica Welter-Lüdeke, sei Z. "voll steuerungsfähig" gewesen.

Wie ist das mit einer Amnesie vereinbar?

Was bleibt dann als Erklärung? Eine psychische Erkrankung? Rechtsmediziner Matthias Eppler zählt auf, dass Richard Z. zwar sage, er könne sich an nichts erinnern, allerdings sei er beim Auffinden bei Bewusstsein gewesen, habe sofort gefragt: "Was ist passiert? Bin ich schuld?" Die Ärzte schreiben im Bericht, Z. leide unter Flashbacks, blitzartigen Fragmenten der Erinnerung. Aber wie sei das mit einer Amnesie, also einem Gedächtnisverlust, erklärbar, fragt der Mediziner.

Nach den Einlassungen des Lokführers müsse eine anterograde und eine retrograde Amnesie vorliegen. Also ein Gedächtnisverlust vor und nach dem traumatischen Ereignis. Dagegen spricht die Äußerung von Z., er habe sich gewundert, dass er in Icking die entgegenkommende S-Bahn nicht gesehen habe. Von einer Gehirnerschütterung geht der Mediziner auch nicht aus. Ansonsten bleibe nur eine psychogene Amnesie - oder eine "intendierte Vortäuschung" einer Amnesie. Der Prozess wird am 7. März fortgesetzt.

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