München:Dieser Wiesn-Chef hat eine Vorliebe fürs Klotzen

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Zapft hier Triumphator beim Starkbierfest in München an: Clemens Baumgärtner (CSU). (Foto: IMAGO/B. Lindenthaler/IMAGO/Lindenthaler)

Die Stadt streitet gerade um den Wert der Kultur auf dem Oktoberfest. Clemens Baumgärtner ist als Wirtschaftsreferent dafür zuständig und gilt sonst als sehr meinungsfreudig. Nur diesmal gibt er sich auffällig zurückhaltend.

Von René Hofmann

Als Münchner Kommunalpolitiker hat man eine Chance, wirklich groß herauszukommen: Man muss ein Thema finden, das sich irgendwie mit dem Oktoberfest verbinden lässt. Die Wiesn interessiert in München, um München herum und weit über München hinaus. Immer und in jeder Form.

An diesem Dienstag steht im Stadtrat nun eine Entscheidung an, in der ein besonderer Aspekt des besonderen Volksfests verhandelt wird - die Frage: Wie hoch wird die Kultur bewertet bei der Traditionsveranstaltung?

Es geht um ein besonderes Zelt auf der sogenannten Oidn Wiesn, einem historischen Ableger des Millionenrummels, der 2010 gegründet wurde und auf dem historische Fahrgeschäfte stehen und Zelte, in denen es beschaulicher zugeht als auf dem großen Festplatz.

Das Herzkasperl-Zelt soll verschwinden, in dem vor allem die Volksmusik gepflegt wurde. "Die auftretenden Künstlerinnen und Künstler spielen neue und alte Volksmusik. Sie spiegeln die gegenwärtige 'Szene' des bairischen Sprachraums wider. Mit dabei sind auch Gruppen und Kapellen aus dem gesamten Alpenraum", so hieß es in der offiziellen Zeltbeschreibung bisher. Was dort künftig stehen wird, ist ungewiss. Es gibt die Bewerbung eines anderen Wirts, die dem Vernehmen nach mehr Punkte erhielt. Über dessen geplantes Kulturprogramm aber ist noch wenig bekannt.

Plötzlich pragmatisch

An dieser Stelle der Geschichte kommt nun Clemens Baumgärtner (CSU) ins Spiel. Baumgärtner ist seit März 2019 der Wirtschaftsreferent der bayerischen Landeshauptstadt. Als solcher ist er laut Stellenbeschreibung zuständig für: Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarktpolitik, Europa, Beteiligungen, Tourismus und Veranstaltungen. Und damit insbesondere fürs Oktoberfest. Die Bezeichnung Wiesn-Chef ist etwas verkürzend, aber treffend.

Allein kann Baumgärtner nicht entscheiden, aber sein Wort hat Gewicht. Und in Sachen Herzkasperl-Zelt hat er sich recht pragmatisch positioniert: Ein jeder könne sich bewerben. Wer in dem (nicht öffentlich einsehbaren) Verfahren die meisten Punkte sammle, erhalte den Zuschlag. Andernfalls drohten der Stadt Klagen.

Von der Verve, mit der Baumgärtner sich in der Vergangenheit bei anderen Fragen, die Wiesn-Traditionen betrafen, in die Öffentlichkeit warf, ist derzeit wenig zu spüren. Als die Diskussion einst auf rassistische und sexistische Malereien an Schaustellergeschäften kam, tat er dies mit dem Verweis auf die "Kunstfreiheit" ab. Als es darum ging, ob der Puffmuttersong "Layla" auf dem Oktoberfest gespielt werden sollte, hatte er auch eine eindeutige Meinung. Die Wiesn haben "Rundungen" und "Ausbuchtungen", die wolle er erhalten, hat er mal in einem SZ-Podcast gesagt, damit die Wiesn "ein Sehnsuchtsort" bleibe.

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Clemens Baumgärtner ist als Wirtschaftsreferent von München für vieles verantwortlich - auch für das Oktoberfest. Wo schlägt für ihn das Herz der Stadt?

Von René Hofmann

Baumgärtner ist 1976 in München geboren. Er hat an der Ludwigs-Maximilians-Universität Rechtswissenschaften studiert. Mit 14 stieg er bei der CSU-Jugendorganisation Junge Union ein. Als 19-Jähriger trat er bei den Wahlen für den Bezirksausschuss des Ortsteils Untergiesing-Harlaching an, in dem auch seine Mutter aktiv war. Er wurde gewählt und führte das Gremium später acht Jahre lang, bevor er unter der damals noch rot-schwarzen Rathauskoalition zum Referenten aufstieg - ein Amt, das dem eines Stadtministers gleichkommt.

2025 läuft seine Amtszeit ab. Trotz seiner Umtriebigkeit - unter seiner Ägide siedelten sich Apple und Google mit großen Zentren in München an, und die Stadt entwickelte sich zu einem Großkonzerte-Hotspot - wird er wahrscheinlich weichen müssen, weil jetzt Grün-Rot das Sagen hat. Doch 2026 ist wieder Wahl. Baumgärtner wird als Oberbürgermeisterkandidat gehandelt. Der aktuelle Amtsinhaber Dieter Reiter (SPD) war schließlich auch mal Wiesn-Chef.

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