Landtagswahl in Bayern:Pfiffe und "gefallene Engel" - Der Kanzler am Münchner Marienplatz

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Olaf Scholz (links) stand mit Florian von Brunn, dem SPD-Spitzenkandiaten, auf der Bühne. (Foto: Robert Haas)

Bei der Auftakt-Kundgebung für den Landtagswahlkampf der SPD geht Olaf Scholz vor 3000 Menschen in die Offensive. Pazifisten mit Friedenstauben tritt er mit einem scharfen Vergleich entgegen. 

Von Bernd Kastner und Joachim Mölter

Lebhaft und leidenschaftlich wie man ihn selten erlebt, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitagnachmittag den Landtagswahlkampf seiner bayerischen Parteifreunde eingeleitet. Bei der Auftakt-Kundgebung vor etwa 3000 Besuchern auf dem Münchner Marienplatz ließ sich Scholz auch nicht von Demonstranten beeindrucken, die mit Pfiffen und Rufen für einen dauerhaften Hintergrundsound sorgten, den Kanzler allerdings nicht übertönen konnten. Die Tontechniker am Mischpult konnten seine anfängliche Lautstärke am Mikrofon sogar etwas herunterregeln. "Der Gegenwind war überschaubar", fand Florian von Brunn, der SPD-Spitzenkandidat bei der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober. Er versprach: "Mit der Rückendeckung des Kanzler machen wir jetzt mit Vollgas weiter."

Sieben Wochen vor der Abstimmung kämpfen die Sozialdemokraten in den Umfragen gegen das Abrutschen in den einstelligen Prozentbereich. Zwischen neun und elf Prozent werden ihnen prognostiziert, das ist deutlich entfernt von den Wahlzielen: 15 Prozent und eine Regierungsbeteiligung. Die schlechten Umfragewerte werden parteiintern der Politik der von der SPD geführten Bundesregierung angelastet; ob da ausgerechnet der Bundeskanzler der richtige Mann sei, um einen Stimmungsumschwung herbeizuführen, hatten einige Politik-Beobachter bezweifelt.

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Scholz ging in seiner 26-minütigen Rede deshalb auch gleich in die Offensive und verteidigte das deutsche Engagement im Ukraine-Krieg samt der Waffenlieferungen. Den auf dem Marienplatz zu sehenden Pazifisten mit ihren Friedenstauben - "Symbole der Achtzigerjahre", wie er feststellte - hielt er entgegen, sie seien "gefallene Engel aus der Hölle, die einem Kriegstreiber das Wort reden". Damit war Russlands Präsident Wladimir Putin gemeint.

Etwas moderater attackierte Scholz die bayerische Staatsregierung wegen ihrer Blockade bei der Energiewende: "Wäre es so, dass die großen Stromleitungen aus dem Norden und Osten in den Süden und Westen schon gebaut worden wären, hätten wir dort schon günstigere Strompreise." Und auf die AfD gemünzt sagte der Kanzler: "Rechte Populisten sind schlecht für den Wohlstand, sie stehen für eine düstere Zukunft." Die sei in Bayern jedoch durchaus hell. "Bayern hat die besten Chancen, sich gut zu entwickeln. Und Florian von Brunn und die SPD in Bayern sind die Richtigen dafür", warb der Kanzler für seine Genossen im Freistaat.

Auf dem Marienplatz waren Demonstrierende mit Friedenstauben zu sehen. (Foto: Robert Haas)
Mit blau-gelben Flaggen drückten einige ihre Solidarität mit der Ukraine aus. (Foto: Robert Haas)

Auf der an der Dienerstraße aufgebauten Bühne hatte Florian von Brunn zuvor seinerseits für die Vorhaben seiner Partei geworben. Der Slogan auf der Leinwand hinter ihm fasste sie in vier Worten zusammen: "Bezahlbares Bayern für alle." Neben erschwinglichen Wohnungen listete Brunn kostenlose Kitas und preiswerte Energie auf. Außerdem kündigte er Investitionen in Pflege, Bildung, Innovationen und die Transformation der Wirtschaft an. Wie später Scholz hatte sich auch Brunn tatkräftig gegeben: Er wolle "machen statt immer nur zu södern". Brunn grenzte sich entschieden gegen die AfD und ihre Anhänger ab: "Das sind lupenreine Rechtsextremisten, das sind Rassisten und Menschenfeinde. Das ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland."

Wegen der angekündigten Gegendemonstrationen hatte die Polizei das Areal der SPD-Kundgebung bereits am Mittag mit Gittern abgesperrt. Wer hinein wollte, musste seine Taschen kontrollieren lassen. Außerhalb der Gitter mischten sich dann Anhänger und Gegner des Kanzlers und seiner Regierung. Die Kritiker waren laut, aber nicht sehr zahlreich. AfD und Querdenker hatten ihre Anhänger mobilisiert, diese drängten sich vor allem gegenüber dem Rathaus, im Schatten der dortigen Häuserzeile. Dort standen sie neben Menschen, die mit blau-gelben Flaggen ihre Solidarität mit der Ukraine ausdrückten. Sie applaudierten, als Scholz der Ukraine seine Unterstützung versicherte, während die rechten Gegendemonstranten brüllten und pfiffen. Abgesehen davon gab es am Marienplatz indes keine besonderen Vorkommnisse, berichtete ein Polizeisprecher.

Der offizielle Protest der AfD gegen den Kanzler fand am Stachus statt. Dort standen Parteimitglieder und -anhänger und hielten Plakate hoch. Der Kontakt mit Passanten hielt sich in Grenzen, da die Polizei den AfD-Bereich mit Gittern abgrenzte. Um das Gitter herum standen Gegendemonstranten, so dass vom AfD-Stand wenig zu sehen war. Die Antifa hatte zum Gegen-Gegenprotest aufgerufen. Zwischen Polizei und Antifa-Aktivisten gab es zwischendurch Rangeleien, dabei wurden zwei Beamte leicht verletzt, wie die Polizei berichtete. Sie war rund um den Scholz-Auftritt mit insgesamt 300 Beamtinnen und Beamten im Einsatz.

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